Heiliges Grab aufwändig in Szene gesetzt: „Immer voller Adrenalin“
Am Kalvarienberg in Bad Tölz laufen seit Tagen aufwändige Vorbereitung auf Karfreitag. Das Heilige Grab erscheint an den Karfeiertagen in einem seltenen barocken Glanz.
Das österliche Triduum, das von Karfreitag, dem Tag der Kreuzigung Jesu Christi, bis Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung, geht, steht im Fokus des Kirchenjahres. In der Heilig-Kreuz-Kirche auf dem Kalvarienberg wird an den Karfeiertagen ein seltenes Zeugnis barocker Volksfrömmigkeit gepflegt: das aufwändige Schmücken des Heiligen Grabes. Seit Dienstag arbeitet Mesner Heinz Bader unter Hochdruck, damit die prunkvolle Kulisse in der abgedunkelten Kirche perfekt in Szene gesetzt ist.
Mesner Heinz Bader richtet das Heilige Grab her
Bader steht in seiner Werkstatt im ersten Obergeschoss des Kirchenkomplexes. „Hier hab‘ ich mir mein Labor eingerichtet“, sagt er lachend und zeigt auf einen langen Holztisch. Darauf stehen verschiedene Glaskugeln in Reih und Glied. „Es sind genau 52 Stück, viele davon sind schon 200 Jahre alt.“ Dazwischen befinden sich allerlei Tuben mit Lebensmittelfarbe, Tintenfässchen und Einfülltrichter. Der Mesner nimmt eine Gießkanne und füllt vorsichtig Wasser in eine Kugel. Insgesamt 150 Liter braucht er für den Grabschmuck. Dann nimmt er einige dunkelblaue Tropfen aus einer Farbtube, und das Wasser verfärbt sich langsam. „Jetzt noch ein Schuss Essig, um Kalkablagerungen zu vermeiden.“

Bader füllt etwas Tinte nach, hält die Kugel ins Licht und setzt einen prüfenden Blick auf. „So gefällt es mir. Man muss aufpassen, dass die Farbe intensiv genug ist, aber zu dunkel darf es auch nicht sein.“ Das richtige Mischverhältnis zu treffen, sei Gefühlssache. Ein Rezept gibt es keins. „So ein schönes Königsblau“, sagt Bader zufrieden und trägt die Kugel behutsam die Treppen hinunter. Dort reiht er sie zwischen die anderen bunten Gefäße vor der 295 Jahre alten Jesus-Figur ein. Dahinter leuchten Glühbirnen, so kommt das Farbspiel besonders gut zur Geltung.
„Das ist für mich der schönste Moment überhaupt, wenn es noch dunkel ist, die Vögel zwitschern und ich Richtung Kirche hochgehe.
„Der wurde auch schon einem Osterputz unterzogen“, meint der 58-Jährige mit einem ehrfürchtigen Blick auf die Christus-Figur. „Über die Weihnachtszeit befindet sich die Krippe über dem abgesenkten Jesus, und da fallen einige Moosreste runter, das muss mit feinen Werkzeugen gereinigt werden.“ Vor dem aufgebahrten Jesus reiht der Mesner noch 20 Asparagus-Pflanzen auf, verziert mit Hortensien, Forsythien und Begonien.
40 Stunden Arbeit für 3000 Besucher
Aber nicht nur das Heilige Grab, das zu den anderen liturgischen Zeiten mit einem Gemälde von weinenden Frauen auf dem Weg zum Grab Jesu abgedeckt wird, muss für die Kartage herausgeputzt werden. „Auch der Altarbereich wird mit Kugeln geschmückt, und eine große Tafel mit dem Schriftzug ‚Es ist vollbracht‘ aufgestellt.“ Engelsfiguren schmücken den Raum. Als Zeichen der Trauer werden von Karfreitagmorgen bis Karsamstagmittag alle Fenster der Kirche mit schwarzen Vorhängen abgedunkelt. „So toll die Atmosphäre auch ist, wenn nur die Kerzen und bunten Kugeln leuchten, freue ich mich jedes Mal, wenn das Sonnenlicht am Samstag wieder die Kirche flutet.“
Meine News
(Übrigens: Alles aus der Region gibt's jetzt auch in unserem regelmäßigen Bad-Tölz-Newsletter.)
40 Arbeitsstunden benötige er für die Vorbereitungen, sagt Bader. „Am Gründonnerstag geht's dann ans Aufstellen. Dafür habe ich drei Helfer. Ich bin in dieser Zeit immer voller Adrenalin. Meine größte Angst ist immer, dass ich vergessen könnte, die Glocken am Donnerstagabend auszustellen.“ Das sei allerdings noch nie passiert. Am Karfreitagmorgen verlässt der Mesner schon um fünf Uhr sein Haus. „Dann gehe ich die Stationen des Kreuzweges hoch, sperre überall auf und richte alles her. Das ist für mich der schönste Moment überhaupt, wenn es noch dunkel ist, die Vögel zwitschern, und ich Richtung Kirche hochgehe.“ Die Ruhe ist dann allerdings schnell vorbei. Schließlich kommen ab 6 Uhr morgens bis zu 3000 Besucher auf den Kalvarienberg. „Da muss ich immer zusehen, dass die Kerzen sicher stehen und alles seine Ordnung hat.“
Heilige Stiege heuer wegen Bauarbeiten gesperrt
Auf eine Glaubenstradition muss heuer allerdings verzichtet werden. „Normalerweise beten die Menschen am Karfreitag die Heilige Stiege rauf, aufgrund der Renovierungsarbeiten geht das aktuell aber nicht.“ Ab Samstagmittag baut Bader dann wieder alles ab und richtet die Kirche für die Osternacht her. „Ein ganz schöner Aufwand, jedes Jahr“, meint er achselzuckend. Am Ostersonntag ist für den Mesner ab 10 Uhr Feierabend. „Da gibt es bei uns daheim dann Frühstück und Nesterlsuchen.“ Und ab mittags legt sich der Bader Heinz dann auf sein Kanapee. „Da fällt die ganze Anspannung ab, und mich haut‘s weg.“