Putin-Konkurrent Nadeschdin will Ukraine-Krieg stoppen: Er zieht einen Vergleich zu deutsch-französischen Kriegen
Boris Nadeschdin tritt als Antikriegs-Kandidat bei der Russland-Wahl. Die besetzten Gebiete will er nicht zurückgeben. Für die Krim sieht er den Elsass als Vorbild.
Moskau – Boris Nadeschdin hat die nötigen 100.000 Unterschriften für eine Zulassung als Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen in Russland erreicht. Der 60-jährige Politiker sorgt derzeit mit seiner kritischen Haltung gegenüber dem Ukraine-Krieg für Furore. Die russische Opposition unterstüzt ihn: Julia Nawalnaya, Frau des seit drei Jahren inhaftierte Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, hat für Nadeschdin unterschrieben. Auch der exilierte Michail Chodorkowski setzt sich für ihn ein.
Dass diese Unterstützung aus der Opposition seinen Chancen schaden könne, stört Nadeschdin nicht. „Ich kann russischen Staatsbürgern nicht verbieten, für mich zu werben“, sagte er. Vor Gesprächen mit in Russland verbotenen Medien schreckt er nicht zurück. Im Interview mit dem unabhängigen russischen Fernsehsender RTVi erklärte Nadeschdin seine Ziele, sollte er russischer Präsident werden. Die Kämpfe in der Ukraine will er sofort stoppen, stattdessen sollen Verhandlungen stattfinden. Eine Rückgabe der besetzten Gebiete sieht er dabei nicht vor.

Putin-Kontrahent Nadeschdin will Krim-Frage lösen
Auf die Frage, wem die Krim gehöre, antwortete er: „den Leuten auf der Krim“. Um den Konflikt um die Halbinsel zu lösen, schaut Nadeschdin nach Westen: Frankreich und Deutschland hätten sich jahrhundertelang um Straßburg gestritten. Dies sei jetzt französisch, obwohl die Leute dort Deutsch sprächen und Gewürztraminer tränken. Eine solche Lösung könne er sich auch für die Krim vorstellen. Nadeschdin spricht sich zwar offen gegen die sogenannte „militärische Spezialoperation aus“. Doch auch auf direkte Nachfrage vermeidet er das Wort „Krieg“ und nennt sich einen russischen Patrioten. Einen Sieg Russlands gegenüber der Ukraine hält er für sicher. Unter ihm werde es keine Kapitulation und auch keine Reparationszahlungen geben.
Sieg von Putin bei Russland-Wahl gilt als sicher
Der frühere Duma-Abgeordnete Nadeschdin könnte mit dieser Position den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Staatsapparat und dem kriegsmüden Teil der Bevölkerung treffen. Die Zentrale Wahlkommission in Russland hat nun zehn Tage Zeit, um seine gesammelten Unterschriften auf Richtigkeit zu prüfen. Erst im Dezember wurde Jekaterina Duntsowa von einer Kandidatur ausgeschlossen, weil ihre Dokumente fehlerhaft gewesen sein sollen. Dieses Schicksal könnte auch Nadeschdin ereilen.
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Der Sieg von Präsident Wladimir Putin gilt bei den Wahlen in Russland als gesetzt. Dennoch lässt der Kreml immer wieder „liberale“ Kandidaten zu, um der Präsidentenwahl einen legitimen Anstrich zu verschaffen. So trat 2018 die Journalistin und Tochter des Moskauer Bürgermeisters, Xenia Sobtschak, gegen ihn an – und holte weniger als zwei Prozent der Stimmen. (Alexandra Heidsiek)