Die Verantwortlichen der Verwaltungsgemeinschaft Boos zogen eine positive Zwischenbilanz ihres Projekts zur nachhaltigen Entwicklung der Ortskerne. Ziel davon ist es, Leerstände zu nutzen, Wohnraum zu schaffen und die Attraktivität der Gemeinden langfristig zu stärken.
Unterallgäu – In der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Boos sollen die Ortskerne belebt und Leerstände nachhaltig genutzt werden. Die fünf Gemeinden Boos, Fellheim, Niederrieden, Heimertingen und Pleß hatten sich zu Beginn des Jahres zu einem Projekt für nachhaltige Regionalentwicklung zusammengeschlossen.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen
Insgesamt sechs Veranstaltungen und eine Exkursion setzten dabei unterschiedliche Schwerpunkte zum Thema „Zukunft gestalten im Bayerischen Illertal“. Die Bilanz der ersten Phase, die ILE-Regionalmanagerin Marina Maier und Fellheims Bürgermeister Reinhard Schaupp als Sprecher der ILE nun zogen, fiel sehr positiv aus.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen
Zu den verschiedenen Themenveranstaltungen in den Orten der VG kamen stets zwischen 30 und 50 Interessierte, die sowohl viele Ideen zur Revitalisierung der Ortskerne als auch mindestens ebenso viele Fragen dazu mitbrachten.
Das Spannungsfeld zwischen Altem und Tradition einerseits sowie aktuellen Bedarfen und Herausforderungen andererseits weckte Erwartungen und Hoffnungen für die Gemeinden.
Marina Maier ist zufrieden mit den Rückmeldungen der Bürger. „Die Bürger kommen auf uns zu, nutzen unsere Instrumente wie beispielsweise das Kontaktformular, um mit uns in den Dialog zu kommen.“ Wohnraumbedarf und neue Wohnformen, Leerstände, innovative Nutzungskonzepte, Baurecht, Baukultur sowie eine Exkursion zu gelungenen Beispielen im Allgäu wurden in den Veranstaltungen als Themen angeboten und genutzt.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen: Gebäudeleerstand und Wohnraumbedarf
Die Auftaktveranstaltung am 13. Februar dieses Jahres in Niederrieden griff gleich ein hochaktuelles Problem auf: In vielen ländlichen Regionen stehen immer mehr Gebäude leer, während der Wohnraumbedarf stetig steigt.
Durch eine Umnutzung und Modernisierung bestehender Gebäude und Hofstellen könnten sowohl die Ortskerne als auch der Wohnungsmarkt profitieren. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe sollten Ideen für neue Nutzungskonzepte und eine zukunftsgerichtete Dorfentwicklung entstehen.
Fellheims Bürgermeister und ILE-Sprecher Reinhard Schaupp formuliert die Aufgabenstellung wie folgt: „Unser Ziel ist es, eine zukunftsfähige Ortskernentwicklung zu fördern und Wohnraumlösungen zu finden, die Gemeinden sowie ihre Bürgerinnen und Bürger langfristig stärken.“ Es gehe nicht nur darum, alten Höfen neues Leben einzuhauchen, sondern ebenfalls darum, die Identität und Attraktivität der Ortschaften zu erhalten, so Schaupp.
Nicht nur Hofeigentümern und Wohnungssuchenden, sondern auch Fachleuten und Entscheidungsträgern konnten durch die Veranstaltungen neue Impulse gegeben werden, wie sich leerstehende und untergenutzte Immobilien sinnvoll reaktivieren lassen, um das Dorfleben zu bereichern.
Ramona Riederer von der Allgäu GmbH gab Einblicke in innovative Nutzungskonzepte für Althofstellen. Nebenerwerbslandwirt Bernhard Braunmüller berichtete vom Umbau eines landwirtschaftlichen Gebäudes in ein Mehrfamilienhaus und Julia Staudinger von „d’Kammer Illerbeuren“ zeigte, wie alte Gemäuer neu belebt und moderne Nutzungen integriert werden können.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen: Demografische Herausforderungen
Im März stand das Thema „neue Wohnformen“ im Mittelpunkt und stieß auf reges Interesse. Wie können gemeinsame Lebensformen für Jung und Alt entwickelt werden, um nicht nur den Wohnungsmarkt zu entspannen, sondern auch die demografische Herausforderung in den Ortschaften aufzugreifen?
Seniorenwohnungen, Mehrgenerationenhäuser oder Wohngenossenschaften wurden diskutiert. Das Seniorenzentrum Frickingen wurde hierbei beispielhaft vorgestellt. Da gerade ältere Menschen oft in viel zu großen Häusern und Wohnungen lebten, die kaum noch aus eigener Kraft zu unterhalten sind, wurde eine Senioren-Wohngenossenschaft gegründet, in der die Mitglieder sich einkaufen und ein lebenslanges Wohnrecht erwerben können.
Dabei wurden 1.200 Quadratmeter Wohnfläche neu geschaffen und in insgesamt 17 Wohnungen genutzt. Hinzu kommt noch ein Gemeinschaftsraum, in dem für die Bewohner Platz zum Feiern oder für gemeinsame Aktivitäten geschaffen wurde. Aktuell laufen dort die Planungen für zwei weitere Gebäude mit insgesamt 31 neuen Wohnungen.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen: Umwidmung und Neunutzung
Wie solche Umwidmungen und Neunutzungen steuerlich zu behandeln sind, wurde in einer eigenen Veranstaltung betrachtet und auch das Thema Baurecht, das hier eine große Rolle spielt, stand im Zentrum eines weiteren Vortrages und einer Diskussionsveranstaltung. Baurecht dürfe kein Hemmschuh sein, sondern könne auch sehr gedeihlich genutzt werden.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen: Baukultur zwischen Anspruch und Alltag
Mit einem weiteren Abend zum Thema „Baukultur zwischen Anspruch und Alltag“ wurde gezeigt, wie sorgfältiger Umgang mit Materialien und regionaler Baukultur nachhaltige Dorfentwicklung möglich macht.
Mit anschaulichen Beispielen wurde die Bedeutung baukultureller Qualität für eine zukunftsfähige Ortsentwicklung herausgearbeitet: Baukultur sei kein Beiwerk, denn sie mache den Unterschied, ob sich Menschen mit einem Ort identifizieren.
Eine Exkursion führte die interessierten Teilnehmer nach Memmingen, Wangen, Heimenkirch, Maierhöfen und Irsee. In all diesen Orten finden sich gelungene Beispiele, wie sich neue Perspektiven für das Leben im Dorf nachhaltig gestalten lassen. Nicht alles muss neu erfunden werden, der Austausch mit anderen Projekten hilft nicht nur, den eigenen Horizont zu erweitern, sondern zeigt auch ganz konkret, worauf man achten kann oder sollte.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen: Erste Impulse gesetzt
Nach der Sommerpause soll es in der ILE Bayerisches Illertal weitergehen mit der „Phase zwei“, dann wird ein neuer Plan für die weitere Entwicklung gemacht. Der Förderzeitraum für das gesamte Projekt „ILE“ ist zunächst bis Juli 2027 befristet.
Für ILE-Sprecher Reinhard Schaupp ist klar: „Innenentwicklung ist ein langfristiger Prozess, der Zeit, Engagement und gemeinsames Handeln erfordert. Mit den Veranstaltungen sollten erste Impulse gesetzt, Denkanstöße gegeben und zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema inspiriert werden.“
Der bisherige Verlauf der Veranstaltungen und das Interesse aus der Bürgerschaft machen Mut, dass hier noch einiges Zukunftsgerichtetes geschaffen werden kann.
Wie fünf Gemeinden im Unterallgäu gemeinsam gegen Leerstand und für neue Wohnformen vorgehen: Weitere ILE-Projekte
Die ILE-Projekte gibt es nicht nur im Bayerischen Illertal. In Illertissen, Immenstadt, den Stauden und in Altenmünster kümmern sich weitere Fachleute, Bürgermeister und Bürger um ähnliche Themen. Sie alle sind im Amt für ländliche Entwicklung beim Regierungsbezirk Schwaben angesiedelt und werden auch von dort ausgewertet und gefördert.
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