Mehr Rente für eine bestimmte Gruppe: Plus von fast 500 Euro im Schnitt

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Die Zurechnungszeit gleicht EM- und Hinterbliebenenrentnern fehlende Beitragsjahre in der Rentenversicherung aus. So wirkt sie sich bedeutend auf die letztendliche Rentenhöhe aus.

München – Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, dem soll die sogenannte Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) helfen, trotz weniger Beitragsjahren in der Deutschen Rentenversicherung im Ruhestand abgesichert zu sein.

Damit die Rente für EM-Rentner wegen ihres vorzeitigen Ausscheidens aus dem Beruf und damit weniger Beitragsjahren in der Rentenversicherung nicht zu gering ausfällt, spielt bei der EM-Rente auch die sogenannte Zurechnungszeit (ZZ) als Faktor zur Berechnung der letztendlichen Rentenhöhe eine wichtige Rolle. Worum aber handelt es sich dabei genau und wie wirkt es sich das aus? Und welche Gruppe erhält dabei mehr Rente bei einem Plus von fast 500 Euro im Durchschnitt?

Zurechnungszeit ersetzt fehlende Beitragsjahre beispielsweise für EM- und Hinterbliebenenrentner

Die Zurechnungszeit ist nicht nur für EM-Rentner wichtig, sondern auch für Hinter­bliebenen­rentner. Grundsätzlich gesprochen dient sie dazu, das Rentenalter auszugleichen, das die betroffene Personen aufgrund der Erwerbsminderung oder des Todes nicht erreichen konnte. Durch die Zurechnungszeit wird die Rente so berechnet, als hätte die versicherte Person bis zu einem bestimmten Alter weitergearbeitet und somit in die Rentenkasse eingezahlt, wie das Portal rentenbescheid24.de informiert.

EM- und Hinterbliebenenrentner kommen durch vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf theoretisch auf weniger Beitragsjahre. Um ihnen dennoch eine angemessene Rente zu ermöglichen, gibt es die Zurechnungszeit.
Rentner-Paar beim Spaziergang in einem Park (Symbolfoto) © IMAGO / Lobeca

Somit ist die Zurechnungszeit eine Art fiktiver Zeitspanne, die sich aber durchaus real auf die Höhe der letztendlichen Rente auswirkt. Wie aber geschieht das? Ganz einfach: Die Zurechnungszeit sorgt dafür, dass die Zeit zwischen dem Eintritt der Erwerbsminderung und der Regelaltersgrenze in dem Jahr, in dem die Erwerbsminderung begonnen hat, für die Rente mitgezählt wird. Die Zurechnungszeit bestimmt die Rentenhöhe, indem sie sich letztendlich auf die Entgeltpunkte auswirkt und diese erhöht.

Bei der Frage, wie viele Monate und Jahre EM-Rentnern nach Renteneintritt zugerechnet werden, gibt es aktuell noch bestimmte Obergrenzen. Ab dem Jahr 2031 soll die Zurechnungszeit dann bundesweit einheitlich bis zu Beginn des 67. Lebensjahres berücksichtigt werden. Die Obergrenze der Zurechnungszeit wird bis 2031 stetig angehoben: 2019 lag sie noch bei 65 Jahren und 8 Monaten, im laufenden Jahr bei 66 Jahren und einem Monat – 2028 dann bereits bei 66 Jahren und 6 Monaten.

So wirkt sich die Zurechnungszeit auf die letztendliche RV-Beitragszeit und damit auf die Rente aus

Für mehr Klarheit bei der Frage, wie sich die Zurechnungszeit bei EM- und Hinterbliebenenrentnern konkret auf die letztendliche Rentenhöhe auswirkt, bietet sich ein Beispiel an. Angenommen, ein Arbeitnehmer wird 2024 im Alter von 50 Jahren erwerbsunfähig und hat davor während eines dreißigjährigen Berufslebens jedes Jahr Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt. Laut aktueller Obergrenze wird dem Betroffenen der Zeitraum von seiner Arbeitsunfähigkeit an bis zum Alter von 66 Jahren und einem Monat als Zurechnungszeit gewährt. Dies entspricht 16 Jahren und einem Monat zusätzlicher Beitragszeit in der Deutschen Rentenversicherung. 

Die reguläre RV-Beitragszeit von 30 Jahren des Arbeitnehmers bis zu seiner Erwerbsminderung wird mit der zusätzlichen Zurechnungszeit, den besagten 16 Jahren und einem Monat – oder anders gesprochen 193 Monaten –, addiert. Daraus ergibt sich exemplarisch folgende Rechnung für die Beitragszeit, die bei der Festlegung der letztendlichen Rente eine gewichtige Rolle spielt:

Beispiel: Wirkung der Zurechnungszeit auf die letztendliche RV-Beitragszeit

30 Jahre + 16 Jahre + 1 Monat = ‍46 Jahre und ein Monat ‍

Dadurch erhöht sich die letztendliche Rente der betreffenden Person deutlich. Denn ohne Zurechnungszeit würde sie nur auf insgesamt 25 RV-Beitragsjahre kommen, die bei der letztendlichen Berechnung der Rentenhöhe berücksichtigt würden.

Zurechnungszeit wirkt sich gewichtig auf die Höhe von EM-Renten aus

Wie wichtig die Zurechnungszeit ist und wie sehr sie Rentengruppen wie EM- oder Hinterbliebenenrentnern zugutekommt, zeigten unlängst auch Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Wie das Informationsportal ihre-vorsorge.de ausgehend von Daten der DRV betreffend der Zurechnungszeit für das Kalenderjahr 2023 vermeldete, beruhten die in dem Jahr von der Rentenversicherung gezahlten insgesamt 1,76 Millionen EM-Renten im Schnitt auf einer Zurechnungszeit von etwa 12,6 Entgeltpunkten. 

Einen Entgeltpunkt auf dem Rentenkonto erwirbt ein Durchschnittsverdiener durch ein Jahr Zahlung von Rentenbeiträgen. Multipliziert mit dem Euro-Betrag, mit dem jeder Entgeltpunkt hinterlegt ist (derzeit 39,32 Euro) ergibt sich durch die Zurechnungszeit aktuell ein monatliches Plus bei den EM-Renten von fast 500 Euro brutto im Durchschnitt. Allerdings müssen fast alle Erwerbsgeminderten einen hohen Rentenabschlag in Kauf nehmen: Bei Neurentnerinnen und -rentnern waren es etwa 2022 im Schnitt mehr als 112 Euro. (fh)

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