„Riesenscheiß“: Bayerns Optionen beim Länderfinanzausgleich
Söder poltert im ZDF gegen den Länderfinanzausgleich und plant den Ausstieg bis 2030. Was dahintersteckt und wie Bayern wirklich rauskommt.
München – „Der Länderfinanzausgleich ist die größte Sauerei und ein Riesenscheiß.“ Das sagte Markus Söder (CSU) bei Markus Lanz im ZDF. „Maximal vier Länder zahlen für die anderen, und wir in Bayern zahlen fast alles“, regte sich der bayerische Ministerpräsident auf. Den Länderfinanzausgleich will Söder deswegen kündigen, „leider erst zum Ende des Jahrzehnts – aber er wird definitiv gekündigt.“ Aber was ist eigentlich das Problem und wie kommt Bayern wirklich raus aus dem Länderfinanzausgleich?
Für Söder ein Dorn im Auge – was ist der Länderfinanzausgleich?
Kurz zusammengefasst ist der Länderfinanzausgleich eine Umverteilung von Steuereinnahmen zwischen den Bundesländern. „Die unterschiedliche Finanzkraft der Länder“ muss angemessen ausgeglichen werden, so steht es im Grundgesetz. Diese Vorgabe wird seit 2020 durch einen Zu-, bzw. Abschlag auf die Umsatzsteuer umgesetzt. Der Bund verteilt die eingenommene Umsatzsteuer zentral um. Geberländer wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg und Rheinland-Pfalz erhalten dabei weniger Geld, ärmere Länder mehr.
Dadurch taucht der Länderfinanzausgleich gar nicht mehr im Haushalt der Länder auf, er ist automatisch auf bei den Einnahmen miteinkalkuliert. Von 1950 bis 1986 war Bayern übrigens noch Empfängerland und erhielt 3,4 Milliarden Euro. Seit 1993 zählt Bayern zu den Geberländern – im vergangenen Jahr war es mit fast 9,8 Milliarden mehr als die Hälfte der Gesamtsumme.
Warum will Söder den Länderfinanzausgleich nicht mehr?
Bayern ist eines der einnahmenstärksten Bundesländer in Deutschland und tritt dadurch sehr viele seiner Einnahmen an andere Bundesländer ab. In diesem Jahr musste Bayern im ersten Halbjahr schon sechs Milliarden Euro berappen. Der Umstand ist Söder schon seit längerem ein Dorn im Auge. „Das haben wir noch nie gehabt“, sagte er und sprach von „unverschämten Höchstlagen“. Unterstützung bekommt er von seinem Finanzminister: „Auch wenn auf Basis von zwei Quartalen keine Hochrechnung für ganz 2025 seriös möglich ist: Die aktuelle Entwicklung ist wirklich höchst besorgniserregend. Es kann so nicht weitergehen“, sagte Albert Füracker (CSU) der dpa.

2023 hat Bayern gegen den Länderfinanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht. Der Freistaat fordert unter anderem eine andere Berücksichtigung der Einwohnerzahlen der Stadtstaaten und eine Deckelung der Abgabe. Denn die Stadtstaaten Berlin, Bremen, Hamburg wiegen im Finanzausgleich traditionell mehr als anderer Länder. Das funktioniert durch eine unterschiedliche Gewichtung der Bewohnerzahl gegenüber den anderen Bundesländern. Laut dem Rechtsexperten Hans-Günter Henneke beim BR wird Hamburg weniger reich gerechnet, Berlin und Bremen würden arm gerechnet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.
Wie kann Bayern aus dem Länderfinanzausgleich aussteigen?
Der BR hat die Rechtswissenschaftler Hans-Günter Henneke und Christoph Degenhart befragt. Das Fazit: Es gibt für Bayern drei Möglichkeiten, aus dem Länderfinanzausgleich auszusteigen.
- Warten auf die Klärung durch das Bundesverfassungsgericht.
- Das System zusammen mit den anderen Ländern einvernehmlich ändern. Allerdings haben die anderen Länder hieran kein Interesse.
- Frist des Grundgesetzes abwarten. Dort steht: Die Regelung läuft aus „wenn nach dem 31. Dezember 2030 die Bundesregierung, der Bundestag oder gemeinsam mindestens drei Länder Verhandlungen über eine Neuordnung“ verlangen und „mit Ablauf von fünf Jahren“ keine gesetzliche Neuordnung in Kraft getreten ist. Das bedeutet, Bayern muss frühestens 2036 kein Geld mehr abgeben.
Warum gibt es den Länderfinanzausgleich?
In Deutschland ist die Umsetzung der Bundesgesetzgebung Ländersache – und die Länder müssen auch für die Finanzierung dieser Gesetze aufkommen. Besonders im sozialpolitischen Bereich führt das oft zu einer starken Belastung der Länder, da das Geld nicht sofort wieder hereinkommt. Und gerade strukturschwache Länder müssen im sozialpolitischen Bereich viel leisten.
Außerdem sagt Rechtsexperte Henneke: Einkommens- und Körperschaftssteuern werden nach Wohnsitz- und Firmensitz-Prinzip verteilt. Hier bekommt Bayern also mehr. „Das führt zu einer erheblichen Ungleichverteilung in Deutschland“, sagte der Experte. Das werde durch den Länderfinanzausgleich mit der Umsatzsteuer ausgeglichen. (cdz)