„Ich möchte nicht geparkt werden“: 16-Jähriger mit Behinderung schafft Quali – und hat klaren Berufswunsch
Er hat ihn geschafft! Den wichtigen Schritt, der ihren Sohn runterbringt von der „Schiene, die für Behinderte in unserem Bildungssystem vorgesehen ist“, so die Eltern. Ferdinand Hübner (16) hat die Quali-Prüfung im „normalen Leben“, wie die Eltern sagen, als Externer an der Mittelschule Huglfing bestanden und nun in Peißenberg mit den Neuntklässlern sein Zeugnis bekommen.
Ferdinand, der eine jüngere und eine ältere Schwester hat, möchte Fachinformatiker werden: „Ich werde mich jetzt bei einigen Firmen bewerben“, erzählt der aufgeweckte Jugendliche, der an einer Zerebralparese erkrankt ist und im Rollstuhl sitzt.
Vier Jahre lang war Ferdinand Hübner in seinem Heimatort in die Grundschule gegangen, in der er jetzt seinen qualifizierten Mittelschul-Abschluss gemacht hat – ohne hier die fünfte bis neunte Klasse besucht zu haben. Denn als es um den Wechsel von der Grund- in die Mittelschule ging, „passte es trotz der Unterstützung durch die Schule nicht mehr“, so Vater Ingo Hübner, Kripo-Beamter in Weilheim. Die Eltern waren überfordert, Schule und Lehrer waren überfordert und der kleine Ferdinand litt unter der Situation. Denn in Huglfing war die Inklusion erst im Aufbau, erinnert sich Vater Hübner: „Wir haben alles Mögliche versucht, aber es ging nicht.“
Ein Ingenieur als Vorbild
Also ging der damals Zehnjährige in die Münchner Förderschule der Stiftung ICP. Hier bekam er die notwendige Unterstützung, Begleitung und Förderung, die er brauchte. Aber klar war auch: Schule und Ausbildung sind nicht unbedingt geeignet, um auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterzukommen – da aber wollte Ferdinand unbedingt hin: Schon früh lernte er alles rund um den Computer, lernte Programmiersprachen – nicht in der Schule, sondern daheim für sich allein. Sein Vorbild ist der deutsche Ingenieur Konrad Zuse, der 1941 den ersten funktionsfähigen, programmierbaren Computer der Welt baute.
Der Jugendliche machte seinen Abschluss an der Förderschule und sagt jetzt stolz: „Das Zeugnis von der ICP kann mir jetzt egal sein.“ Denn während er in der Münchner Förderschule noch ein Berufsvorbereitungsjahr absolvierte, lernte er täglich nach der Rückkehr daheim in Huglfing mit selbst gekauften Büchern für den Quali. Den hat er jetzt geschafft, wobei ihn die Schulleitung und die Lehrer in Huglfing sehr unterstützt haben, wie Vater Ingo erzählt. Das ICP hat der 16-Jährige inzwischen verlassen, da dort eine Berufsausbildung „nur in abgespeckter Form möglich ist“, wie Mutter Stefanie sagt. Ferdinand wird deutlicher: „Ich möchte nicht geparkt werden.“
Längeres Praktikum als Wunsch
Jetzt will er gerne erst einmal in einem IT-Unternehmen ein längeres Praktikum machen, um zu zeigen was in ihm steckt und um die Zeit bis zu einer möglichen Ausbildung sinnvoll zu nutzen. Bei einem Praktikum in einer Wache der Berufsfeuerwehr in München seien alle von ihm begeistert gewesen, sagt sein Vater. Im Arbeitsamt sei ihm bestätigt worden, dass er sehr ehrgeizig ist und viel tut, um seinen Traumberuf zu bekommen.
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Nicht nur der 16-jährige Ferdinand, sondern auch seine Eltern sind überzeugt, dass ihr Sohn seinen Weg auch in der „allgemeinen Arbeitswelt“ weiterhin erfolgreich gehen wird.