Kabinett soll Kürzungen bei Agrardiesel und weiterem „zur Kenntnis“ nehmen – Diskussion nicht geplant
Ampel legt Haushalts-Streichliste im Kabinett vor – und will wohl keine Debatte zulassen
Was Scholz, Lindner und Habeck an Streichungen im Haushalt 2024 beschlossen haben, wird heute dem Kabinett „zur Kenntnis gegeben“. An den Streitpunkten hat sich nichts geändert.
Berlin – „Die Details der Vereinbarung werden am morgigen Mittwoch (20. Dezember 2023) dem Bundeskabinett zur Kenntnis gegeben“, so steht es in einer Pressemitteilung, die die Bundesregierung am Dienstagnachmittag (19. Dezember) herausgab. Gemeint ist der Haushaltskompromiss, die Kanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck in rund 200 Stunden konspirativer Dreier-Sitzungen zusammengeschmiedet haben.
Seit Details dieser Vereinbarung vor rund einer Woche bekannt wurden, sorgen sie für Proteste. Vor allem bei den Landwirten, die am Montag (18. Dezember) mit über 1000 Traktoren zum Brandenburger Tor fuhren, um gegen die geplanten Kürzungen im Agrarsektor zu demonstrieren. Trotzdem stehen die Streichung von Subventionen in der Landwirtschaft in der Pressemitteilung nun genau so festgeschrieben.

Spitzen der Ampel stellen Haushalt 2024 vor - Diskussion im Kabinett nicht vorgesehen
Eine Debatte oder Abstimmung im Bundeskabinett darüber ist offenbar auch in der Sitzung um 11 Uhr am Mittwoch nicht vorgesehen. Stattdessen wird in der Pressemitteilung mitgeteilt, dass Finanzminister Lindner dabei sei, die Vereinbarungen „technisch umzusetzen und gemeinsam mit den betroffenen Bundesministerien die nötigen Formulierungshilfen für den Deutschen Bundestag zügig zu erarbeiten“.
Dabei läuft der Streit um die geplanten Maßnahmen längst. Mehrere hochrangige Politiker haben bereits öffentlich erklärt, dass sie nicht hinter sämtlichen Kürzungen stehen, die Scholz, Habeck und Lindner vereinbart haben. Die Kürzungen „gehen zu weit und kommen zu plötzlich“, sagte etwa Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) stand am Montag vor einer wütenden Menge an Bauern und Bäuerinnen. Er erklärte, dass er das Ausmaß der Streichung von Agrarsubventionen nicht richtig fände und selbst davon überrumpelt worden sei. Er will nun dafür kämpfen, dass noch einmal daran gefeilt wird. An diesem Mittwoch bei der Kabinettssitzung wird er dafür aber wohl keine Gelegenheit dazu bekommen.
Fliegt Scholz, Lindner und Habeck ihr Haushalts-Kompromiss um die Ohren?
Vom Zaun brechen könnte ein Streit zwischen den Spitzen der Ampel-Koalition – Scholz, Habeck und Lindner – und anderen Ministern des Bundeskabinetts, die sich bei den Beschlüssen übergangen fühlen. Denn fraglich ist, auf welche Weise Bundesminister wie Özdemir noch Änderungen durchsetzen können, und wie Scholz, Habeck und Lindner ihr politische Glaubwürdigkeit wahren können, wenn ihnen ihr in nächtlichen Marathon-Sitzungen ausgefeiltes Konzept wieder um die Ohren fliegt.
Ampel will bei „klimaschädlichen Subventionen“ sparen
Einsparungen im Bundeshaushalt sind nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor rund vier Wochen notwendig geworden – denn die Umwidmung vom Sondervermögen aus Vorjahren, wie die Ampel sie vornahm, sind danach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Erreicht werden sollen die Einsparungen laut der aktuellen Pressemitteilung „insbesondere durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen und die Absenkung der Ausgaben in einzelnen Ressorts, die bessere Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt und die Reduzierung von Bundeszuschüssen“. Nötig seien insgesamt Einsparungen von rund 17 Milliarden Euro im Kernhaushalt für 2024.
Bei diesen Punkten will die Ampel-Koalition sparen
In der achtseitigen Pressemitteilung des Bundespresseamts mit dem Titel „Zum Haushalt 2024“, einzusehen auf der Homepage der Bundesregierung, sind die Kürzungen aufgelistet, mit dem die Ampel-Regierung das Haushaltsloch stopfen will. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Abschaffung der Begünstigung in der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft
- Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel
- Anhebung der Ticketsteuer auf Passagierflüge
- Plastiksteuer für Unternehmen
- Job-Turbo bei der Arbeitsintegration von Geflüchteten
- Streichung des Bürgergeld-Bonus und Sanktionen für Totalverweigerer
- Verringerung der Programmausgaben im Klima- und Transformationsfonds, zum Beispiel Auslaufen der Kaufprämie für E-Autos und Erhöhung des CO2-Preises beim Tanken und Heizen (45 statt 40 pro Tonne CO2)
- Weniger Bundeszuschuss für die Rente
Flutkatastrophe und Ukraine-Krieg als neue Notlage zum Aussetzen der Schuldenbremse?
Unklar ist noch, ob erneut die Schuldenbremse ausgesetzt wird. Die Bundesregierung will prüfen, ob dies für die 2,7 Milliarden Euro an Fluthilfen für Opfer der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal möglich ist. Auch später im Jahr könnte die Schuldenbremse noch ausgesetzt werden – nämlich falls für die Unterstützung der Ukraine deutlich mehr Geld nötig sein sollte, als jetzt absehbar ist.
Weiter beraten soll über den Bundeshaushalt 2024 Mitte Januar im Haushaltsausschuss des Bundestags, heißt es in der Pressemitteilung. Ende Januar soll der Bundestag dann den Haushalt 2024 samt der enthaltenen Kürzungen beschließen. (smu)