Der große Rettungsplan für die Rente: Ende der Frührente und höhere Abschläge für Rentner
Die Ampel werkelt an der Rente, doch das System ist weiterhin unter Druck. Experten nennen jedoch einen Plan zur Rettung der Altersvorsorge.
München – Die Rente ist zentrales Thema der Ampel-Koalition. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP geht damit ein zentrales Problem an: Wie kann die Altersvorsorge gesichert werden, wenn es immer mehr Menschen im Ruhestand gibt, während immer weniger Erwerbstätige als Beitragszahler nachkommen?
Mit dem Rentenpaket II, der geplanten Erweiterung der Betriebsrenten sowie einer Neuaufstellung der privaten Altersvorsorge, die ein staatlich gefördertes Depot vorsieht, geht die Regierung alle drei Säulen der Altersvorsorge an. Trotzdem bleiben Zweifel, ob die Maßnahmen ausreichen. Besonders da die Ampel das Niveau der gesetzlichen Rente bis 2039 bei 48 Prozent garantieren will. Ausgerechnet in einem Zeitraum, wenn die Menschen aus der geburtenstarken Boomer-Generation in den Ruhestand gehen. Damit geht das Rentenpaket auf Kosten jüngerer Menschen.
Experten sehen dringenden Handlungsdruck bei der Rente: Finanzierungsprobleme bleiben groß
„Wenn heute nicht zügig gegengesteuert wird, bleiben die Finanzierungsprobleme bei der Rente in den nachfolgenden Jahrzehnten aller Voraussicht nach unverändert groß“, sagte Ökonom und „Wirtschaftsweise“ Martin Werding der Wirtschaftswoche. Er ist der Rentenexperte innerhalb des Sachverständigenrats der Bundesregierung. Die Wirtschaftsweisen haben bereits mehrere Vorschläge gemacht, wie die Rente gesichert werden könnte. Die Vorstellungen unterscheiden sich durchaus von den Plänen der Bundesregierung im Rentenpaket II.

Was das Rentenniveau angeht, sehen die Rentenpläne der Ampel etwa vor, dass es bis 2039 bei garantiert 48 Prozent liegt. Das Rentenniveau orientiert sich dabei an einem Durchschnittsgehalt. Die Rente sollte jedoch stattdessen an die Inflation geknüpft werden, schlagen die Wirtschaftsweisen vor. Das würde die Kaufkraft im Alter sichern, aber auch die Ausgaben begrenzen.
Staffelung der Rentenbeiträge als Option einer sicheren Finanzierung der Altersvorsorge
Um Altersarmut für Geringverdiener vorzubeugen, sollte die Rente künftig nach Einkommen gestaffelt werden. Bei der progressiven Staffelung würden Menschen mit niedrigen Einkommen relativ gesehen mehr Rentenansprüche erwerben, Gutverdiener dagegen relativ gesehen weniger. Dadurch könnte der Beitragssatz durchgängig auf 19 bis 20 Prozent des Bruttolohns begrenzt werden, erklärte Werding.
Eine Option dabei ist laut Wirtschaftswoche auch der Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze, also des Betrages, bis zu dem Rentenbeiträge berechnet werden. Derzeit liegt diese bei der Rente bei 7550 Euro im Monat. Wenn die Grenze wegfällt, werden auch für höhere Gehälter Rentenbeiträge nach dem vollen Satz fällig.
Späterer Beginn der Rente soll Alterung der Gesellschaft entgegenwirken
Ein weiterer Reformansatz ist der Renteneintritt. „Die Regelaltersgrenze muss nach 2031 weiter erhöht werden“, sagte Werding dem Magazin. Auch seine Kollegin Veronika Grimm spricht für einen späteren Beginn des Ruhestands aus. „Wir kommen langfristig nicht drumherum, das gesetzliche Rentenalter an die fernere Lebenserwartung zu koppeln und ab 2031 langsam über 67 Jahre hinaus weiter anzuheben“, hatte die Ökonomin etwa erklärt.
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Bei der Kopplung des Rentenbeginns an die Lebenserwartung würde jedes zusätzliche Jahr zu zwei Dritteln zu einer längeren Arbeitszeit führen und zu einem Drittel die Rentendauer erhöhen. Zudem soll es Härtefallregelungen für körperlich belastende Berufe geben.
Experten drängen auf Abschaffung der Rente mit 63 – und höheren Abschlägen bei Frührente
Im Fokus sind dabei auch Frührentner. Zum einen forderte Werding gegenüber der Wirtschaftswoche höhere Abschläge für Frührentner. Statt bisher 3,6 Prozent pro Jahr sollen es fünf bis sechs Prozent sein. Auch die umgangssprachliche Rente mit 63, also die abschlagsfreie Frührente nach 45 Beitragsjahren, soll abgeschafft „oder zumindest auf langjährige Geringverdiener“ beschränkt werden, erklärte der Ökonom.
Weitere Beitragszahler könnten ebenfalls Entlastung bringen. Zum einen gibt es dabei nach dem Vorbild Österreichs etwa den Vorschlag, Beamte und Selbstständige zu beteiligen. Laut dem Jahresbericht der Wirtschaftsweisen sind dabei die Finanzierungsprobleme jedoch noch nicht gelöst, denn nach einer kurzfristigen Entlastung würden dadurch wieder mehr Menschen Renten beziehen. Zudem sind die Ansprüche von Beamten höher. Keine Regierung wird sich daran versuchen, diese einzuschränken.
Vollzeit-Arbeit von Frauen entlastet Rentensystem
Viel Potenzial liegt jedoch in der Erwerbstätigkeit von Frauen. Wenn der Anteil der Frauen in Vollzeit zunimmt, würden diese auch höhere Beiträge in die Rente einzahlen. Dazu müssten jedoch auch die Angebote der Kinderbetreuung verbessert werden. Laut einer Analyse des Ifo-Instituts liegt in der Frauenerwerbsarbeit darin auch viel Potenzial für die Wirtschaft.
Eine weitere Entlastung des gesetzlichen Rentensystems könnte das Generationenkapital mit sich bringen. Es wäre eine weitere Finanzierungsquelle – neben Beiträgen und Steuerzuschüssen.
Rettungsprogramm der Rente sollte mehrere Maßnahmen kombinieren – für „gesellschaftliche Akzeptanz“
Ein Programm zur Rettung der Rente muss laut den Wirtschaftsweisen mehrere Maßnahmen kombinieren. So ließe sich die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren, die Konsequenzen der Alterung zu adressieren, Lasten besser zwischen Beitragszahlern und Rentnern fairer zu verteilen und soziale Härten zu vermeiden. „Eine Bündelung verschiedener Reformoptionen erhöht zugleich die gesellschaftliche Akzeptanz, da die einzelnen Maßnahmen nicht so stark ausfallen müssten“, heißt es im Jahresbericht.