Ein Dreiviertel Jahrhundert Pferdesegnung
150 Pferde, 14 Wagen und vier Kutschen beim Rottenbucher Leonhardiritt mit von der Partie

Leonhardiritte gehören in Altbayern und im westlichen Österreich zum Brauchtum. Die zu Pferde stattfindende Prozession zu Ehren des heiligen Leonhard von Limoges findet in dem Klosterdorf traditionell jeweils an dem Sonntag statt, der dem Gedenktag an den Nothelfer und Schutzpatron für das Vieh, insbesondere der Pferde, am 6. November am nächsten liegt. Heuer war dies am gestrigen Sonntag der Fall. Seit den Anfängen in Rottenbuch im Jahr 1947 fand der Leonhardiritt zum nunmehr 75. Mal statt.
150 Pferde und Reiter
Dreimal war er in all den Jahren ausgefallen. Zweimal wegen einer Tierseuche und zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie. Die Prozession mit den von Gabriel Heiland gezählten und zu diesem Anlass prächtig herausgeputzten gut 150 Pferden, 14 Wagen und vier Kutschen setzte sich mit ihren vielen Teilnehmern wie alle Jahre morgens am südlichen Ortsrand beim Sportgelände in Bewegung. Der Weg führte den von vier Musikkapellen begleiteten ansehnlich langen Zug auf die von der Feuerwehr gesperrte B 23 und dort mit einer kleinen Schlängelung in Richtung Fohlenhofplatz. Kurz vor dem Eintreffen wurden die Pferde vom zuvor bereits weit vorn reitenden Pfarrer Josef Fegg unter den Augen sehr vieler Zuschauer beim Vorbeiziehen mit der Weihwasserbürste gesegnet.
Die Welt sehen vom Pferdesattel aus
Auf dem Platz war schon alles für die von Josef Fegg gemeinsam mit Diakon Martin Mylius zelebrierte heilige Messe gerichtet. Unterstützt wurden sie dabei unter anderem auch von zwei Angehörigen des Münchener Priesterseminars. Josef Fegg richtete sich in seiner Ansprache zunächst schmunzelnd mit einem „besonderen Gruß an die vielen Zaungäste da hinten“, um diese zu bewegen, weiter nach vorn zu kommen. „Die Welt da oben schaut gleich wieder ganz anders aus“, berichtete er hernach über seine vom Sattel des Pferdes gewonnenen Eindrücke bei der Prozession. Auch wenn es bloß zwei Meter seien. Es tue gut, „hin und wieder einmal den Blickwinkel zu ändern und die Welt einfach mal von oben her aus dem Blickwinkel des Himmels“ zu betrachten. Beim folgenden Gottesdienst sei dies vor allem „der Blickwinkel der Liebe“. Und Martin Mylius meinte gar, „Pferde haben vier Beine, um ihr großes Herz tragen zu können.“ Als er diesen Satz gelesen habe, seien seine Gedanken sofort bei der heutigen Prozession und dem heiligen Leonhard gewesen.
„Kreuzzug gegen das Kreuz“
Nach dem Gottesdienst nutzte Bürgermeister Markus Bader die Gelegenheit, die zahlreich gekommenen Besucher sowie mehrere weitere Gäste namentlich zu begrüßen. Zu diesen gehörten neben der Landtagsabgeordneten Susann Enders der hiesige stellv. Landrat Wolfgang Taffertshofer als auch der Landrat des Nachbarkreises Garmisch-Partenkirchen Anton Speer. Hinzu kamen mehrere Bürgermeister weiterer Gemeinden. Er sprach aber auch vom „Kreuzzug gegen das Kreuz“, der hauptsächlich von Politikern der Grünen ausgehe.
Zum Schluss folgte noch ein Umritt durch den Ort und die Teilnehmer und Besucher kamen zusammen und ließen sich im vertrauten Kreis Würstl und Getränke schmecken. Die betrübliche Witterung an diesem Tag konnte der guten Laune beim Leonhardiritt definitiv nichts anhaben.