Bundesbank-Prognose: Deutschlands Wirtschaft kommt „nicht von der Stelle“ – drittes Krisenjahr droht
Die deutschen Unternehmen haben derzeit mit reichlich Gegenwind zu kämpfen. Eine Änderung ist im laufenden Quartal noch nicht in Sicht. Allerdings stimmt der Blick aufs Gesamtjahr zuversichtlicher.
Frankfurt/Main – Die deutsche Wirtschaft kommt in diesem Sommer nicht von der Stelle. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht für August. Darin schließt sie für das dritte Quartal eine stagnierende Wirtschaftsleistung nicht aus. „Die trüben Aussichten für den Welthandel, die noch schwache Auftragslage und die niedrige Auslastung vorhandener Kapazitäten dürften die Investitionstätigkeit der Unternehmen weiter beeinträchtigen“, heißt es in dem Bericht.
Der Ausblick auf das Gesamtjahr ist allerdings etwas besser als noch im Juli. Nun hält die Bundesbank ein leichtes Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für möglich. Das würde bedeuten, dass Europas größte Volkswirtschaft nach den Jahren 2023 und 2024 knapp an einem dritten Jahr ohne Wachstum vorbeikommt, meldete die Nachrichtenagentur dpa.
Bundesbank: Arbeitsmarkt schwächelt weiter
Vom privaten Konsum gehen derzeit zu wenig positive Impulse für die Wirtschaft aus. Er wird nach Ansicht der Experten von den schwächeren Aussichten am Arbeitsmarkt negativ beeinflusst. Seit zwei Jahren sei das Beschäftigungsniveau nahezu unverändert, heißt es im Monatsbericht. Doch für Arbeitsuchende sei es in den vergangenen drei Jahren zunehmend schwerer geworden, eine Beschäftigung zu finden. „Der starke Strukturwandel erschwert es den Arbeitslosen, in der angestammten Qualifikation und Branche eine neue Stelle zu finden“, schreiben die Fachleute. Die Suche nach einem neuen Job dauere länger und zudem müssten sich immer mehr Betroffene regional oder beruflich umorientieren.
Nach Angaben der Agentur für Arbeit ist die Arbeitslosenzahl im Juli um 65.000 auf fast 2,98 Millionen gestiegen. Das habe vor allem mit der einsetzenden Sommerpause zu tun, hieß es. Die Bundesbank rechnet mit Blick auf verschiedene Frühindikatoren aber auch in den kommenden Monaten mit gedämpften Aussichten für den Arbeitsmarkt.
Steigende Preise zwingen Verbraucher auch weiter zur Konsumzurückhaltung
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben mit steigenden Preisen zu tun: Sie müssen daher haushalten. Zwar habe sich der Preisauftrieb im Frühjahr dank sinkender Energiepreise verlangsamt. Doch die Preise für Mieten oder Kfz-Versicherungen zogen „erneut deutlich“ an, heißt es in dem Bericht der Bundesbank. Eine ähnliche Entwicklung sei bei den Lebensmitteln zu sehen, die sich immer weiter verteuerten.
Beim Blick auf die Unternehmen zeigt sich ein ähnlich verhaltenes Bild: Die deutsche Wirtschaft profitierte zunächst noch von Vorzieheffekten, die von der US-Zollpolitik von Donald Trump ausgelöst worden waren: Kunden und Auftraggeber bestellten vor Inkrafttreten der Zölle besonders viele Güter, um ihre Lager zu füllen und damit das Risiko höherer US-Zölle abzufedern. Diese Entwicklung ist nun vorbei. „Nachdem die Zölle Anfang April erhöht worden waren, kam es im zweiten Vierteljahr zu einem Rückprall bei der Industrieproduktion und den Exporten“, schreiben die Fachleute.
Experten: Unsicherheiten durch US-Zollpolitik bleiben bestehen
Der Juni sei schwach gewesen, und danach sei die Industrieproduktion mit einem niedrigen Niveau in das Sommerquartal gestartet, meldete die Nachrichtenagentur Reuters mit Hinweis auf den Monatsbericht: „Von der Industrie dürften im dritten Quartal noch keine Wachstumsimpulse ausgehen“, hieß es weiterhin.
Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im zweiten Quartal saisonbereinigt um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Als Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen bezeichnet, die ein Land in einem Jahr herstellt. Fachleute sehen das BIP als wichtigen Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft.
Bundesbank: „Unsicherheit bleibt hoch“
Die Investitionstätigkeit hatte zuletzt vor allem unter der US-Handelspolitik gelitten, so die Bundesbank. US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatten sich Ende Juli auf einen Handelsdeal geeinigt. Dieser sah 15 Prozent Zoll auf die meisten EU-Produkte für den Import in die USA vor. Dieser Zollsatz trat am 7. August in Kraft, meldete die Nachrichtenagentur AFP. Doch die Unsicherheit bleibe „angesichts noch offener Fragen und der sprunghaften US-Wirtschaftspolitik aber hoch“, so die Fachleute. Das zeigte sich beispielhaft an der jüngsten Ankündigung der Trump-Regierung, die Zölle für Stahl und Aluminium, die aktuell bei 50 Prozent liegen, auf mehrere hundert Produktkategorien auszuweiten.