Rentenkassen im Minus: Bundesbank warnt vor großem Defizit
Milliarden-Defizit und steigende Beiträge: Die Bundesbank warnt vor Finanzdruck auf die Rente und kritisiert die Steuerfinanzierung der Regierung.
Frankfurt am Main – Die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) verschärft sich zunehmend. Bereits im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete die Rentenkasse ein Defizit von 2,5 Milliarden Euro, das laut Bundesbank bis zum Jahresende weiter anwachsen dürfte. Auch für das kommende Jahr erwarten die Notenbanker eine starke Ausweitung des Minus.
Hauptgründe sind steigende Rentenausgaben, die die Einnahmen übertreffen und eine deutliche Rentenerhöhung von 3,74 Prozent zur Jahresmitte. Ebenso wie die zunehmende Zahl an Rentnern sowie die zum Jahresbeginn durchschnittlich um rund 2,9 Prozent gestiegenen Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, die die Rentenversicherung für den Rentenzeitraum der Versicherten übernimmt.
Bundesbank warnt: Großes Minus in Rentenkassen droht
Die Einnahmen der GRV steigen zwar, unter anderem weil steuerfreie Inflationsprämien zunehmend durch regulär beitragspflichtige Löhne ersetzt werden. Gleichzeitig explodieren jedoch die Kosten. Die Renten steigen im Jahresdurchschnitt um über vier Prozent, immer mehr Menschen beziehen eine Rente, und die höheren Krankenkassenbeiträge belasten sowohl Rentner als auch Rentenversicherung gleichermaßen. Bereits 2024 hatte die Rentenkasse ein Defizit von knapp einer Milliarde Euro verbucht.
Aktuell liegt die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung bei 1,4 Monatsausgaben (41,5 Milliarden Euro). Sie könnte theoretisch 1,4 Monate lang alle Renten auszahlen, selbst wenn keine Beiträge mehr eingehen würden, und liegt damit noch deutlich über dem gesetzlich vorgeschriebenen Minimum von 0,2 Monatsausgaben. Die Bundesregierung plant, dieses Minimum leicht auf 0,3 Monatsausgaben (rund 9,5 Milliarden Euro) anzuheben, um die unterjährige Zahlungsfähigkeit besser abzusichern. Dennoch könnte nach Einschätzung der Bundesbank schon ab 2027 eine Erhöhung des Rentenbeitragssatzes notwendig werden, um die Finanzen zu stabilisieren.

Defizit in Rentenkassen: Bundesbank fordert strukturelle Reformen
Zusätzlich belasten rentenpolitische Vorhaben den Bundeshaushalt. Die Regierung plant, die Haltelinie des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031 zu verlängern und die Mütterrente auszuweiten – beides soll dauerhaft aus Steuermitteln finanziert werden. Die Bundesbank kritisiert, dass dadurch Finanzierungslasten zwischen Bund und GRV eher nach Kassenlage als nach sachlichen Kriterien verteilt würden, und fordert ein klareres System der Bundeszuschüsse.
Langfristig reichen Steuerzuschüsse und Beitragserhöhungen nach Ansicht der Bundesbank nicht aus. Strukturelle Reformen seien notwendig, etwa: das gesetzliche Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln, die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte abzuschaffen oder Anreize für längeres Arbeiten ohne zusätzliche Steuergeschenke zu setzen. Dadurch ließe sich der demografische Druck auf das Rentensystem abmildern.
Rentenkassen im Minus: Bundesbank will Renteneintrittsalter erhöhen
Die Bundesregierung plant aktuell keine dieser Maßnahmen. Stattdessen soll die sogenannte Aktivrente Anreize schaffen, dass Menschen freiwillig über das gesetzliche Rentenalter hinaus arbeiten. Dafür könnten sie bis zu 2.000 Euro pro Monat steuerfrei verdienen. Ökonomen bleiben jedoch skeptisch, ob die Aktivrente die gewünschte Wirkung erzielt.
Darüber hinaus empfiehlt die Bundesbank, das gesetzliche Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung anzupassen, das Mindestrentenalter von derzeit 63 Jahren zu erhöhen und den Zugang zur Altersrente für besonders langjährig Versicherte künftig zu beenden. Auch eine Überprüfung der Ab- und Zuschläge bei vorzeitiger oder verlängerter Rente sei sinnvoll, um die Erwerbsbeteiligung Älterer zu fördern und den demografischen Druck auf die Staatsfinanzen zu reduzieren. (hk)