AfD-Anhänger spricht von „Volksverhetzung“, Pfarrer Martin Garmaier entgegnet: „Blödsinn“. Aber die Strafanzeige lasse ihn nicht kalt.
Erding - Üble Nachrede und Volksverhetzung? Hermann Bauer hat gegen den Erdinger Stadtpfarrer Martin Garmaier Strafanzeige erstattet. Der Grund ist dessen Silvesterpredigt, über die auch die Heimatzeitung berichtet hatte. Darauf fußt Bauers Anzeige, der bei der Predigt selbst nicht anwesend war. Seit 2019 greife Garmaier die AfD an. „Dieses Mal geschah es aber in einer Weise, die den Anfangsverdacht einer üblen Nachrede, ja gar einer Volksverhetzung ergibt“, meinte der Taufkirchener.
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Erding: Seit 2019 Hetze gegen die AfD?
Garmaier hatte – wie immer zum Jahreswechsel – eine Rückschau gehalten, dabei Kirchenthemen angesprochen wie etwa die Synode in Rom. Deren Ergebnisse seien zwar hinter den Erwartungen zurückgeblieben, dennoch böten sie Grund zur Hoffnung. „Vielleicht erlebe ich es doch noch, dass auch Frauen zur Priesterin geweiht werden“, sagte er.
Garmaier äußerte sich auch zum Ukraine-Krieg, zu Trump und zum Anschlag von Magdeburg und die Reaktionen der AfD. Er erinnerte daran, dass Terroranschläge nicht automatisch von Ausländern begangen würden.
Wörtlich sagte er: „Wenn eine Alice Weidel und viele andere dies in entsprechender Weise umnützen, so werden sie auf ihre Weise zu Verbrechern. Zu Verbrechern an unserer Gesellschaft. Zu Verbrechern an jenen Menschen, die hier als Gäste vielfach ja auch wissen, wie sie sich aufführen müssen.“
„Er soll damit aufhören, gegen die AfD zu hetzen“
Garmaier habe damit die AfD, ihre Parteivorsitzende und andere, „also auch Mitglieder, Sympathisanten und Anhänger der Partei auf eine Stufe mit den Terroristen der RAF und des NSU gestellt, hat sie unverhohlen als Verbrecher tituliert und den Anschein von Mördern erweckt“, so Bauer. Er sieht den Straftatbestand der Volksverhetzung als erfüllt, „wenn jemand die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine bestimmte Personengruppe beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet“. Er fühle sich persönlich betroffen.
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„Ich engagiere mich seit einigen Jahren in vielfältiger Weise im Kreisverband der AfD.“ Er sei zwar nicht mit allen Aussagen der Partei einverstanden; „bei wesentliche Fragen, bei denen es vor allem um meine Heimat und unser Wohl geht, stehe ich aber voll hinter der AfD“. Ihm gehe es nicht um eine persönliche Bestrafung Garmaiers. „Aber er soll damit aufhören, gegen die AfD zu hetzen. Bis auf 2023 hat er dies in allen Silvesterpredigten getan.“
Es gehe hier nicht um Hetze, entgegnet Garmaier. Mit seiner Kritik wolle er auf Situationen aufmerksam, „in denen ich denke: Hier wird‘s gefährlich“. Deshalb sei auch Bauers Schluss, mit der Predigt werde die AfD in eine Reihe mit RAF und NSU gerückt, „schlichtweg Blödsinn. Ich habe nur aufgezeigt, dass auch Deutsche Terroranschläge verübt haben“.
„Politisch, aber nicht parteipolitisch“
Verständnis zeigte Garmaier, dass Bauer das Wort „Verbrecher“ ärgere. „Aber Verbrechen ist nicht nur ein juristischer Begriff. Es geht aus meiner Ansprache klar hervor, dass es um ein Verbrechen an der Gesellschaft geht, wenn man diese durch Vorwürfe und Beschuldigungen spaltet. Und so etwas muss aufgearbeitet werden.“
Die Strafanzeige lasse ihn nicht kalt. „Natürlich beschäftigt dich das“, sagte Garmaier, „aber ich habe da großes Vertrauen in unseren Rechtsstaat.“ Bauers Vorgehensweise ähnele dem, was schon andere geäußert hätten: „Vielleicht will man mich mundtot machen.“ Das werde aber nicht geschehen, weil die Kirche ein Teil der Gesellschaft sei und sich deshalb nicht raushalten dürfe.
„Wir müssen politisch sein“, sagte Garmaier, „politisch, aber nicht parteipolitisch. Wobei: Bei der AfD mache ich eine Ausnahme, denn da wird’s grenzwertig“. Bauer solle sich bewusst sein, „dass diese Partei nicht grundlos unter Beobachtung des Verfassungsschutzes ist“. Zudem habe er die Rückendeckung der Deutschen Bischofskonferenz.
Mut machten ihm auch die Reaktionen der Kirchenbesucher. So habe ein Stadtrat die Ausgewogenheit der Predigt gelobt. Garmaier hatte anerkennend erwähnt, dass CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne einen sachlich geführten Wahlkampf vereinbart hätten.