Abstimmung in der Nationalversammlung: Frankreich droht Regierungswechsel nach Votum
Die französische Regierungskrise spitzt sich zu. Bayrou kämpft um das Vertrauen des Parlaments, hat aber keine absolute Mehrheit.
Paris – Die französische Nationalversammlung stimmt über das Vertrauen in die Regierung des Premierministers ab. Frankreich steht somit aller Voraussicht nach der nächste Regierungswechsel bevor. Premierminister François Bayrou will am Montag (8. September) die Vertrauensfrage stellen – und wenn die größten Oppositionsparteien ihre Meinung nicht mehr ändern, dürfte er die Abstimmung verlieren.
Das Votum gilt als Härtetest der neuen Amtszeit und als Indikator für die Kräfteverhältnisse im Parlament. Da die Regierung über keine absolute Mehrheit verfügt, ist sie auf Unterstützung oder Enthaltungen aus Teilen der Opposition angewiesen. Im Mittelpunkt der vorausgehenden Debatte stehen der haushaltspolitische Kurs, Maßnahmen zur Entlastung der Bürger angesichts hoher Preise, die Energie- und Industriepolitik sowie Fragen der inneren Sicherheit. Auch Migrations- und Rententhemen bleiben strittig.
Linke kritisieren Kurs als sozial unausgewogen – Rechte sprechen von Defiziten in Migrationsfragen
Die Opposition geht mit unterschiedlichen Schwerpunkten in die Abstimmung: Linke Parteien kritisieren den Kurs als sozial unausgewogen, rechtsnationale Kräfte sprechen von Defiziten in Sicherheits- und Migrationsfragen. Die gemäßigte bürgerliche Opposition hält sich taktische Spielräume offen und knüpft mögliche Unterstützung an inhaltliche Zugeständnisse. Beobachter rechnen mit einer kontroversen Debatte und intensiven Sondierungen bis kurz vor dem Votum, das am Montagabend erwartet wird.
Ein knappes Vertrauensvotum würde die Handlungsfähigkeit der Regierung zunächst sichern, zugleich aber den Zwang zu Kompromissen im Gesetzgebungsverfahren bekräftigen.

Bayrou wird die Vertrauensfrage aber voraussichtlich verlieren. Nach seinem Rücktritt bleibt seine Regierung geschäftsführend im Amt, bis Präsident Macron einen neuen Premier ernennt – dafür gibt es keine Frist. Als Kandidaten gelten die Minister Darmanin, Lombard, Lecornu und Vautrin, obwohl das linksgrüne Lager einen Premier aus den eigenen Reihen fordert, was aber als unwahrscheinlich gilt. Macron schließt Neuwahlen aus, da Umfragen keine wesentlichen Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse zeigen, und will trotz der Forderung von zwei Dritteln der Franzosen nach vorgezogenen Präsidentschaftswahlen bis 2027 im Amt bleiben.
Krise und Präsidentschaftswahl 2027 in Frankreich
Die Krise hängt eng mit der Präsidentschaftswahl 2027 zusammen, bei der Macron nicht mehr antreten kann und mögliche Kandidaten wie Bayrou, Marine Le Pen (derzeit gerichtlich untersagt), die Ex-Premier Philippe und Attal sowie François Hollande bereits Ambitionen zeigen. Das Parlament ist seit 2024 in drei verfeindete Blöcke gespalten: Rechtspopulisten, Linksgrüne und das Regierungslager. (sot mit afp)