„Nicht zeitgemäß und nachvollziehbar“ – Münchner geht nach Bergwacht-Rettung gegen saftige Rechnung vor

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Rettung mit dem Akia: Wolfgang Günthert wurde nach seinem Sturz von Einsatzkräften der Lenggrieser Bergwacht ins Tal gebracht. © Günthert

Wolfgang Günthert ist im März auf dem Brauneck mit seinen Skiern gestürzt. Die Bergwacht brachte ihn mit dem Akia ins Tal. Nun legt der Münchner Beschwerde wegen Rechnung für den Einsatz ein.

Lenggries/München – Die Skisaison ist im Isarwinkel vorbei und die Bergbahn sowie die Hütten auf dem Brauneck haben schon auf Wanderbetrieb umgestellt. Für Wolfgang Günthert aus München hallt sein letzter Skitag Anfang März aber noch nach. Denn an diesem Tag zog sich der Skifahrer bei einem Sturz am Weltcuphang einen Beinbruch zu.

Die Rettungskräfte der Bergwacht brachten Günthert ins Tal und übergaben ihn dort an den hinzugerufenen Rettungsdienst. Mittlerweile ist Günthert nach einer Operation wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Beim Blick in die Post wundert er sich allerdings über die Rechnungen, die er für die verschiedenen Leistungen von Berg- und Landrettung bekommen hat.

Kein Vorwurf an Bergwacht Lenggries – Münchner stellte geltende Pauschalen infrage

„Ich habe immer eine Jahreskarte für das Brauneck und kenne das Skigebiet gut. Am 2. März ist es aber passiert, dass ich über den Pistenrand hinausgekommen bin und mir bei dem Sturz mein Bein gebrochen habe“, erklärt Günthert. Rettungskräfte der Bergwacht seien kurze Zeit, nachdem seine Frau den Notruf gewählt hat, vor Ort gewesen. „Dann wurde ich relativ zügig mit dem Akia ins Tal gebracht und mit dem Rettungswagen in die Tölzer Stadtklinik gefahren“, schildert der Patient den Ablauf des Einsatzes.

Von Bad Tölz aus ging es mittels Krankentransport in das Münchner Uniklinikum Rechts der Isar. „Mittlerweile bin ich entlassen und befasse ich mich mit den verschiedenen Abrechnungen für den Einsatz“, so Günthert. Daran finde er jedoch „einiges nicht nachvollziehbar“, weshalb er sich mit seinem Fall an die Redaktion gewandt hat. Günthert betont: „Ich möchte dabei auf gar keinen Fall den Einsatzkräften der Bergwacht Lenggries einen Vorwurf machen, da lief alles absolut okay ab. Aber ich stelle infrage, ob die allgemein geltenden Pauschalen angemessen sind.“

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Auf Anfrage möchte sich Roland Ampenberger, Sprecher der Bergwacht Bayern, zu dem konkreten Fall nicht äußern. Er erklärt aber, wie das Abrechnungssystem der Bergwacht in Bayern funktioniert. „Man muss verstehen, dass zwar ehrenamtlich – also ohne Bezahlung – gerettet wird, die Bergrettung aber freilich nicht nichts kostet.“ Es stecke ein hoher und kostspieliger Aufwand hinter dem Rettungssystem. „Die Kosten entstehen durch die Vorhaltung des ganzen Rettungsapparats mit Ausrüstung, Wachen, Ausbildung, Unterhalt und Betrieb.“

Bergwacht-Sprecher über Finanzierungssäulen der Bayerischen Bergwacht

Die Finanzierung der Bergwacht in Bayern erfolge über vier Säulen: Die Benutzungsentgelte durch Sozialversicherungsträger, Abrechnung für Sondereinsätze, die nicht medizinisch und daher nicht für Sozialversicherungsträger relevant sind, Staatsmittel für Fahrzeuge und Ausrüstung sowie Spenden. „Die Sozialversicherungsträger, also auch Krankenkassen, sind zur Finanzierung der Bergrettung im Bereich der medizinischen Einsätze verpflichtet.“

Dies sei in Österreich beispielsweise anders. „Da können ganz andere Summen auf einen persönlich zukommen“, unterstreicht Ampenberger. Kommt es also zu einem medizinischen Einsatz – wie es im Fall von Wolfgang Günthert offensichtlich war – wird der Einsatzaufwand den Sozialversicherungsträgern in Form von Pauschalen in Rechnung gestellt. Das geschieht durch die Zentrale Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst Bayern (Zast).

Vier Pauschalen bei Einsätzen in Bayern – kein wirtschaftliches Interesse der Bergwacht

Für die Abrechnung gibt es vier Pauschalen. Die erste Stufe ist für leichte Verletzungen, einfache Versorgung und gegebenenfalls kurzem Transport. Stufe zwei bezieht sich auf mittelschwere Verletzungen, Versorgung und Transport. Diese Stufe wurde nach Angabe des Patienten bei Wolfgang Günthert verrechnet. „Dafür wird ein Betrag von knapp 900 Euro aufgerufen“, sagt der Münchner. „Und dafür habe ich wenig Verständnis.“ Die dritte Pauschalstufe setzt bei alpinen Gefahren, umfangreicher medizinischer Versorgung, Transportaufwand und Notarztversorgung ein, die vierte Stufe für den Krankentransport durch die Bergwacht bis in die Zielklinik.

Die Bergwacht hat kein wirtschaftliches Interesse. Alleine von den Einsatzpauschalen wäre die Sicherstellung der Bergrettung in diesem Standard nie finanzierbar.

Günthert kritisiert an dem System: „Ich finde die Abrechnung über Pauschalen nicht zeitgemäß und kaum nachvollziehbar für den Einzelnen. Noch dazu war der Gesamtaufwand für meinen Transport mit dem Akia maximal 30 Minuten, da finde ich knapp 900 Euro immens.“ Noch dazu stehe das seiner Meinung nach „in keinem Verhältnis“ Denn: „Für den knapp zweistündigen Krankentransport von Bad Tölz nach München – es war viel Stau – habe ich eine separate Rechnung in Höhe von 367 Euro bekommen. Das passt doch nicht zusammen.“ Ampenberger argumentiert: „Das sind komplett andere Grundlagen.

Man kann die ehrenamtliche Bergrettung nicht mit einem Krankentransport von einer in eine andere Klinik vergleichen.“ Die Höhe der Pauschalen und Verrechnungssätze für Bergwachteinsätze ist das Ergebnis der Verhandlungen mit der Arbeitsgemeinschaft der Sozialversicherungsträger, schildert der Sprecher weiter und betont: „Bergrettung ist ein Teil der allgemeinen Daseinsvorsorge. Die Bergwacht hat kein wirtschaftliches Interesse. Alleine von den Einsatzpauschalen wäre die Sicherstellung der Bergrettung in diesem Standard nie finanzierbar.“

Münchner legt Beschwerde bei Zast ein

Günthert hält das Abrechnungssystem dennoch für undurchsichtig und aus der Zeit gefallen. „Wenn alle alles immer hinnehmen und sagen, dass es ihnen wurscht ist, was sowas kostet, wird das immer teurer“, meint er. Die Kosten für den Bergwachteinsatz übernehme zwar seine Unfallversicherung, dennoch hat er mittlerweile Widerspruch und Beschwerde bei der Abrechnungsstelle Zast eingelegt. Ausgang ungewiss.

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