Im oberbayerischen Warngau - Als Landrat geplantes Flüchtlingsheim verteidigt, bekommt er ganze Bürger-Wut ab

Was der Landkreis Miesbach in Warngau plant, sorgt für Schlagzeilen - weit über die Grenzen der bayerischen Gemeinde, in der knapp 3700 Menschen leben, hinaus.

Konkret geht es um den Bau einer neuen Flüchtlingsunterkunft. Mehrere hundert Geflüchtete sollen zukünftig in einem Komplex auf dem Gelände der Vivo in Warngau leben.

Dabei handelt es sich um ein kommunales Wertstoffzentrum, das den gesamten Müll aus dem Landkreis verarbeitet. Es sei, so heißt es vom Landratsamt, die einzige Fläche, die groß genug für eine Unterkunft ist.

Wie der „Münchner Merkur“ berichtet, sind vier Containerwürfel für je 126 Personen, ein Versorgungsbereich mit Spielplatz sowie Container für Sozialarbeiter geplant. Die Anlage soll außerdem umzäunt und rund um die Uhr von Sicherheitsleuten bewacht werden.

Landkreis plant, 500 Menschen neben einem Wertstoffhof unterzubringen

In der Nähe der geplanten Unterkunft befindet sich der Golfclub Valley, der nächstgrößere Ort ist die Kleinstadt Holzkirchen. Die einzige Route dorthin oder nach Warngau ist die Bundesstraße B318, eine Buslinie gibt es nicht.

Das Landratsamt Miesbach will mit dem neuen Projekt die seit rund zwei Jahren mit Flüchtlingen belegten Turnhallen in Miesbach und Tegernsee frei bekommen. Immerhin steigen die Zahlen Geflüchteter kontinuierlich.

Allerdings sind die Warngauer über die geplante Flüchtlingsunterkunft alles andere als begeistert. Über ihren Unmut berichtete unter anderem die „ Süddeutsche Zeitung “.

Eine Anwohnerin sagte der „SZ“, manche Einheimischen würden ihre Kinder für den Fall nicht mehr über die Felder laufen lassen, andere hätten sich vorsorglich einen dritten Hund zugelegt. Viele würden sich fragen, wie man so viele Menschen an so einem Ort integrieren soll.

Kritik von Anwohnern: Unterbringung ist menschenunwürdig

Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber hatte die Pläne für den Bau der Flüchtlingsunterkunft im Dezember 2023 gegenüber dem „Münchner Merkur“ bestätigt. Schon damals erklärte er: Wenn vom Bund kein System komme, um den Zuzug besser zu steuern, würde eine „ganz schwierige Situation“ auf die Gesellschaft zukommen. Außerdem sprach er von einer zunehmenden Verschlechterung der Stimmung.

Derzeit sorgen vor allem vier Punkte für viel Unmut bei der Bevölkerung:

  • In den umliegenden Weilern wohnen weniger als 200 Menschen, doch in dem geplanten Containerdorf sollen knapp 500 Geflüchtete untergebracht werden.
  • Die Unterbringung der Menschen direkt neben einem Wertstoffhof, ohne Anbindung in eine größere Stadt, sei menschenunwürdig.
  • Die angedachten zwei Jahre Laufzeit für das Bestehen der Unterkunft halten viele Bürgerinnen und Bürger für unglaubwürdig.
  • Ein weiterer Kritikpunkt: Das fehlende Sicherheitsgefühl. Einige Anwohner würden sich angesichts der noch ungeklärten Sicherheitsfragen nicht sicher fühlen, heißt es im Bericht der „Süddeutschen Zeitung“.

Gemeinderatssitzung im Nachbarort unter Polizeischutz

Aus diesem Grund haben einige von ihnen eine Petition gestartet. Sie wollen den Bau der Flüchtlingsunterkunft verhindern oder zumindest die Pläne ändern. Die Petition liege mittlerweile in mehreren Geschäften der Gemeinde aus, berichtet der „Merkur“.

Doch der Widerstand drückt sich teilweise wesentlich rabiater aus: Landrat Olaf von Löwis (CSU) musste sich Berichten zufolge im Vorfeld der letzten Warngauer Gemeinderatssitzung durch eine Menschenmenge drücken. Auch Beschimpfungen wie „Judas!“ wurden laut.

Im Internet soll es ebenfalls böse Kommentare gegeben haben. Eine Gemeinderatssitzung im benachbarten Holzkirchen musste gar unter Polizeischutz stattfinden, um Störungen zu vermeiden: Dort wurde nämlich über die Kläranlagenanbindung für das geplante Heim entschieden.

Was ist heute passiert?

Auch am Montag fand erneut eine Bürgerversammlung in Warngau statt.

Dort musste sich nun Landrat Olaf von Löwis (CSU) samt der Taskforce, die sich den Plan ausgedacht hat, und der Warngauer Bürgermeister Klaus Thurnhuber (FW) den Bürgerinnen und Bürgern stellen. Die Stimmung vor Ort: Gereizt, schon fast zwei Stunden vor Versammlungsbeginn ist der Saal im Gasthof gerammelt voll. Polizei und Feuerwehr sperren die Straßen, vor dem Gasthof hat sich eine größere Menge eingefunden. Auch einige Bauern mit ihren Traktoren waren dabei.

Unter lauten Buhrufen muss sich von Löwis den Fragen der Menge stellen. Immer wieder gibt der geplagte Landrat zu bekennen: Er würde auch gerne weniger Flüchtlinge im Landkreis haben, aber es gehe nun mal nicht anders, so will es das Gesetz. Aus der Menge werden immer wieder Buhrufe laut.

Bürgermeister: „Damit Ruhe einkehrt“

Die Infrastruktur des Dorfes sei „vollkommen überlastet“, sagt der Bürgermeister (FW). Die Asylsuchenden sollen ab dem ersten Tag eine Arbeitsbewilligung bekommen, „damit Ruhe einkehrt“, so Thurnhuber – eine Zusage, die aus der Menge spontanen und lauten Zuruf erhält.

Das Konzept wurde im Gemeinderat vorgestellt – ob das Heim wirklich gebaut wird, sei derzeit noch vollkommen unklar.

Als Landrat von Löwis an das Mikro geht, wird erneut Murren aus der Menge laut – vor allem, als der Landrat seinen persönlichen Zwiespalt schildert.  Während Landrat von Löwis betont, dass auch der Landkreis Miesbach eine Quote zu erfüllen habe, wird draußen das Pfeifen der Demonstrierenden laut.

„Ich hätte gerne eine Alternative. Es wäre viel besser, wenn wir in jeder der 17 Gemeinden eine kleinere Anzahl an Flüchtlingen unterbringen könnten, vor allem, damit der Helferkreis sich leichter tut. Aber das geht nicht!“, ruft von Löwis, merklich frustriert. „Wir gehen auf Zuruf. Da, wo uns eine Fläche oder Immobilie angeboten wird, müssen wir zuschlagen. Und so ging es uns mit der VIVO-Fläche.“ Dass die Kinder und Jugendlichen die Turnhallen nicht nutzen könnten, sei nicht mehr zumutbar.

Klaus Betzinger, ein Anwohner aus Warngau, tritt ans Mikro und hält entgegen: „Sind Sie schon mal an der Vivo gestanden und haben gerochen, wie es da stinkt, wenn die Sonne herunterbrennt?“

Ein anderer Anwohner, dessen Name im Gejohle der Anwesenden untergeht, wird noch deutlicher in seiner Kritik an der Kommunalregierung: „Wir haben euch gewählt. Ihr seid die Vertreter der Bürger, stattdessen drückt ihr euch!“