Code geknackt? Neuer Test soll Autismus schnell erkennen

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Autismus wird häufig übersehen. Üblicherweise basiert die Diagnose auf Symptomen. Forschende haben nun jedoch einen neuen Ansatz entwickelt.

Virginia – Autismus gibt es in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Während einige Autisten und Autistinnen kognitiv stark eingeschränkt sind, erfahren andere lediglich schwache Symptomen. Das Problem: Bei geringer Ausprägung bleibt Autismus oft unerkannt. Häufig stellen Ärztinnen und Ärzte eine Reihe anderer Diagnosen, bevor der Verdacht auf Autismus überhaupt im Raum steht. Ein neuer Test könnte dies bald ändern.

Aktuell erfolgt die Diagnose von Autismus anhand der bisherigen Entwicklung und dem Befinden und Verhalten eines Kindes. (Symbolbild)
Aktuell erfolgt die Diagnose von Autismus anhand der bisherigen Entwicklung und dem Befinden und Verhalten eines Kindes. (Symbolbild) © Kasper Ravlo/imago

Die Fachleute sollen den genetischen Code von Autismus herausgefunden haben

Ein universitätsübergreifendes Forschungsteam unter der Leitung von Gustavo K. Rohde, Professor für Ingenieurwissenschaften an der University of Virginia, hat einen neuen Ansatz entwickelt, der auf künstlicher Intelligenz beruht. Er soll in der Lage sein, genetische Marker für Autismus anhand der biologischen Aktivität im Gehirn zu identifizieren. Die Genauigkeit liege bei 89 bis 95 Prozent. Veröffentlicht wurde die Methode in der Fachzeitschrift Science Advances. Zuletzt wurde auch ein bahnbrechendes Anti-Krebs-Verfahren entdeckt, bei dem sich Tumore selbst zerstören.

In der Fachzeitschrift erläutert das Forschungsteam, dass sie in ihrer Arbeit den genetischen Code von Autismus geknackt hätten. Dadurch sei es möglich, ihn im Gehirn festzustellen. Der Test erfolge in mehreren Schritten: Er beginnt mit einer Standard-Gehirnkartierung mithilfe von MRT-Scans. Anschließend werden die Bilder mithilfe künstlicher Intelligenz erneut analysiert. Dadurch sollen Bewegungen von Proteinen, Nährstoffen und anderen Prozessen im Gehirn erkannt werden, die auf Autismus hindeuten könnten.

Gerade bei Kindern zeigt sich Autismus meist innerhalb drei verschiedener Bereiche

Wie der Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus erläutert, wird eine Autismus-Diagnose aktuell vor allem anhand der Symptome gestellt. Demnach gibt es mehrere Merkmale des frühkindlichen Autismus. Sie werden in drei Bereichen deutlich: Im sozialen Umgang mit Mitmenschen (z. B. Schwierigkeiten, emotionale Signale richtig einzuschätzen), in der Kommunikation (z. B. eingeschränkte Entwicklung des Sprachgebrauchs) und in sich wiederholenden und stereotypen Verhaltensweisen (z. B. starre Ausführung alltäglicher Aufgaben). Meist zeigen sich diese Auffälligkeiten bereits vor dem 3. Lebensjahr.

Wie viele Kinder sind in Deutschland autistisch?

Es gibt keine genauen Angaben, wie viele Kinder in Deutschland mit Autismus leben, erklärt der Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus. Laut Untersuchungen in Europa, Kanada und den USA seien es 1,3-2,2 pro 1000 frühautistische Kinder. Eine Datenanalyse der Versicherung hkk will gezeigt haben, dass Autismus bei Kindern in Deutschland zunimmt.

Die KI kann gelöschte oder verdoppelte DNA-Abschnitte zeigen, die auf Autismus hindeuten können

Zwar bleibt Autismus gerade bei leichter Ausprägung oft unerkannt. Aber auch schwere autistische Störungen können unentdeckt bleiben, wenn sie etwa durch eine höhere Intelligenz ausgeglichen werden, schreibt die Pharmazeutische Zeitung. Der neu entwickelte Test könnte folglich einen großen Unterschied machen, indem er Menschen einen langwierigen und oftmals belastenden Diagnoseweg erspart. Denn Autismus kann zwar anhand von Symptomen festgestellt werden, er habe aber auch „eine starke genetische Grundlage“, betonen die Fachleute.

Die KI – das Herzstück der neuen Methode – basiert auf maschinellem Lernen und einer neuen mathematischen Gehirnmodellierungstechnik. Diese Methode wird als „transportbasierte Morphometrie“ bezeichnet. Sie bezieht sich auf den Transport biologischer Materie im Gehirn und kann Muster identifizieren, die mit wichtigen Teilen des genetischen Codes verbunden sind. Diese Sequenzen des genetischen Codes zeigen gelöschte oder verdoppelte DNA-Abschnitte auf – Veränderungen, die in früheren Untersuchungen mit Autismus in Verbindung gebracht wurden. Auch bei einem neuen Test zu Erkennung von Herzinfarkten kommt eine KI zum Einsatz.

Mit der Forschung könnten zukünftig die „biologischen Grundlagen des Autismus“ besser verstanden werden

Die Fachleute hoffen, dass die neue Diagnosetechnik es den Ärztinnen und Ärzten bald ermöglichen wird, spezifischere Gene zu identifizieren, die für Autismus verantwortlich sind. Damit könnte herausgefunden werden, welchen Einfluss die Störung auf das Wachstum und die Funktionsweise des Gehirns hat. Die Forschung sei somit „ein wichtiger erster Schritt zum Verständnis der biologischen Grundlagen des Autismus.“ (tt)

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