Österreich kündigt schnellen Abschiebeplan für Syrien-Flüchtlinge an – so sieht er konkret aus
In Deutschland wird diskutiert, wie nach dem Sturz von Baschar al-Assad mit syrischen Flüchtlingen verfahren werden sollte. Österreich plant bereits den nächsten Schritt.
Wien – Politikern wird oft vorgehalten, sich nicht schnell genug an veränderte Gegebenheiten anzupassen. Erst gefühlt elend lange abzuwägen, bis Entscheidungen getroffen werden. Das will sich Karl Nehammer diesmal offenbar auf keinen Fall vorwerfen lassen. Österreichs Bundeskanzler drückt mit Blick auf die neue Lage in Syrien offenkundig aufs Tempo. Nach dem Sturz und der Flucht des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad aus dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land am Levantischen Meer bemüht er sich, in die Alpenrepublik geflüchtete Syrer umgehend zurück in ihre Heimat zu bringen.
Krieg in Syrien: „Geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm“ für Flüchtlinge in Österreich
Der Bild sagte der seit drei Jahren amtierende Regierungschef von der ÖVP: „Es wird jetzt ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien ausgearbeitet.“ Dabei geht es aber offenbar nicht darum, jemanden gegen seinen Willen zurückzuschicken, denn laut Nehammer steht „es jedem frei, freiwillig in die Heimat zurückzukehren und beim Wiederaufbau des eigenen Landes mitzuwirken – wir unterstützen Syrerinnen und Syrer bei diesem Schritt“.
Er habe das Innenministerium damit beauftragt, die Lage in Syrien neu zu bewerten. Konkret bedeute dies: „Es werden Asylverfahren und der Familiennachzug vorübergehend ausgesetzt. Zudem werden bereits gewährte Bleiberechte überprüft.“
Österreich nach dem Assad-Sturz: Nehammer will Kontakt zu Erdogan suchen
Des Weiteren zählt zu seinem Plan eine Kontaktaufnahme mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dessen Land aktuell rund drei Millionen geflüchtete Syrer beherbergt, und mit EU-Ratspräsident Antonio Costa. Auch will Nehammer die EU auffordern, die veränderte Lage in ihre Politik aufzunehmen, heißt es weiter.
Gerade Erdogan wird angesichts des Wandels eine wichtige Rolle – womöglich als Vermittler – nachgesagt. In der Vergangenheit hatte er auch syrische Flüchtlinge als Druckmittel gegen die EU eingesetzt. Zudem wollte das türkische Staatsoberhaupt auch viele von ihnen heimschicken, als Assad noch an der Macht war.

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Syrien nach dem Assad-Sturz: Hilfsverein warnt vor schnellen Diskussionen um Rückführungen
Noch ist die Lage in Damaskus unübersichtlich, nachdem eine von Islamisten angeführte Rebellenallianz den Umsturz herbeigeführt hat. Assads Baath-Partei will die Übergangsphase unterstützen. Generalsekretär Ibrahim al-Hadid sprach arabischen Medien zufolge davon, es gehe darum, „die Einheit des Landes zu verteidigen“.
Nahla Osman, Vorsitzende des Verbands deutsch-syrischer Hilfsvereine (VDSH), warnte allerdings, mit Diskussionen über Rückführungen würden sich bei den Menschen Ängste verbreiten. „Syrien ist nicht sicher, für keinen von uns“, stellte sie klar. Während deutsche Politiker von CDU und CSU auf Maßnahmen für eine Rückführung von syrischen Flüchtlingen drängten, wollen deren Kollegen aus SPD und von den Grünen nichts überstürzen.
FDP-Generalsekretär Marco Buschmann plädierte derweil in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe für „eine internationale Syrien-Konferenz, die von Deutschland ausgehen sollte“. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stoppte derweil laut einer Sprecherin Verfahren syrischer Asylbewerber. Denn jede Entscheidung stünde „auf tönernen Füßen“, zitiert der Spiegel. Die 47.270 offenen Anträge würden im Stapel weiter nach unten gelegt. Dies dürfte etwa ein Fünftel ausmachen. Auf die bereits bestehenden Entscheidungen habe die neue Lage keine Auswirkungen.
Syrer in Deutschland und Österreich: Anteil der Flüchtlinge aus dem Land in etwa gleich groß
Ähnlich wie Deutschland legen auch andere europäische Länder wie Schweden, Norwegen, Dänemark, Italien oder Großbritannien Asyl-Entscheidungen für syrische Bürger auf Eis. Das französische Innenministerium arbeitet nach eigener Auskunft „an einer Aussetzung der laufenden Asylverfahren aus Syrien“.

Österreich geht also bereits einen Schritt weiter. In Deutschlands südlichem Nachbarland sollen etwa 100.000 Syrer leben. Anfang des Jahres waren laut Statistik Austria 95.180 registriert. Bis Oktober betrafen in diesem Jahr drei Viertel der 21.532 positiven Asyl- und subsidiären Schutzentscheidungen syrische Staatsangehörige, wie der Österreichische Integrationsfonds informiert.
Zum Vergleich: In Deutschland lebten laut Statistischem Bundesamt Ende 2023 offiziell 972.460 Syrer – ein Anteil von sieben Prozent unter den ausländischen Bürgern hierzulande. Im Hinblick auf die damals registrierten knapp 84,7 Millionen Menschen in der Bundesrepublik macht dies etwa 1,15 Prozent aus. In Österreich liegt der Anteil der Syrer angesichts von insgesamt knapp 9,2 Millionen Menschen bei fast 1,1 Prozent. (mg, mit dpa)