Baerbock vor neuem Top-Job: Experte sieht „ungewöhnlichen Vorgang“ und hat Vermutung

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Annalena Baerbocks geplanter Wechsel zu den Vereinten Nationen sorgt für Aufsehen. „Normal ist das sicherlich nicht“, sagt ein Experte.

Präsidentin der UN-Generalversammlung: Das klingt glamourös, nach weiter Welt und viel Verantwortung. Annalena Baerbock, Grünen-Politikerin und Noch-Außenministerin, soll sich den jährlich rotierenden Top-Job bei den Vereinten Nationen nun sichern, darauf hat sich die Bundesregierung geeinigt. An sich eine Routine-Angelegenheit, denn der Posten bei den Vereinten Nationen wechselt jedes Jahr zwischen Vertretern der fünf von den Vereinten Nationen festgelegten Weltregionen, aktuell ist Westeuropa an der Reihe.

Und doch sorgt die Personalie für viel Wirbel, zumindest in der deutschen Politik. Denn einerseits hatte Baerbock ihren Rückzug aus der Spitzenpolitik auch damit begründet, dass sie künftig mehr Zeit für ihr Privatleben haben wolle. In New York dürfte das schwierig werden, wobei das natürlich Baerbocks persönliche Entscheidung ist. Deutliche Kritik gibt es aber auch daran, dass eigentlich eine andere Frau für den Posten als Präsidentin der UN-Generalversammlung vorgesehen war: die deutsche Spitzendiplomatin Helga Schmid. Sie muss nun Platz machen für Baerbock. Von einer „Unverschämtheit“ sprach bereits der frühere Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen.

Baerbock-Wechsel zu den Vereinten Nationen: „Normal ist es sicherlich nicht“

Auch Ulrich Schlie von der Universität Bonn nennt den Vorgang „ungewöhnlich“. Zwar seien in der Vergangenheit viele Präsidenten der UN-Generalversammlung scheidende Außenminister gewesen. Nur habe sich die Bundesregierung im vergangenen Jahr eben auf Helga Schmid verständigt. „Normal ist es sicherlich nicht, dass sich die Bundesregierung so kurz vor Amtszeitende in einer so wichtigen Personalfrage selbst korrigiert, um ein Mitglied der Bundesregierung auf eine internationale Position zu bringen“, sagte der Professor für Sicherheits- und Strategieforschung am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Frankfurter Rundschau. Zumal es sich um einen Posten handle, der das nächste Mal „vermutlich erst in 70 Jahren“ wieder von einem oder einer Deutschen besetzt werden könne.

Außenministerin Baerbock auf Besuch im Libanon
Außenministerin Baerbock auf Besuch im Libanon: Die Grünen-Politikerin will zu den UN wechseln. © Hannes P. Albert/dpa

Für Schlie wirft Baerbocks geplanter Wechsel nach New York noch eine weitere Frage auf: „Ich verstehe auch nicht ganz, was die Aufgabe über die künftigen beruflichen Absichten von Annalena Baerbock aussagt.“ Schlie mutmaßt, dass sich Baerbock „ganz aus der deutschen Politik zurückziehen und diese Aufgabe als Einstieg in den Karrierewechsel in den deutschen Auswärtigen Dienst als Diplomatin vornehmen“ wolle.

Wegen Baerbock-Wechsel zur UN: Deutsche Spitzendiplomatin im Abseits

Für Helga Schmid, die ursprüngliche deutsche Kandidatin, erwartet Schlie indes keine Nachteile durch die Causa Baerbock. „Es ist eine Auszeichnung, für diese Aufgabe von der eigenen Regierung ausgesucht worden zu sein. Helga Schmid ist eine langjährige und sehr erfolgreiche Diplomatin“, sagt Schlie. „Sie nimmt sicherlich keinen professionellen Schaden, weil durchsichtig ist, dass sie einem politischen Manöver zum Opfer gefallen ist.“

Was Baerbock zu tun hat, sollte sie tatsächlich nach New York wechseln? Schlie beschreibt das Tätigkeitsprofil der Präsidentin der UN-Generalversammlung (die nicht mit dem Posten des UN-Generalsekretärs zu verwechseln ist) so: „Die Präsidentin führt den Vorsitz in der jährlichen Generalversammlung, die im September beginnt und im Jahr darauf endet. Sie teilt sich die Sitzungsleitung mit ihren Vize-Präsidenten, die über die gleichen Rechte verfügen.“ Allzu glamourös klingt das nicht. Man darf aber davon ausgehen, dass sich Annalena Baerbock ganz genau überlegt hat, worauf sie sich einlässt.

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