Der Appell der Erdinger Bürgermeister

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Spendable Gemeinden: Redaktionsleiter Dieter Priglmeir (l.) sowie Michaela Maier und Marlene Meier vom Tierschutzverein Erding (vorne, v.l.) bedanken sich bei den Bürgermeistern (ab 2.v.l.) Heinz Grundner, Ferdinand Geisberger, Thomas Gneißl, Michaela Mühlen, Ullrich Gaigl, Stefan Haberl und Georg Nagler für die Schecks über jeweils 1300 Euro. © Vroni Macht

Die Gemeindechefs aus dem Landkreis Erding zeigen sich spendabel, blicken aber auch nachdenklich in die Zukunft.

Erding - „Brot statt Böller“ heißt es seit vielen Jahren während des Jahreswechsels, „Geld statt Grüße“ ist seit zwei Jahren das Motto des Kreisverbands des Bayerischen Gemeindetags. Statt Weihnachtsanzeigen aufzugeben, „wollen wir das Geld verschiedenen sozialen Projekten zukommen lassen“, erklärte Taufkirchens Bürgermeister Stefan Haberl im Namen seiner 25 Kolleginnen und Kollegen im Landkreis.

1300 Euro gingen dabei an den Tierschutzverein Erding (siehe Kasten). Und den gleichen Betrag erhält wie im vergangenen Jahr „Licht in die Herzen“, das Leserhilfswerk der Heimatzeitung, das in Not geratene Bürger im Landkreis unterstützt. „Mit der Unterstützung wollen wir zum Ausdruck bringen, dass wir diesen Einsatz sehr schätzen. Es kommt ja wieder den einzelnen Gemeinden zugute, denn diese Schicksale gibt es nicht nur in der großen weiten Welt, sondern direkt bei uns im Landkreis“, sagte Haberl, der mit sechs weiteren Gemeindechefs die Redaktion besuchte. Eine gute Gelegenheit zu fragen, was sich denn die Bürgermeister für 2025 wünschen.

Mehr Ruhe für einzelne Projekte

„Dass wir mal wieder mit aller Ruhe ein Projekt angehen können“, wünscht sich etwa Moosinnings Bürgermeister Georg Nagler. „Leider werden wir immer nur getrieben von einer Herausforderung zur nächsten.“ Bekanntlich haben er und seine Gemeinderäte gerade alle Hände voll zu tun wegen einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Eichenried. „Mehr Stabilität wäre gut“, sagt Nagler.

„Die Kontinuität leidet unter der heutigen Schnelllebigkeit“, findet sein St. Wolfganger Kollege Ullrich Gaigl. Der Fokus werde auf ein Thema gerichtet, „und dafür kommt sofort ein Gesetz, weil das gerade wahnsinnig wichtig ist, und anderes fällt hinten runter.“ Das erschwere die langfristige, kontinuierliche und nachhaltige Arbeit.

„Finanzielle Stabilität“ wünscht sich Dorfens Bürgermeister Heinz Grundner, „damit wir die Dynamik in der Region insgesamt auch mitnehmen können“. Neben den Finanzen bräuchten die Gemeinden auch die Fachkräfte, „damit wir das Ganze auch entsprechend nutzen können“. Grundner erwartet zudem „eine gewisse Verlässlichkeit der Politik von oben“. Er hätte gern, dass die kommunale Planungshoheit wieder mehr in den Vordergrund rückt. Dass die Entscheidungen, die für die Kommunen notwendig sind, dort getroffen werden können, wo die Probleme entstehen und wo man auch den entsprechenden Menschenverstand dabei hat.“

Auch sein Taufkirchener Kollege Haberl hätte gern, „dass die Expertise der Städte, Märkte und Gemeinden gehört wird“. Die Bundesregierung solle auf eben diese Expertise zurückgreifen, „weil wir nur noch die Ausführenden sind in dem ganzen System“. Gerade für die Verwaltungen würden die vorgegebenen Standards an Bürokratie immer extremer. „Vor allem im Bausektor gibt es wahnsinnig viele Auflagen, ob das energetische Standards sind oder die benötigten Gutachten. Das macht ja das Bauen auch so teuer.“

Thomas Gneißl befürchtet, „dass unsere Gesellschaft zunehmend abdriftet, dass wir in einer gnadenlosen Veränderung sind, dass viele Leute tatsächlich nur mehr im Tunnel unterwegs sind, dass keiner mehr bereit ist, links und rechts zu schauen“. Den Wörther Bürgermeister besorgt, „dass es vordergründig um das Ich geht und dass die Werte, die wir eigentlich haben, ein vernünftiges Miteinander, ein gesundes Miteinander verloren geht“.

Das merke man auch am Umgang mit den kommunalen Beschäftigten. „Es gibt Leute, die ballern gnadenlos aus der Hüfte einfach mal los, ohne sich vorher kundig zu machen.“ Ob im Rathaus oder etwa in Schule oder Kinderhaus – „da arbeiten bestimmt keine Mimosen, aber der Anspruch der Eltern gegenüber den Betreuern entwickelt sich gnadenlos“.

Selber anpacken statt anklagen

Auch Michaela Mühlen findet, „dass wir uns gesellschaftlich gerade wirklich sehr leicht auseinanderdividieren lassen durch das Geschrei von manchen, die mit allem unzufrieden sind, und durch viele Menschen, die einfach sehr schnell relativ unreflektiert mit aufspringen auf das Geschrei“. Die Inninger Bürgermeisterin wünscht sich, „dass man sich in unserem Land, wo Gemeinschaft über so viele Jahrhunderte hinweg das Wertvolle war, gerade im ländlichen Bereich, auch dieser Stärke wieder bewusst wird. Dass man selber anpacken und zusammenhelfen muss und nicht immer nur klagt und anklagt“.

Man dürfe die Herausforderungen nicht nur negativ sehen, sondern solle auch mal daraus Chancen ableiten, fordert Ferdinand Geisberger. Der Bürgermeister von Buch weist auf den Wert der kommunalen Familie hin. „Wir sind der Grundpfeiler der Demokratie, und so sollten wir auch wahrgenommen werden. Das ist eigentlich das Traurige, dass die große Politik viel in den Medien ist und vieles beschließt und wir noch die Arbeiter sind, die das umsetzen sollen, aber nicht mehr der Gestalter sein dürfen.“

Der Tierschutzverein sagt Danke

„Wir haben beschlossen, dass wir die weiteren 1300 Euro an den Tierschutzverein Erding spenden, die seit 1989 eine sehr wichtige Aufgabe der Kommunen übernehmen“, sagte Dorfens Bürgermeister Heinz Grundner. „Man kann nicht oft genug Danke sagen.“ Die Vereinsvorsitzende Michaela Meier weiß auch schon, wofür sie die Spende verwenden kann. In Kastrationsaktionen sei Geld zum Beispiel gut angelegt. Aber auch für die Pflege von Tieren, die nicht so leicht vermittelbar seien. Sie erzählt von zwei Katzen nach einem Todesfall. „Die müssen halt jetzt geimpft und ärztlich untersucht werden.“ Solche würden letztlich bei der Gemeinde verbleiben, wenn nicht der Tierschutzverein wäre. Wenn jemand ein Fundtier abgibt, bittet der Verein um 50 Euro für Auslagen. „Aber das ist noch lange nicht das, was wir in die Tiere stecken, denn schon eine einfache Impfung kostet 65 Euro“, so Meier. „Und wenn das halt Menschen sind, denen Tiere egal sind, sagen wir: Lieber kriegen wir gar nichts, bevor sie die Tiere aussetzen, beim Umzug einfach in der Wohnung lassen oder über Ebay verschachern.

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