Holzkirchen: Integrationskurs-Teilnehmer meistern den Deutschtest – Viele Fortschritte
Den Deutschtest für Zuwanderer (DTZ) haben die Teilnehmer des Integrationstests in Holzkirchen fast alle erfolgreich abgelegt. Das Ende bildet nun der sogenannte Orientierungskurs. Ein Besuch.
Landkreis – Noch kein ganzes Jahr ist es her, da hat sich Patricia Furtner ihre linke Hand ans Ohr gehalten, um den Unterschied zwischen „telefonieren“ und einem „Telefon“ zu erklären. Kurz danach stand die Abgrenzung einer Glühbirne vom Begriff „Licht“ auf dem Stundenplan, und die Diskussion brandete auf, ob eine Lichtsteckdose nicht der passendere Begriff dafür wäre. „Nein“, sagte Furtner und schüttelte den Kopf. Jetzt, sieben Monate später, diskutieren dieselben Kursteilnehmer über den Artikel 3 im Grundgesetz und darüber, dass Frauen in Deutschland seit 1991 zur Bundeswehr gehen dürfen. Ali Tajik (22) aus Afghanistan schüttelt fast schon ungläubig den Kopf und sagt dann: „Das ist gut. Im ersten Moment war ich überrascht – aber das ist gut.“
Es sind inhaltlich relevante, teils schwere Themen, die heute an der Tafel stehen. Dass eine Vergewaltigung in der Ehe seit 1997 strafbar ist, seit wann Frauen wählen und arbeiten dürfen und warum das gut so ist – auch wenn es nicht überall auf der Welt selbstverständlich ist. „Was hat euch denn überrascht?“, fragt Furtner später. Die Dozentin des Integrationskurses an der Volkshochschule in Holzkirchen bekommt darauf eine ganze Reihe an Antworten. Die Teilnehmer kommen unter anderem aus Afghanistan, Indien, dem Kosovo und der Ukraine, wo viele Dinge anders geregelt sind. Iswarya Ramu (33) aus Indien erinnert beispielsweise an die Frauenquote, die im indischen Parlament eingeführt werden soll. „Frauen sind bei uns schon gleich, aber Männer denken sich oft ein bisschen höher“, sagt sie. „Das Denken der Menschen muss sich verändern. Aber ich bin sehr dankbar für das, was wir haben.“
Teilnehmer diskutieren auch untereinander
Diese Gleichberechtigung, die es nicht nur politisch und auf dem Papier zu beachten gilt, spielt auch im Alltag der Kursteilnehmer eine Rolle. Wie kann man gegen Diskriminierung vorgehen, wer hat Anspruch auf Elternzeit, was ist der Girls’ Day und warum können Frauen in Deutschland selbstverständlich auch technische Berufe ergreifen? Besonders an letzterer Frage schaukelt sich die Diskussion kurz auf, als einer der Kursteilnehmer zu bedenken gibt, Männer hätten ein besseres technisches Verständnis. „Ja, vielleicht sollten wir besser zu Hause bleiben“, feixt Loresa Sallahi ironisch. Dann wird die 21-Jährige schnell wieder ernst und sagt: „Im Kosovo werden Frauen tatsächlich diskriminiert, wenn sie in solchen Berufen arbeiten.“ So habe er das natürlich nicht gemeint, sagt der Teilnehmer. „Aber vielleicht verstehen Frauen andere Berufe trotzdem besser, in denen man weniger körperlich arbeitet.“ Furtner lässt es für diesen Moment gut sein – die Teilnehmer lösen die Diskussion unter sich. Ramu, die selbst einen Doktortitel trägt, sagt: „Meine Schwester arbeitet auch als Elektroingenieur.“ Und ihr Mann habe ebenfalls eine Frau als Chefin – warum auch nicht. „Ich finde es trotzdem okay, dass man das in unserem Kurs sagen darf“, meint die Dozentin dazu. „Aber Fakt ist: Wenn eine Frau einen Beruf wählen möchte, darf sie sich den auch aussuchen.“
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Nach dem Kurs ergänzt Furtner: „Es geht viel darum, dass man keine Stereotype produziert. Da achte ich schon drauf.“ Nicht nur, weil ihr das ein persönliches Anliegen wäre, sondern auch, weil es in diesem siebten und letzten Modul des Integrationskurses auf dem Stundenplan steht. Den Deutschtest für Zuwanderer (DTZ) haben die Teilnehmer fast alle erfolgreich abgelegt – die große Mehrheit mit dem Sprachniveau B1, worauf besonders Arbeitgeber viel Wert legen. Das Ende bildet nun aber der sogenannte Orientierungskurs, in dem in 100 Stunden Wissen zur Rechtsordnung, Geschichte und Kultur vermittelt wird. An dessen Ende steht der Test „Leben in Deutschland“ – was die Teilnehmer alle schon lange tun. Nicht alle interkulturellen Konflikte könnten dabei gelöst werden, meint Furtner. Durch Kommunikation könne aber ein Bewusstsein dafür geschaffen werden. Dass die Teilnehmer damit nach weniger als einem Jahr rein sprachlich kein Problem mehr haben, liegt wohl auch an dem Ehrgeiz, der sie antreibt, sagt Furtner. „Alle wollen arbeiten, finanziell unabhängig sein und soziale Kontakte knüpfen.“ Darauf seien sie jetzt vorbereitet. nap