Nasenspray gegen Alzheimer? Neue Studie weckt Hoffnung
Eine neue Studie zeigt erstaunliche Ergebnisse: Ein Nasenspray könnte das Fortschreiten von Alzheimer um bis zu 15 Jahre verzögern.
College Station – Eine Behandlung, so simpel wie ein Nasenspray, führte bei an Alzheimer erkrankten Mäusen zu einer signifikanten Reduzierung der Entzündungswerte und einer merklichen Verbesserung der Gedächtnisleistung. Positive Effekte gab es auch noch Monate nach der Therapie. Die Forschungsergebnisse liefern einen wichtigen Ansatzpunkt in der Alzheimer-Forschung.
Die Rolle von Mikroglia: Wie sie bei einer Alzheimer-Erkrankung zum Feind der Nervenzellen werden
Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz. Bislang ist die Krankheit unheilbar. Sie entsteht durch Protein-Ablagerungen im Gehirn. Diese Ablagerungen von Amyloid-Proteinen sind mit Symptomen wie kognitiven Störungen, Gedächtnisverlust und depressiven Verstimmungen verbunden. Eine Rolle bei der Entwicklung der Krankheit spielen auch Mikroglia, die Immunzellen des Gehirns. Sie können Abfallprodukte erkennen und entfernen. Bei Alzheimer-Patienten funktioniert dies jedoch nicht mehr, stattdessen zerstören die Mikroglia durch eine chronische Entzündungsreaktion die Nervenzellen des Gehirns.
„Lang anhaltende Aktivierung [der Mikroglia] führt dazu, dass sie ihre normale Funktion verlieren und Neuronen schädigen, was zu fortschreitendem Neuronenverlust führt“, erklärt Ashok K. Shetty, ein Mitautor der neuen Studie. Er und weitere Forscher der Texas A&M University haben nun möglicherweise ein Mittel entdeckt, um das Fortschreiten von Alzheimer zu verlangsamen. Eine Schlüsselrolle spielen dabei sogenannte hiPSC-NSC-EVs. EVs sind entzündungshemmende extrazelluläre Vesikel, die der Kommunikation zwischen den Zellen dienen. HiPSC-NSC-EVs sind im Grunde nasal verabreichte Stammzellen.
Über die Studie
Die Studie „Extracellular vesicles from human-induced pluripotent stem cell-derived neural stem cells alleviate proinflammatory cascades within disease-associated microglia in Alzheimer‘s disease“ der Autoren Leelavathi N. Madhu, Maheedhar Kodali, Raghavendra Upadhya et al. der Texas A&M University erschien am 5. November 2024 im Fachjournal ISEV (Journal of Extracellular Vesicles).
Alzheimer im Frühstadium: So können Entzündungen und Proteinablagerungen im Gehirn reduziert werden
Für die Studie arbeiteten die Wissenschaftler mit genetisch veränderten Mäusen, die für die Alzheimer-Forschung verwendet werden. Die entzündungshemmenden hiPSC-NSC-EVs wurden den Tieren intranasal verabreicht und deren Werte mit Kontrollgruppen verglichen. Drei Wochen nach der Verabreichung begannen Verhaltenstests, die einen Monat lang andauerten. Untersucht wurde die kognitive Funktion der Mäuse, aber auch ihre Stimmung sowie die Neuropathologie, also Messwerte. APS2 und p-tau217 beispielsweise sind sogenannte Biomarker und können im Blut nachgewiesen werden.
Alle Werte wurden mit jenen von zwei Kontrollgruppen verglichen: eine davon bestand aus gesunden Mäusen, eine weitere Gruppe von Mäusen hatte lediglich eine Art Placebo-Spray erhalten. Die Ergebnisse der Studie lieferten „zum ersten Mal Beweise dafür“, dass die Gabe von EVs im Frühstadium von Alzheimer die Entzündungen im Gehirn „sowie das Ausmaß von Aβ-Plaques und p-Tau im Hippocampus hemmen und dadurch eine bessere kognitive und Stimmungsfunktion in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit aufrechterhalten können“, so die Forscher.
Behandlung von Alzheimer: Wie das Nasenspray schädliche Entzündungsprozesse im Gehirn reguliert
Die positiven Effekte der hiPSC-NSC-EV-Behandlung hielten auch zwei Monate nach der letzten Verabreichung an. Dies deutet darauf hin, dass die Behandlung langfristige Vorteile bieten könnte. Studien-Mitautor Shetty äußerte die Hoffnung, dass die Forschung schwere kognitive Probleme um 10 bis 15 Jahre nach der Erstdiagnose verzögern könnte, wie es in einer Pressemitteilung der Texas A&M University hieß.
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Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass das Nasenspray „die Genexpression der Mikroglia signifikant veränderte und die zahlreichen schädlichen proinflammatorischen Proteine reduzierte, ohne die Fähigkeit der Mikroglia zu beeinträchtigen, die mit der Alzheimer-Krankheit zusammenhängenden Proteinablagerungen weiterhin zu beseitigen“, fassten die Forscher ihre Ergebnisse zusammen.
Nebenwirkungen und Chancen: Was zukünftige Studien zur EVs-Therapie klären müssen
Es gibt jedoch auch Einschränkungen der Untersuchung: Die Langzeiteffekte einer intranasalen EVs-Behandlung sind noch nicht bekannt. Inwiefern sich die Ergebnisse der Mäusestudie auch auf den Menschen übertragen lassen, muss zudem noch erforscht werden. „Das Nasenspray scheint die Aktivität der Mikroglia wirksam zu regulieren. [...] Die Studie zeigt zwar vielversprechende Ergebnisse, aber mögliche Nebenwirkungen müssen noch untersucht werden“, kommentierte der nicht an der Forschung beteiligte Experte Steven Allder die Ergebnisse im Fachblatt Medical News Today.
Als mögliche unerwünschte Nebenwirkungen nennt Allder etwa die Veränderung des Verhaltens von Immunzellen oder der Immunreaktion des Gehirns. Weitere Forschung in dem Bereich ist also nötig. „Unsere Reise zur Weiterentwicklung der Anwendung dieser Therapie bei Alzheimer steht erst am Anfang“, sagt auch Studien-Mitautor Shetty. Indes fand eine andere Alzheimer-Studie heraus, dass übermäßige Müdigkeit tagsüber ein erstes Warnzeichen für ein erhöhtes Demenz-Risiko sein kann. Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser.