Krasser Verlust: Ukrainische Drohnen zerstören erstmals Putins Superwaffe
Russland versucht mit halb ausgereifter Technik den Ukraine-Krieg zu gewinnen und kassiert eine erneute Schlappe. Ein Achtungserfolg der Verteidiger.
Pokrowsk – „Das russische Militär verstärkt seine Präsenz in der Ukraine kontinuierlich durch den Einsatz moderner Kampffahrzeuge“, hat das Magazin Armyrecognition im Oktober 2023 behauptet. Eines dieser Fahrzeuge sei der Flammenwerfer TOS-2 Tosochka – mit diesem radgestützten Flammenwerfer versuchen die Invasionstruppen Wladimir Putins schon länger den Widerstand der Verteidiger im Ukraine-Krieg zu brechen. Jetzt sollen ukrainische Drohnen die erste von Putins Superwaffen neutralisiert haben; offenbar steckt diese Waffe sogar noch in der Erprobung.
Eliminiert worden sei das Fahrzeug bereits in diesem Februar im Sektor Pokrowsk, wo die 68. ukrainische Jägerbrigade aktiv an Kampfhandlungen beteiligt gewesen sei, schreibt das Magazin Defense Express. Anders als das kettengestützte Flammenwerfer-Modell TOS-1 (Tyazholaya Ognemotnaya Sistema, zu Deutsch „Schweres Flammenwerfersystem“) scheint das Modell auf Rädern lediglich in der Testphase zu stecken, wie aus russischen sozialen Netzwerken herauszulesen gewesen war, wie Armyrecognition berichtet hat.
Putins Wunderwaffen: Bald die letzte Entwicklungsphase vor der Massenproduktion erreicht?
Demnach hätten die russischen Streitkräfte den Flammenwerfer TOS-2 Tosochka mit 220-mm-Thermobar-Raketenwerfer anfangs an der ukrainischen Frontlinie in der Region Charkiw stationiert gehabt – laut der russischen Nachrichtenagentur Tass soll er dort auch erfolgreich gegen Bunker gewirkt haben. „Dieser Einsatz markiert eine kritische Phase der Systemerprobung im Live-Kampf und löste Spekulationen aus, dass der TOS-2, ähnlich wie der T-14 Armata, bald die letzte Entwicklungsphase vor der Massenproduktion erreichen könnte“, so das Magazin.
„Schwere Flammenwerfersysteme sind unverzichtbar, um einen Feind auszuschalten, der sich in gut befestigten Stellungen, Gebäuden oder im Gebirge verschanzt hat. Solntsepek und Tosochka ergänzen sich optimal. Dank ihrer Panzerung kann Solntsepek in vorgeschobenen Stellungen eingesetzt und aus kurzer Distanz angegriffen werden. Tosochka mit Radfahrgestell eignet sich gut für mobile Operationen“
„Der Feind wird seine Waffen nicht ungestraft einsetzen können. Alles, was unser Land betritt, wird vernichtet“, hat die 68. ukrainische Jägerbrigade über ihren Erfolg gepostet – wie Defense Express berichtet, habe Russland wohl lange nicht begriffen, wie der TOS-2 zerstört worden war. Das Magazin spricht von „wochenlanger“ Unklarheit. Inzwischen ist wohl sicher, dass die Waffe von einer Drohne vernichtet worden sei, wie die ukrainischen Jäger erst jetzt mittels eines Videos bewiesen haben wollen.
Boyko Nikolov hatte für das Magazin Bulgarian Military spekuliert, der Flammenwerfer hätte auch von schultergestützten Panzerabwehrraketen wie der Javelin oder der lokalen Stugna-P vernichtet worden sein können; daneben hatte Nikolov ins Gespräch gebracht, der Treffer einer M777-Haubitze in Kombination mit Lenkwaffen wie der Excalibur-Granate könnte den Schaden verursacht haben.
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Russland siegesgewiss: „Produktion neuer Waffen, darunter auch schwere Flammenwerfer, ist gemeistert.“
Obwohl die Waffe gerüchteweise schon im ersten Kriegsjahr in der Ukraine ausgemacht worden war, äußerte sich Russland erst im Mai 2024 offiziell über die russische Nachrichtenagentur Tass: „Die Produktion neuer Waffen, darunter auch schwerer Flammenwerfer vom Typ TOS-2, ist gemeistert. Sie werden im Gebiet der speziellen Militäroperation intensiv eingesetzt“, sagte Rostec-Geschäftsführer Sergej Tschemesow bei einem Treffen mit Premierminister Michail Mischustin, so die Agentur.
Der 220-mm-TOS-2 ist der Nachfolger des TOS-1A mit verbesserten Eigenschaften. Laut Tschemesow werde er von einem geländegängigen Ural-Radfahrzeug transportiert und verfüge über eine größere Reichweite ungelenkter Geschosse. Zielen und Feuern erfolgten automatisch. Das Fahrzeug habe einen eigenen Kran und benötige keinen Umlader. Der TOS-2 sei elektronisch gegen Präzisionswaffen geschützt, wie die Tass berichtet hat. Sein Vorgänger, der TOS-1, sei aber bereits sei 2023 eingesetzt worden.
Wie der britische Independent mit Bezug auf das britische Verteidigungsministerium berichtete, seien die seltenen Waffen im Einsatz gewesen mit den Elite-Luftlandetruppen (Wosduschno-dessantnyje woiska – WDW), was Independent-Autor Arpan Rai als Beleg einschätzte, dass Russland damit seine Offensiven unbedingt forcieren wollte – Rai berief sich in seiner Einschätzung auf den Thinktank Institute for the Study of War (ISW): „Die Übergabe der seltenen thermobarischen Artilleriesysteme TOS-1A sei ein Zeichen dafür, dass das russische Militärkommando den WDW-Einheiten Priorität einräumen wolle, um seine Offensivoperationen in der Ostukraine, insbesondere in der Oblast Luhansk, zu verstärken“, so das ISW.
Ukraine-Krieg: Auch die brutalen Waffen scheinen keinen wirklichen Durchbruch gebracht zu haben
Allerdings scheinen auch diese brutalen Waffen keinen wirklichen Durchbruch an irgendeiner der Fronten gebracht zu haben – und das, obwohl gerade Pokrowsk zu einem der Hauptziele der Russen auserkoren und seit Monaten umkämpft ist. Deshalb vermutlich war der TOS-2 dort stationiert gewesen. Der Defense Express sieht die Haupteigenschaft dieses Flammenwerfersystems in seiner Reichweite von mehr als zehn Kilometern: Dem Magazin zufolge sprächen einige Quellen von 15 Kilometer maximaler Schussreichweite, andere Quellen von bis zu 24 Kilometern. Offenbar setzt Russland auf dieses System, um Verteidiger aus ihren Stellungen zu vertreiben und Befestigungen zu neutralisieren – was in der Ukraine kaum gegriffen hat; weder mit dem Vorgänger-System TOS 1 Solntsepek noch mit TOS-2 Tosochka.
„Schwere Flammenwerfersysteme sind unverzichtbar, um einen Feind auszuschalten, der sich in gut befestigten Stellungen, Gebäuden oder im Gebirge verschanzt hat. Solntsepek und Tosochka ergänzen sich optimal. Dank ihrer Panzerung kann Solntsepek in vorgeschobenen Stellungen eingesetzt und aus kurzer Distanz angreifen. Tosochka mit Radfahrgestell eignet sich gut für mobile Operationen“, hat 2021 Alexei Chlopotow der kremlfreundlichen russischen Zeitung Iswestija gegenüber geäußert, wie Charles Bartels den russischen Militärhistoriker eingangs des Ukraine-Krieges für den Thinktank Foreign Military Studies Office zitiert hat.
Das Radfahrgestell biete eine Reihe von Vorteilen, so Alexei Chlopotow. In puncto Fahrgeschwindigkeit sei der TOS-2 mit herkömmlichen Pkw vergleichbar, was ihn besonders effektiv in Gebieten mit ausgedehnten Straßennetzen sowie in Steppen-, Wüsten- und steinigem Gelände mache. Das Radfahrgestell sei günstiger in der Herstellung und Wartung und habe eine längere Lebensdauer – die Wartung sei günstiger“, so Chlopotow. Laut dem Magazin Armyrecognition sei der TOS-2 dennoch eine Waffe mit weitestgehend automatisierte Betrieb. Die Waffe könne aus unvorbereiteten Stellungen feuern, beispielsweise auch vom Wegesrand aus – die Bilder vom zerstörten Fahrzeug legen nahe, dass die Waffe eben dort getroffen worden war.
TOS-Verlust: Elektronische Abwehr gegen Präzisionsfeuer scheint offenbar versagt zu haben
Wenn eine Drohne oder ein Präzisionsgeschoss die Ursache der Zerstörung gewesen sein soll, schien die elektronische Abwehr gegen Präzisionsfeuer offenbar versagt zu haben. Wie so vieles im russischen Angriffskrieg anders läuft als geplant. Auch die Luftlande-Einheiten, denen Russland die TOS-Flammenwerfer zugeordnet hatte, sind bekannt dafür, inzwischen weniger „Elite“ zu sein, als sich das die Militärführung wünschte: Bereits Ende 2023 hatte der Business Insider berichtet, dass Kriegsanalysten behaupteten, „diese Truppen – umfunktioniert als reguläre Infanterie, gebeutelt von früheren Rückschlägen und Misserfolgen sowie geschwächt und gezeichnet vom Kampfgeschehen – seien nun möglicherweise nur noch dem Namen nach Luftlandetruppen“, so das Magazin.
Das passt zu einer aktuellen Studie des britischen Thinktanks Royal United Services Institute (RUSI): „Russland kann aufgrund dieser Entwicklungen noch siegen – einfach aufgrund seiner größeren Masse an Kräften, aber der Ukraine-Krieg macht offensichtlich, dass den Russen ein effektives System für infanteristische Offensiven fehle – trotz ihrer vielen experimentellen Ansätze“, schreiben die Autoren Jack Watling und Nick Reynolds. Nichtsdestotrotz drohe der Ukraine, dass sich ihre Situation verschlechtere. Möglicherweise sei der Abschuss des Flammenwerfers auch nur ein Zufall gewesen, wie Watling und Richards nahelegen. Ihrem Bericht zufolge hätten die Drohnen den Zenit ihrer Wirksamkeit eventuell schon überschritten, wie sie schreiben.
„Taktischen Drohnen sind besondere Grenzen gesetzt, so die RUSI-Analysten. „Zwischen 60 und 80 Prozent der ukrainischen FPV (First-Person-View-Drohnen) verfehlen ihr Ziel, je nach den Bedingungen an der Front oder den Fähigkeiten ihres Piloten.“