Nachbarland plant Supermarkt-Revolution – neue Maßnahmen sollen bereits im Juli starten
Frankreich geht jetzt offensiv gegen Tricks im Supermarkt vor. Die Maßnahmen starten im Sommer. Verbraucherschützer fordern das auch für die deutschen Verbraucher.
München – Frankreich macht es vor. Das Nachbarland widersetzt sich per Gesetz den Tricks von Herstellern, die Verbraucher bei den Preisen im Supermarkt und Discounter täuschen. Die neue Vorschrift kommt ab dem 1. Juli und verpflichtet Händler, Kundinnen und Kunden mit einem orangefarbenen Etikett an der Ware beziehungsweise dem Regal darüber zu informieren, wenn sich Produktgröße und Volumen bzw. Mengen eines Artikels ändern. Das berichtet chip.de und beruft sich dabei auf eine Meldung der Lebensmittel Zeitung.
Die Regel gleicht einer Supermarkt-Revolution. Auch hierzulande fordert der Verbraucherschutz bereit seit langem, gegen diese Trickserei vorzugehen, die im Fachjargon als „Shrinkflation“ bezeichnet wird.
Frankreich plant Supermarkt-Revolution: „Abzocke“ und „skandalös“ – Minister geht gegen Shrinkflation vor
Bereits im vergangenen Jahr hatte der französische Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire angekündigt, gegen die Trickserei per Gesetz vorzugehen. In einem Bericht von faz.net sprach er von „skandalös“, „inakzeptabel“ und „Abzocke“, wenn Konsumentinnen und Konsumenten für ein Produkt mehr bezahlen müssen und weniger dafür erhalten. Dem Minister war wohl endgültig der Kragen geplatzt. Er räumte zwar ein, dass es das schon immer gegeben habe, „ aber diese Praxis nimmt immer mehr zu.“
Shrinkflation
Der Begriff „Shrinkflation“ besteht aus dem englischen Wort „shrink“ für „schrumpfen“ und „Inflation“. Vielen dürfte das Phänomen unter dem Begriff „Mogelpackung“ geläufiger sein. Dabei handelt es sich laut Verbraucherschutz um eine versteckte Preiserhöhung. Denn oftmals falle eine reduzierte Packungsmenge bei gleichbleibendem Preis den Konsumentinnen und Konsumenten im Handel selten direkt auf.
Darum mieden viele Hersteller sofort sichtbare Preiserhöhungen im Supermarktregal und verringern stattdessen die Füllmenge – bei gleichbleibender Verpackungsgröße. Dadurch steigt der Kilopreis für die Ware. Händler und Hersteller erzielen auf diese Weise höhere Einnahmen, ohne die Verbraucherinnen und Verbraucher zu verschrecken. Denn „diesen ist die Teuerung oft gar nicht bewusst“, erklärt die Verbraucherzentrale NRW auf ihrer Internetseite um Thema „Shrinkflation“.
Konkret bedeutet das, dass französische Händler jetzt die Preiserhöhung pro Stück direkt am Regal kennzeichnen müssen. Das betrifft sowohl Lebensmittel als auch Konsumgüter. Der Minister will damit offenbar verloren gegangenes Vertrauen von Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgewinnen.

Frankreich geht gegen Shrinkflation vor: Trend zu mehr Mogelpackungen setzt sich auch hierzulande fort
Auch in Deutschland ist der Trend, Mogelpackungen zu verkaufen, deutlich gestiegen. Die Verbraucherzentrale Hamburg meldet einen Rekord, es gebe so viele „Mogelpackungen“ wie noch nie. 2023 haben die Verbraucherschützer 104 Produkte neu aufgenommen, 2022 waren es 76. Insgesamt stehen mehr als 1000 Artikel auf der Liste. Die heimischen Verbraucherinnen und Verbraucher sind über den Rekord bei Shrinkflation jedenfalls ziemlich verärgert. Auch hierzulande kämpfen die Bürgerinnen und Bürger schon längere Zeit mit den gestiegenen Preisen für Lebensmittel.
Meine news
Der Handelsverband Deutschland (HDE) hält dennoch neue gesetzliche Regelungen für Supermärkte und Discounter für unnötig. Der Handel sorge gegenüber den Verbrauchenden bereits für maximale Preistransparenz, indem er am Regal den Grundpreis eines Produkts pro Kilogramm oder Liter auszeichne.
Zusätzliche Informationen am Regal neben dem Gesamt-, Grund- und gegebenenfalls Referenzpreis könnten die Verbraucher beim Einkaufen zudem überfordern, es wäre ein „Information Overload“.
Mit der bestehenden Grundpreisauszeichnung werde der Informationsbedarf der meisten Verbrauchenden gedeckt. Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA, ob eine Etikettierung wie in Frankreich auch in Deutschland vorstellbar ist, antwortet eine Sprecherin des Branchenverbands wie folgt: „Weitere gesetzliche Regelungen sind hier nicht erforderlich. In Deutschland sind nach geltendem Recht bereits Verpackungen verboten, die aufgrund ihrer Gestaltung und Befüllung eine größere Füllmenge vortäuschen als in ihnen enthalten ist.“ [...] „Zusätzliche Informationen am Regal neben dem Gesamt-, Grund- und gegebenenfalls Referenzpreis könnten die Verbraucher beim Einkaufen zudem überfordern, es wäre ein „Information Overload““, so die Sprecherin weiter.
Eine YouGov-Umfrage zeigt, dass Verbrauchende mehrheitlich auf Mogelpackungen direkt am Supermarktregal hingewiesen wollen.
Shrinkflation in Frankreich: Etikett weist auf Mogelpackung hin
Im Nachbarland Frankreich weist fortan ein orangefarbenes Etikett der Größe 13 mal 13 Zentimeter am Handelsregal auf die Veränderung von Produkten hin. Es wird ergänzt mit dem Versprechen des Händlers an die Kundinnen und Kunden, den Preis für das Produkt neu verhandeln zu wollen.
Solange es hierzulande diese Hinweisschilder explizit nicht gibt, müssen Verbrauchende im Handel weiterhin ganz genau hinsehen, um eine indirekt Preiserhöhung zu erkennen. Die Verbraucherzentrale gibt dazu ein paar brauchbare Tipps, um Mogelpackungen ausfindig zu machen. Im Fall von Sanella war eine Klage des Verbandes wegen Irreführung vor Gericht erstmals erfolgreich. (sthe)