Neuwahlen stehen bevor: Merz spricht auf einmal von „angenehmem“ Habeck

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CSU schließt Koalition mit Habeck aus und aus dem Osten schlägt den Grünen teils Hass entgegen. Trotzdem gibt es Schnittmengen von CDU und Grünen.

Berlin – Die betont freundlichen Worte des CDU-Chefs Friedrich Merz über Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Gespräch mit dem Magazin Stern wurden beinahe zur Randnotiz. Der grüne Kanzlerkandidat Habeck sei „ein angenehmer Gesprächspartner“, antwortete CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat auf die Frage, ob er mit ihm nach einer Neuwahl zusammenarbeiten könnte. Politisch liege man trotzdem „ziemlich weit auseinander“. Ist das ein Kurswechsel und hätte Merz seine Partei dafür hinter sich?

Robert Habeck will Kanzlerkandidat der Grünen sein und spricht in einem Video über Fehler und Demut. (Collage mit Archivbild) © Collage: Christoph Soeder/dpa//Screenshot: Youtube/Robert Habeck

Nicht mit „diesen Grünen“ und andere Probleme von Schwarz-Grün unter Merz nach Neuwahlen

Im September verkündete der Kanzlerkandidat von CDU und CSU noch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), dass er mit „diesen Grünen“ unter Habeck nicht zusammenarbeiten werde. Ein CDU-Papier zur Energiepolitik zeigte zuletzt Schnittmengen mit der Habeck‘schen Ampel-Politik. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erfreuen sich schwarz-grüne Koalitionen großer Beliebtheit. Doch gegen eine etwaige Zusammenarbeit zwischen Grünen und Union gibt es heftigen Widerstand von CSU-Chef Markus Söder und bis zu offenen Hass aus ostdeutschen Landesverbänden. Und auch Merz und weite Teile der Grünen abseits ihres Kanzlerkandidaten trennt insbesondere in Menschenrechtsfragen einiges.

Union-Energieagenda zeigt Möglichkeiten für Kompromiss mit Habeck nach Neuwahlen

Kurz bevor die Ampel-Koalition auseinander brach, lancierte die Unionsfraktion ein Energiepolitik-Konzept, das einige Vorschläge Habecks enthielt. Im Papier der Abgeordneten Andreas Jung und Jens Spahn wurden Klimaneutralität und der Erhalt der Industrie als Ziele ausgegeben. Zwar kritisierte die Union die „Engstirnigkeit und Regulierungswut“ der Ampel sowie das umstrittene Heizungsgesetz. Ansonsten wurden mit der Senkung der Stromsteuer, beschleunigten Netzausbau durchaus Punkte gefordert, bei denen Habeck einschlagen könnte. In den Streitfragen von Kohle- und Atom-Ausstieg stellte die Union keine Maximalforderungen auf. Gegenüber der FAZ betonte Merz bereits im September, dass er anerkenne, wie „geräuschlos“ die schwarz-grüne Koalition unter NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst arbeite.

Söder verlangt „sofortigen Rücktritt“ von Habeck für Schwarz-Grün nach Neuwahlen

Nach dem Ende der Ampel machte Söder den „sofortigen Rücktritt“ Habecks zur Bedingung für eine Zusammenarbeit mit den Grünen nach Neuwahlen. Vor der Jungen Union Bayern sagte Söder am Samstag (9. November), dass das restliche Personal der Grünen „immer linker, immer seltsamer und immer schlimmer“ werde. Die Zukunft der Grünen liege in der Opposition. Die Absage an Schwarz-Grün gehört seit der Landtagswahl in Bayern 2023 zum festen Repertoire des Ministerpräsidenten.

Parteitag der Grünen vor Neuwahlen: Fokus auf Sozialpolitik

Bevor die Ampel zerbrach, trat der ehemalige Bundesvorstand der Grünen Jugend – traditionell Teil des linken Parteiflügels – geschlossen zurück und aus der Partei aus. Die Grünen gaben in der Regierung weite Teile ihrer linken Sozialpolitik auf und gaben dem rechten Wunsch nach einer Asylpolitik an der Grenze des aus der Sicht vieler in der Partei völkerrechtlich Vertretbaren nach. Am kommenden Freitag (15. November) treten die Grünen zum Bundesparteitag zusammen: Habeck soll zum Kanzlerkandidaten für die Neuwahlen gekürt und eine neue Parteiführung gewählt werden.

Weite Teile der Partei verlangen, berichtete die Tageszeitung taz, ein Programm mit Fokus auf Sozialpolitik – eine parteiinterne Lehre aus der verlorenen Europawahl. Auch die Frage nach einer Koalition mit der Union im Bund dürfte sich stellen. Hierbei dürfte auch die Forderung nach Aussetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention in Teilen der CDU eine Rolle spielen.

CDU und die Grünen: „Hass“, Ablehnungen und Geschmacklosigkeiten aus Ostdeutschland

Mit „Ablehnung“ sei die Haltung der CDU-Basis in Brandenburg nicht mehr zu beschreiben, das richtige Wort sei „Hass“, zitierte das Nachrichtenmagazin Spiegel vor den Landtagswahlen einen „prominenten“ CDU-Mann. Sachsens amtierender Ministerpräsident Michael Kretschmer lehnte Schwarz-Grün im Bund ab. 

Die Wähler in Sachsen hätten sich gegen „grünen Angstmacher und ihre übergriffigen Lösungen“ entschieden, sagte Kretschmer der Leipziger Volkszeitung und der Sächsischen Zeitung. Die Grünen landeten nach vier Jahren in der Landesregierung wieder in der Opposition und erreichten nur knapp den Einzug ins Parlament. In Sachsen-Anhalt postete kürzlich ein CDU-Landtagsabgeordneter unter einem Post eines grünen Kollegen ein Foto einer Patrone als „Mittel gegen Kopfschmerzen“, viele fassten das als Drohung auf.

Merz schlägt vor Neuwahlen ruhigeren Ton gegenüber Habeck an

Merz zeigte sich bereits vor den Wahlen in Ostdeutschland erschrocken über den Hass auf die Grünen. Gegenüber dem Stern schlug er nun noch einen weiteren versöhnlichen Ton gegenüber Habeck an: „Kinderbuchautor“, wie Merz den Wirtschaftsminister im September auf dem Parteitag der NRW-CDU nannte, sei ihm lediglich als „Herabwürdigung ausgelegt“ worden. So sei es aber nicht gemeint gewesen. „Deshalb wiederhole ich dieses Wort auch nicht“, gelobte Merz. Aktuellen Umfragen wäre die CDU nach Neuwahlen mit mehr als 30 Prozent stärkste Kraft, die Grünen kämen auf etwa zehn Prozent. (kb)

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