„Erzeugt mehr Bürokratie“: Verpflichtung zu Stellplätzen entfällt – Bürgermeister befürchten Parkproblem
Das Modernisierungsgesetz sieht vor, dass die Verpflichtung zum Bau von Stellplätzen entfällt. Bürgermeister befürchten, dass dies zu Problemen führen wird.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Eigentlich will die bayerische Staatsregierung mit dem Modernisierungsgesetz Bürokratie bei der Bauplanung abbauen. In der Praxis, so befürchten es zumindest einige Bürgermeister im Landkreis, wird der Aufwand für die Kommunen aber höher. Die Pläne sehen vor, dass die Verpflichtung zum Bau von Stellplätzen entfällt. Vertreter von Gemeinden zeigen sich irritiert von dem Vorhaben der Staatsregierung.
„Konnten keinen Einfluss mehr nehmen“: Neue Regelung zu Stellplätzen in Bayern stößt im Landkreis auf Kritik
In den Rathäusern im Landkreis ist man über das Gesetz „zumindest überrascht“, wie Bürgermeister-Sprecher Stefan Fadinger berichtet. Der neuen Regelung zu den Stellplätzen stehe er ablehnend gegenüber. „Leider konnten wir keinen Einfluss mehr darauf nehmen“, sagt der Gaißacher Bürgermeister. Die bisherige Regelung habe gut funktioniert, beteuert er.
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Laut Fadinger werden die regionalen Unterschiede zwischen Stadt und Land in dem Gesetz zu wenig berücksichtigt. „In einer Stadt wie München braucht man nicht mehr zwingend ein Auto“, erklärt er. Auf dem Land, wo manche Haushalte drei oder mehr Autos hätten, sei dies aufgrund der Bevölkerungsstruktur und der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr anders. Er befürchtet, dass in dicht besiedelten Gebieten nun mehr Autos auf der Straße parken werden. „Wie soll die Gemeinde ihre Dienste erledigen?“, fragt er mit Blick auf Winterdienst und Straßenreinigung.
Ordnung von Stellplätzen neu geregelt: Bürgermeister-Sprecher kritisiert Eingriff in kommunale Selbstverwaltung
Fadinger hält die Regelung nicht nur für falsch. Er sieht darin auch einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung – „an einer Stelle, wo man es nicht gebraucht hätte“. Die „Beschwernisse“ der neuen Verordnung würden damit den Gemeinden auferlegt. Jede Kommune müsse bestehende Satzungen und Bebauungspläne überarbeiten, die mehr Stellplätze als die staatliche Obergrenze vorsehen. Sonst verlieren diese an Gültigkeit. Gemeinden, die noch keine Stellplatzsatzung haben, müssen nun eine erstellen.
Davon ist zum Beispiel die Gemeinde Benediktbeuern betroffen. Sie muss nun eine Stellplatzsatzung erstellen. „Das erzeugt mehr Bürokratie“, sagt Bürgermeister Anton Ortlieb. Außerdem koste eine neue Satzung auch Geld. Zudem hatte die Gemeinde geregelt, dass ab 100 Quadratmeter Wohnfläche nicht zwei, sondern drei Stellplätze nachgewiesen werden müssen. Diese Regelung verliert ab Oktober ihre Gültigkeit.
Zusätzliche Arbeit für die Verwaltung: Neue Verordnung „nicht zu Ende gedacht“
Ortlieb findet daher, dass die neue Verordnung „nicht zu Ende gedacht“ ist. „Wir bekommen zwar eine Verdichtung, aber haben dafür die Autos auf der Straße“, erklärt der Benediktbeurer. Er befürchtet nicht nur, dass dadurch Wege für Rettungskräfte und den Winterdienst blockiert werden könnten. Auch für Radfahrer und Schulkinder könne es künftig gefährlicher werden, so Ortlieb.
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Vorschriften gelockert
Die Staatsregierung hat einige Bauvorschriften gelockert. Konkret sieht das Gesetz vor, dass die staatliche Stellplatzpflicht bei Neubauten entfällt. Stattdessen sollen künftig die Gemeinden entscheiden, wie viele Stellplätze bei Notbauten notwendig sind. Maximal dürfen es aber zwei sein. Zuvor konnten die Gemeinden die Höchstzahl der Stellplätze eigenständig festlegen. Die Regelung tritt zum 1. Oktober 2025 in Kraft. Ziel ist es, dadurch mehr Wohnraum zu schaffen und die Bauplanung zu beschleunigen. Befürworter argumentieren, dass Stellplatzvorgaben das Bauen verteuern und den Flächenverbrauch erhöhen.
Der Lenggrieser Bürgermeister Stefan Klaffenbacher sieht die geänderte Verordnung ebenfalls kritisch. Gerade für eine ländlich geprägte Gemeinde sei sie von Nachteil. „In einer Gemeinde wie Lenggries sind die Bewohnerinnen und Bewohner auf das Auto angewiesen“, so Klaffenbacher. Das gelte für große Teile der Gemeinde, vor allem für den südlichen Bereich. Der Verkehrsfluss werde dadurch beeinträchtigt, und auch für Fußgänger werde es durch „unübersichtliche Straßenquerungen gefährlicher“, ist der Lenggrieser überzeugt.
Durch die Gesetzesänderung „wird sehr viel Verantwortung auf den Bauherrn übertragen“
Die Stadtverwaltung in Wolfratshausen muss ebenfalls eine neue Stellplatzsatzung erlassen. „Dies bedeutet in erster Linie zusätzliche Arbeit für die Verwaltung“, erklärt Sebastian Sens, stellvertretender Leiter des Referats Planen und Umwelt. Die Folgen könne man derzeit noch nicht absehen. Durch die Gesetzesänderung werde jedoch „sehr viel Verantwortung auf den Bauherrn übertragen“. Zumindest biete sie „einen Anreiz, neuen Wohnraum zu schaffen“.
Im Geretsrieder Rathaus rechnet man nicht mit großen Veränderungen. Die aktuelle Garagen- und Stellplatzsatzung der Stadt Geretsried sehe bereits heute eine deutliche Reduzierung von Stellplätzen vor, erklärt das Bauamt auf Anfrage. Bis zu einer Wohnfläche von 60 Quadratmetern fordert die Verwaltung nur einen Stellplatz. Die Verwaltung entwerfe aktuell eine neue Garagen- und Stellplatzsatzung. „Es wird auch angedacht, die Frage der Fahrradstellplätze einzubeziehen“, heißt es aus dem Rathaus. (vfi)