Knappe Finanzen in Kempten erfordern besondere Maßnahmen für die geplante Dreifachsporthalle

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Visualisierung der Dreifachsporthalle (Siegerentwurf). Ein Bild aus dem Jahr 2020. Auf eine Tiefgarage wurde inzwischen verzichtet. © Grafik: architektur+raum

Kempten - Wie bekannt, soll beim Hildegardis-Gymnasium eine neue Dreifachsporthalle entstehen. Die Stadt hat bereits die Planung erstellt. Als der Finanzausschuss über den Verwaltungshaushalt sprach, war auch die Finanzierung der Dreifachsporthalle Thema.

Aufgrund der angespannten Haushaltslage lässt sich der Bau der Dreifachsporthalle auf absehbare Zeit mit städtischen Haushaltsmitteln nicht verwirklichen.

Ein weiteres Aufschieben ist nicht vertretbar. Nun soll das Kemptener Kommunalunternehmen (KKU) diese Sporthalle bauen. Das KKU übernimmt die bisherigen Planungen und führt diese weiter. Das Grundstück, auf welchem die Sporthalle gebaut wird, ist im Besitz der Stadt. In der Folge wird dem KKU dort entweder ein Erbbaurecht eingeräumt oder, sollte sich dies als vorteilhafter herausstellen, das Grundstück verkauft. Die fertiggestellte Halle wird das KKU an die Stadt für Schulsport und die lokalen Sportvereine vermieten. Der Bau soll 2024 beginnen, die Halle soll bis Ende 2027 fertig sein.

Konstrukt mit KKU für die Finanzierung der Dreifachsporthalle in Kempten

Man geht von Bruttobaukosten in Höhe von rund 30 Millionen Euro aus. Da das KKU (im Unterschied zur Stadt) für die Baumaßnahme voll vorsteuerabzugsberechtigt ist, beschränkt sich die tatsächliche Belastung auf die Netto­baukosten von rund 25,2 Millionen Euro. Diese Summe wird gleichzeitig als Baubudget für das KKU festgelegt. Die Finanzierung erfolgt im Wesentlichen durch das KKU.

Zudem erwarten die Zuständigen eine Förderung nach dem Bayerischen Finanzausgleichsgesetz (FAG) in Höhe von rund 5,1 Millionen Euro. Die Stadt flankiert mit einem Baukostenzuschuss von etwa 4,4 Millionen Euro. Davon sind in 2025 und 2026 jeweils ca. 1,7 Millionen und in 2027 ca. 1,0 Millionen Euro im Vermögenshaushalt veranschlagt.

Nach derzeitigen Planungen werden pro Jahr ungefähr 5.500 Hallenteilschulstunden benötigt. Das KKU wird nach derzeitigem Kenntnisstand mindestens 16 Euro pro Schulsportstunde und Hallenteil in Rechnung stellen. Daraus ergäbe sich eine jährliche Miete von ca. 88.000 Euro netto bzw. von ca. 104.000 Euro brutto. Diese muss die Stadt ab Nutzungsaufnahme Ende 2027 im Verwaltungshaushalt zu veranschlagen. Da die derzeit ins Auge gefassten Pachtzahlungen nicht die vom KKU erforderlichen Kosten zur Refinanzierung decken, entsteht beim KKU ein Verlust in Höhe von ca. 0,9 Mio. Euro, den die Stadt ausgleichen muss. Somit ergibt sich für die Nutzungsdauer von 30 Jähren eine jährliche Belastung in Höhe von rund einer Million Euro.

Die geplanten Vorgehensweisen sowie das angedachte Finanzierungskonzept müssen angesichts der Steuerfreiheit der geleisteten Zuschüsse sowie dem vollumfänglichen Vorsteuerabzug beim Bau steuerrechtlich abgesichert werden. Hierzu holt die Allgäuer Treuhand Gesellschaft derzeit eine verbindliche Auskunft bei der Finanzverwaltung ein. Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, können sich hierbei teilweise erhebliche Änderungen ergeben. 

Für Thomas Hartmann (Grüne) kann man die Entscheidung nicht hoch genug einschätzen. „Das Finanzierungsmodell ist ein glücklicher Moment für uns alle.“ Oberbürgermeister Thomas Kiechle: „Wir haben lange darum gerungen, das so hinzubekommen.“ Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses haben das Finanzierungskonzept des KKU zustimmend zur Kenntnis genommen und die Einstellung der zum Bau als auch der Refinanzierung erforderlichen Haushaltsmittel befürwortet.

Minimalbudget für Straßen- und Brückenunterhalt in Kempten - Sorgen machen die Kürzungen im Verwaltungshaushalt

 „Die Stadt wächst und die Aufgaben wachsen“ so Tiefbauamtsleiter Markus Wiedemann bei der Vorstellung des Verwaltungshaushaltes Tiefbauamt. Mehr Baugebiete erfordern mehr Verkehrsflächen und Grünflächen damit steigen auch die Baukosten für Material und Personal. Als Beispiel nannte er die Halde Nord mit 3,3 Kilometern Straßen, 1,6 Kilometern Gehwegen, zwei Spielplätzen und acht Hektar Ausgleichsfläche. „Eigentlich müssten die Ausgaben für Straßen- und Brückenunterhalt steigen“, so Wiedemann.

Auf Nachfrage erklärte er, dass seit zwei Jahren keine Personalsteigerungen vorgenommen worden waren. Das Gesamtbudget wurde von 8,1 im Jahr 2023 auf 6.74 Millionen Euro für 2024 gekürzt. „Wir können den Standard nicht mehr halten und sind zum Zurückschrauben gezwungen“, so Wiedemann.

Besonders schmerzlich sind die Kürzungen im Straßenunterhalt von 830.000 Euro in 2023 auf 500.000 Euro in 2024. Auch beim Betriebshof wurde der Ansatz für kleinere Baumaßnahmen im Straßenunterhalt um 20.000 Euro auf 220.000 Euro in 2024 gekürzt. Beim Brückenunterhalt stellt sich die Situation noch dramatischer dar. Von 380.000 Euro in 2023 auf 80.000 in 2024. Helmut Berchtold (CSU) wollte im Finanzausschuss wissen, „ob wir guten Gewissens das Zurückfahren bei Straßen- und Brückenunterhalt machen können“.

Stadtkämmerer: Einsparung von zehn Millionen Euro im Verwaltungshaushalt muss einmalig sein

Laut Wiedemann sei man jetzt bei einem Minimalbudget angelangt. „Das kann man ein bis zwei Jahre machen, aber danach wird mehr Geld benötigt. Eigentlich müssten wir dringend Deckenarbeiten an etlichen Straßen in St. Mang machen.“

Stadtkämmerer Matthias Haugg erklärte, dass die zehn Millionen Euro Einsparung im Verwaltungshaushalt einmalig sein muss. „Auf Dauer geht das nicht. Die jetzige Methode ist auf den ersten Blick erfolgreich, aber auf Dauer nicht machbar“, so Haugg. Laut Baureferent Tim Koemstedt werden durch Sparen die Probleme größer „und dann müssen wir mehr Geld in den Verwaltungshaushalt einbringen“. Ferner machte er deutlich, dass bei weniger Unterhalt zeitversetzt höhere Investitionen bei Straßen und Brücken entstehen. Einsparungen beim Winterdienst oder der Straßenbeleuchtung sind nicht möglich.

Im Vermögenshaushalt stehen 14,528 Millionen Euro zur Verfügung – eine Steigerung von ca. 2,6 Millionen Euro gegenüber 2023. Davon entfallen 2,38 Millionen Euro auf Sportanlagen, 900.000 auf die Erneuerung Linder Straße – Rotkreuz. Die Hirschdorfer Iller-Brücke mit sechs Millionen Euro und den Illersteg mit drei Millionen Euro. Hier gibt es nun die Kehrtwende. Es soll jetzt doch eine Behelfsbrücke im Süden gebaut werden und der neue Illersteg an der Stelle des bisherigen gebaut werden.

Kritische Situation beim Unterhalt städtischer Gebäude in Kempten

„Substanz- bzw. werterhaltender Gebäudeunterhalt ist in den städtischen Gebäuden mit den vorhandenen finanziellen und auch personellen Kapazitäten nicht möglich“, so Christian Buck, Amtsleiter Gebäudemanagement. Die Stadt besitzt ein Gebäudevermögen in Höhe von 814 Millionen Euro. Für den Werterhalt wären jährlich zwölf Millionen Euro erforderlich. Tatsächlich stehen in 2024 nur rund fünf Millionen Euro zur Verfügung.

Die allgemeine Baukostenentwicklung ist wie ein Klotz am Bein. So stieg der Baukostenpreisindex von Ende 2021 mit 132 auf nunmehr 161. Der Werteverzehr des Immobilienvermögens und der rechtssichere Betrieb städtischer Liegenschaften kann nur noch bedingt gewährleistet werden. Ferner kann aufgrund mangelnder Kapazität derzeit nur ein geringer Bruchteil der bei Wartungen und Prüfung festgestellten Mängel behoben werden. Davon betroffen sind Durchfeuchtungen, überalterte Technik und Gebäudeteile, bauliche Schäden an den Fassaden sowie Vandalismus.

Die erhebliche Kostensteigerung bei der Wartung technischer Anlagen um 175 Prozent, bei Heizung um 46 Prozent und bei Reinigung um 51 Prozent seit 2020 tragen erheblich zur Ausgabensteigerung bei. Im Jahr 2024 können nur massive Bauwerksschädigungen behoben werden. Keine Qualitätsverbesserungen wie Akustikdecken, Digitalisierung Schulen aber auch keine Schönheitsmaßnahmen wie neue Böden oder Wandanstriche.

Zuschuss für den Betrieb der Big Box Allgäu

Die Stadt fördert seit dem Geschäftsjahr 2007/2008 den Betrieb der Big Box Allgäu, um deren Verluste kleinzuhalten. Den Bestimmungen des EU-Beihilferechts wird Rechnung getragen. Da die Stadt selbst keine Stadthalle betreibt und deren Betrieb eine öffentliche Aufgabe ist, bezuschusst sie auch nur die Bereiche, die dieser öffentlichen Aufgabe entsprechen. Die Geschäftsbereiche Hotel und Gastronomie sind ausgenommen. Sofern die Stadt eine eigene Stadthalle betreiben würde, wäre das Defizit deutlich höher als die Bezuschussung der Big Box Allgäu.

In der Zeit von 2007/2008 bis 2021/2022 belief sich der Zuschuss insgesamt auf von 5,47 Millionen Euro. In nichtöffentlicher Sitzung hat der Haupt- und Finanzausschuss am 28.11.2023 einstimmig beschlossen, den städtischen Zuschuss um weitere fünf Jahre zu verlängern. Im Geschäftsjahr (GJ) 2022/2023 mit 500.000 Euro, im GJ 2023/2024 mit 500.000 EUR, im GJ 2024/2025 mit 700.000 EUR, im GJ 2025/2026 mit 800.000 EUR und im GJ 2026/2027 mit 800.000 EUR.

Gleichzeitig wird eine einmalige Investitionsbeihilfe von 250.000 EUR gewährt. Die Entscheidung über den Zuschuss erfolgt jährlich über den Beschluss zur Haushaltsplanung und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Ein Rechtsanspruch auf die Bezuschussung besteht nicht.

Zuschuss für das Stadtmarketing

Wie bekannt sollen das City-Management Kempten und Kempten Tourismus im Stadtmarketing aufgehen. Das City-Management erhielt in der Vergangenheit einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 361.000 Euro und Kempten Tourismus von 700.000 Euro. Mit dieser Summe wäre das Stadtmarketing nicht in der Lage, seine Aufgaben wahrzunehmen. Es kommen neue Aufgaben hinzu, u.a. aus der Gesellschafterfunktion der Stadt bei der Oberallgäu Tourismus Service GmbH (Allgäu-Walser-Card).

Weitere Kosten entstehen, da Dienstleistungen – von bisherigen Strukturen erbracht – von Dritten erfüllt werden müssen (z.B. Fuhrpark, Buchhaltung, etc.) bzw. ein Anlagevermögen aufgebaut werden muss. Auch das Gehalt für die Geschäftsführerin ist zu entrichten. Für optimale Bedingungen wird ein Startkapital benötigt. Dem neu geschaffenen Stadtmarketing soll ein jährlicher Zuschuss in Höhe von 1,3 Millionen Euro gewährt werden. Hinzu kommen 236.600 Euro als Investitionszuschuss etwa für Büro-, EDV-Ausstattung und Digitalisierung.

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