Die letzten Abrams-Panzer der Ukraine legen sich wohl mit Putins Nordkoreanern an
Der Abrams tritt womöglich gegen Putins nordkoreanische Söldner an. Bisher hat die Waffe eine eher unglückliche Figur abgegeben, aber Nachschub kommt.
Kursk – „Das Maschinengewehr kann das Gesicht des Feindes nicht sehen“, schreibt Andrii Tsaplienko, den aktuell das Magazin Forbes zitiert. Der ukrainische Reporter berichtet über die Kämpfe bei Kursk, wo möglicherweise beide Parteien des Ukraine-Krieges ihre letzten Aufgebote gegeneinander werfen. Die Ukraine ihr verbliebenes Dutzend Abrams-Panzer und die Russen ihre Söldner aus Nordkorea; jedenfalls vermutet Forbes deren Aufeinandertreffen in Gefechten rund um Kursk.
Über den Grad des Engagements der russischen Hilfstruppen bestehen widersprüchliche Aussagen. Während vor einigen Tagen wohl das Weiße Haus und das Pentagon von vereinzelten nordkoreanischen Opfern in der umkämpften Region Kursk gesprochen hatten, berichtete Forbes von bis zu mehreren Hundert gefallenen Nordkoreanern während Gefechten bei Plekhovo. Laut dessen Autor David Axe hätten sich die Ukrainer einer fünffachen Übermacht entgegengestellt. Rund 500 Soldaten der 92. und 94. Spezialbrigade Nordkoreas hätten dort gekämpft. Auf bis zur Hälfte ihrer ursprünglichen Stärke beziffert der ukrainische Journalist Andriy Tsaplienko ihre Verluste, wie ihn Forbes zitiert.
Gefechte in Russland: Interpretationen des aktuellen Kampfverlaufs in Kursk sehr unterschiedlich.
Laut US-amerikanischen Informationen sollen die Truppen Kim Jong-uns an der Front überwiegend in Infanteriestellungen kämpfen; entweder zusammen mit russischen Einheiten und in manchen Fällen auch unabhängig voneinander, wie Forbes berichtet. Im Zuge dieser Kämpfe seien sie jetzt möglicherweise auf Panzer-Verbände der Ukraine gestoßen, mutmaßt das Magazin; die 47. Mechanisierte Brigade der ukrainischen Armee soll sich dort vor allem gegen russische Fallschirmjäger und Marine-Infanterie stemmen.
„Was die Abrams-Panzer betrifft, haben wir Abrams-Panzer in die Ukraine geschickt. Diese Abrams-Panzereinheiten sind tatsächlich geschwächt, weil sie für sie in diesem Kampf nicht das nützlichste Gerät sind.“
Die 47. Brigade ist mit M2A2 Bradley-Schützen- und M1A1-Abrams-Kampfpanzern ausgerüstet und insofern vermeintlich extrem kampfstark. Wie verschiedene Medien weltweit berichteten, hatte ein Bradley-Schützenpanzer dieser Einheit mit seiner Maschinenkanone einen T-90M Russlands vernichtet – jenen Kampfpanzer, den Russlands Diktator Wladimir Putin gern als „besten Panzer der Welt“ apostrophiert. Allerdings hat die Kompetenz der Einheit als Front-Feuerwehr zu ihrer physischen Auszehrung beigetragen.
Je nach Quelle sind die Interpretationen des aktuellen Kampfverlaufs in Kursk sehr unterschiedlich. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Ukraine Mühe hat, ihr rund 600 Quadratkilometer umfassendes erobertes Territorium zu halten – von einem Ausbau kann schon gar keine Rede sein. In den Gefechten rund um die kleine Ortschaft Plekhovo brüstet sich die Ukraine jetzt damit, einen Erfolg durch einen taktischen Rückzug errungen zu haben, indem sie die Ortschaft räumten, die Front hinter den Fluss Psel zurücknahmen und die russisch-nordkoreanischen Einheiten stumpf gegen diese natürlich Barriere anrennen ließ.
Ukraine-Krieg am Kipppunkt: Das russische Militär macht parallel zu Kursk stetige Fortschritte
An diesem Rand des rund 600 Kilometer großen Front-Vorsprungs ukrainischer Truppen in russisches Territorium hinein operiert, laut Forbes, das 11. Armeekorps Nordkoreas – dort soll die Phalanx nordkoreanischer Infanterie am helllichten Tag über offene Felder marschiert und „frontal auf eine Mauer ukrainischer Feuerkraft“ gestoßen sein, schreibt das Magazin. Der taktische Rückzug bei Plekhovo im Bezirk Kursk habe demnach eine acht Kilometer tiefe Delle in diesem Frontvorsprung verursacht. Der Hintergrund dieser Gefechte mag also möglicherweise weniger in der Stellung Plekhovo an sich gelegen haben, sondern sie war eher ein willkürliches Ziel, an dem sich die nordkoreanischen Truppen haben aufreiben sollen.
Die US-amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press (AP) zitiert Andrej Beloussow dahingehend, dass das russische Militär parallel zu den Kämpfen in Kursk in der Ukraine stetige Fortschritte mache; der russische Verteidigungsminister behauptet demnach, dieser Trend habe sich in jüngster Zeit sogar noch beschleunigt: Die russischen Streitkräfte eroberten täglich etwa 30 Quadratkilometer Territorium. Insofern habe der Einmarsch der Ukraine in die Region Kursk die Dynamik des Krieges nicht wesentlich verändert. Im vergangenen Jahr sei Russland, mit Ausnahme von Kursk, ständig in der Offensive gewesen und trotz schwerer Verluste immer tiefer in die ostukrainische Region Donezk eingedrungen, wie AP schreibt.
Die Abrams haben daran wenig ändern können – im modernen Drohnenkrieg werden sie aufgrund ihrer Masse und ihres hohen Aufbaus eine leichte Beute. Von den ursprünglich rund 30 Exemplaren ist lediglich ein letztes Drittel einsatzfähig; wie Military Watch im Oktober berichtete. Deswegen will Australien jetzt nachlegen: Die Ukraine soll 49 ausgemusterte M1A1 Abrams-Panzer geliefert bekommen, nachdem Australien den ersten von 120 leistungsfähigeren M1A2 Abrams aus den USA erhalten habe, wie das Magazin schreibt.
Verpuffte Schützenhilfe aus USA: Abrams-Panzer „in diesem Kampf nicht das nützlichste Gerät“
Australiens Verteidigungsminister Pat Conroy zitiert Military Watch damit, dass er der Ukraine dadurch „mehr Feuerkraft und Mobilität“ verspricht– was die US-amerikanischen Panzer ebenfalls hätten bieten sollen. Und letztendlich schuldig geblieben sind – was auch Military Watch kritisch sieht: Während die früheren M1A1 der Ukraine speziell für das Land gebaut worden seien, stünden die aus Australien gelieferten Panzer seit Jahrzehnten im Einsatz und würden als am Ende ihrer Lebensdauer angelangt gelten; was bedeutete, dass sie erheblich mehr Wartung benötigten, um einsatzfähig zu bleiben, so das Magazin.
Selbst in den USA macht sich die Erkenntnis breit, dass die Abrams-Panzer nie das gewesen sind, was den ukrainischen Soldaten versprochen worden war. Allerdings ist schon vor Monaten in den USA die Diskussion darüber entbrannt, warum die aus dem Irak-Krieg so hochgelobten Waffen in der Ukraine durchweg enttäuschten. „Was die Abrams-Panzer betrifft, haben wir Abrams-Panzer in die Ukraine geschickt. Diese Abrams-Panzereinheiten sind tatsächlich geschwächt, weil sie für sie in diesem Kampf nicht das nützlichste Gerät sind“, sagte kürzlich Jake Sullivan. Während eines nationalen Sicherheitsforums erklärte der Nationale Sicherheitsberater der Vereinigten Staaten, dass auch die eigenen Militärs die fehlende Effektivität ihrer Waffe auf dem bisher ungewohnten Terrain kritisierten.
Demgegenüber hatte noch Mitte des Jahres Mark Hertling die Waffe verteidigt. Im Magazin Defense Express hatte der ehemalige US-Generalleutnant „die Behauptungen ukrainischer Soldaten über die angeblich schlechte Leistung der Abrams-Panzer unter den Bedingungen im Feld in der Ukraine zurückgewiesen“, wie das Magazin schrieb. Im Defense Express betonte er, dass der M1 Abrams-Panzer speziell für den europäischen Einsatzort unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten entwickelt worden sein soll.
Komplexe Maschine: Problem der Ukraine ist die unzureichende Ausbildung der Besatzung
Die Klagen ukrainischer Soldaten über häufige technische Probleme der Waffe, habe er auf unzureichende Ausbildung der Besatzung und unsachgemäße Wartung zurückgeführt. Tatsächlich war über verschiedene westliche Waffen immer wieder geklagt worden, sie brächten weniger als die erhoffte Leistung. Selbst anfangs des Ukraine-Krieges hatten die Ukrainer die deutsche Panzer-Haubitze 2000 so sehr beansprucht, dass offensichtlich die Rohre schneller haben ausgetauscht werden mussten, als das in der Intention der Entwicklung-Ingenieure vorgesehen worden war.
Dabei hatte Luftwaffen-Brigadegeneral Pat Ryder, schon frühzeitig gewarnt vor möglichen Schwierigkeiten: „Ein Schlüsselaspekt der Ausbildung wird sicherlich die Aufrechterhaltung der Kampffähigkeit sein“, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. „Sie haben gehört, wie wir selbst auch diskutiert haben, dass die M-1 eine komplexe Maschine ist, die viel Wartung erfordert, um sie zu erhalten und gefechtstauglich zu machen.“
„Wenn man den Abrams mit anderen westlichen Panzern vergleicht, ist es einfach eine sehr schwierige Aufgabe – nicht für die Besatzung, sondern für diejenigen, die ihn unterstützen“, sagt Mark Hertling, der Veteran des Unternehmens „Desert Storm“ und des Irakkrieges und zeterte gegenüber dem Kiew Independent: „Würde es Sie überraschen, wenn ich Ihnen sagen würde, dass die wichtigste Einheit, die ich als Befehlshaber einer Panzerdivision hatte, keine Kampfwaffeneinheit war, sondern die Unterstützungsbrigade?“