Unglückliche Vierbeiner auf TikTok und Co.: Menschen verstehen Verhalten von Hunden oft falsch
Eine Studie über vermeintlich süße Hundevideos auf Social Media kommt zu einem beunruhigenden Ergebnis: Viele Menschen interpretieren das Verhalten von Hunden falsch.
Videos von süßen Katzen oder niedlichen Hunden werden in den sozialen Medien millionenfach geklickt. Zu putzig sind doch die Vierbeiner in ihren Kostümen, wie sie geherzt und geknuddelt werden. Doch das passiert oftmals ohne Rücksicht auf das Wohlbefinden der Tiere.
Wissenschaftler vom Cork Pet Behaviour Centre in Irland haben jetzt 190 Videos mit besonders vielen Likes auf den gängigen Social-Media-Plattformen analysiert – mit einem erschreckenden Ergebnis, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. „Die Tiere werden oft in kritische Situationen gebracht“, so das besorgniserregende Fazit der Studie laut dpa.
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Menschen auf Social Media missverstehen die Körpersprache von Hunden
Sie werden bedrängt und in ihren Bedürfnissen übergangen. Trotzdem lecken sich die Tiere das Maul, gähnen friedlich oder blinzeln, also ist doch alles in Ordnung. Nicht wirklich, mahnen Experten: All das sei laut dpa „keinesfalls ein Zeichen von Wohlbefinden.“ Denn mit diesen sogenannten Beschwichtigungssignalen zeigen Hunde, wenn sie sich unwohl fühlen – doch der Mensch missachtet diese Signale, versteht sie falsch oder kennt sie schlicht nicht.
Das betrifft jedoch nicht nur die Besitzer der Hunde, sondern auch die zahlreichen User, die sich diese Videos anschauen. „In vielen der in sozialen Medien präsentierten Videos fühle sich der Hund sichtlich nicht wohl, dennoch äußerten Zuschauer ein ‚Gefällt mir‘ mit ihrem Like“, fasst dpa die Studie des Forscherteams um Haustierverhaltens-Expertin Elizabeth Ann Walsh zusammen.

Doch die Missachtung der Körpersprache von Hunden bedeutet nicht nur Angst und Stress für die Tiere selbst, sondern kann auch für den Menschen ernstzunehmende Folgen haben. Fühlt sich das Tier durch das unüberlegte Verhalten des Menschen nämlich zu sehr bedrängt, kann es unter Umständen aggressiv reagieren.
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Ein typisches Beispiel für Handlungen gegen das Hundewohl ist das Umarmen und Festhalten der Tiere. Die Vierbeiner können ein solches Verhalten nicht einordnen und reagieren mit Angst und Verwirrung. Ihre Besitzer würden diese Reaktion jedoch kaum bis gar nicht wahrnehmen, so die Experten.
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Körpersprache von Hunden: Diese Signale deuten auf Unbehagen hin
An diesen Signalen können sowohl ihre Besitzer als auch die Social-Media-User den Wissenschaftlern zufolge erkennen, dass Hunde sich unwohl fühlen oder gestresst, ängstlich und nervös sind:
- Wegdrehen des Kopfes
- Blinzeln
- Erstarren
- Gähnen
- Ablecken des Menschen
- Zurücklegen der Ohren und Hecheln
Christoph May, Pressesprecher der Welttierschutzgesellschaft, nennt auf Anfrage von Landtiere.de weitere Beispiele, die in den Social-Media-Videos auf Stress und Unwohlsein von Hunden hindeuten:
- Nach hinten und zur Seite legen der Ohren
- Hecheln
- Ducken
- Stellung der Rute: „Das Senken oder Einklemmen des Schwanzes zwischen die Beine gilt bei den meisten Hunderassen als ein sehr deutlicher Ausdruck für ein negatives Grundgefühl“, so May.
Auf akustischem Weg verdeutlichen Hunde Unwohlsein und Einengung durch Knurren, sagt Christoph May: „Nachdem der Hund vorher schon verschiedene Signale an den Tag gelegt hat, aber die Bedrohung anhält, zeigen Hunde damit ihrem Gegenüber ganz eindeutig, dass ihnen die momentane Situation unangenehm ist und sie verzweifelt nach einer Möglichkeit suchen, Abstand zu gewinnen.“
Gleichzeitig finden viele Social-Media-Nutzer diese Signale häufig besonders niedlich oder amüsant. Das Lecken am Mund sei jedoch beispielsweise oft ein Zeichen von Unterwürfigkeit und nicht immer ein Zeichen von Liebe und Zuneigung, wie viele fälschlicherweise annehmen. Welche drei Fehler Sie im Umgang mit Hunden unbedingt vermeiden sollten, lesen Sie hier.
Was können Nutzer tun, wenn sie in den sozialen Medien Tierleid vorfinden?
Die Welttierschutzgesellschaft folgt einem klaren Motto, wenn es um die genannten Verhaltensweisen und die Darstellung von Tierleid in den sozialen Medien geht: „Keine Likes für Tierleid.“ Besser noch sei es, auf solche Beiträge gar nicht zu reagieren. Auch nicht durch Teilen oder Kommentieren. Doch hier müsse noch viel Informationsarbeit geleistet werden, so May. Um Tierleid in den sozialen Medien zu reduzieren, fordert er im Namen der Tierschutzorganisation „strengere Regelwerke auf nationaler wie internationaler Ebene aufzusetzen, die die Netzwerke in die Pflicht nehmen, Verantwortung für ihren großen Einfluss zu übernehmen.“
Ein Leitfaden zur Erkennung von Tierleid-Inhalten soll Nutzern dabei helfen, entsprechende Inhalte zu erkennen. Tierleid-Inhalte seien laut May im besten Fall konsequent an die Moderatoren der Netzwerke zu melden. Auch dafür hat die Welttierschutzgesellschaft einen Leitfaden für die jeweiligen Netzwerke erstellt.
Eine weitere Möglichkeit, um Hundeleid auf den sozialen Plattformen entgegenzuwirken, ist die Aufklärung der Menschen über die Vierbeiner und deren Körpersprache: „Wir plädieren für eine verstärkte Aufklärung sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern in Bezug auf die Kommunikation mit Hunden“, so die Forschergruppe im Fachjournal Applied Animal Behaviour Science, in dem die irische Studie veröffentlicht wurde.