TV-Kolumne - Eine CDU-Ansage bei „Hart aber fair“ trifft den Nagel auf den Kopf
Ich bin es leid. Die Welt ist in Aufruhr. Donald Trump rüttelt alle Bündnisse bis zu Unkenntlichkeit durch und schafft gezielt Verwirrung, um seine Verhandlungsposition zu verbessern. Wladimir Putin und Xi Jinping greifen mit allen Mitteln nach der globalen Macht.
Überall entstehen neue Krisen. Das Klima stellt eine lebensgefährliche Bedrohung dar. Die Wirtschaft läuft nicht. Die Infrastruktur ist kaputt. Der Rechtsruck nimmt in Deutschland zu. Und die deutsche Politik macht immer so weiter wie bisher. Statt staatspolitischer Verantwortung herrscht immer noch parteipolitisches Kleinklein. Es nervt.
„Hart aber fair“: Herbert Reul bekommt kräftig eins übergebraten
Bei „Hart aber fair“ bekommt Herbert Reul kräftig eins übergebraten, weil seine Parteifreunde Friedrich Merz und Markus Söder vor der Wahl vehement erklärt hatten, dass die Schuldenbremse bleibt. Jetzt ist die Wahl vorbei und SPD und Union wollen ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro auf zehn Jahre für die Infrastruktur und endlose Milliarden für die Verteidigung ausgeben.
Schuldenbremse ade. Die Kehrtwende begründet NRW-Innenminister Herbert Reul so: „Es gibt keine Verlässlichkeit mehr. Der Herr entscheidet mal so und mal so“. Der CDU-Mann meint damit Donald Trump. Anstatt einzugestehen, dass die Union vor der Wahl den Mund zu voll genommen hat, verweist Reul auf Trump. Wie peinlich.
Grüne wollen Gehör
Felix Banaszak wird bei „Hart aber fair“ zugeschaltet. Eigentlich war er für diesen Abend nicht vorgesehen. Nun aber darf der Bundesvorsitzende der Grünen sogar als erster Studiogast reden.

Für die Finanzpläne von SPD und Union werden die Grünen nämlich gebraucht, um die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zu erbringen. Doch die Grünen verweigerten sich jetzt. Zumindest erhöhen sie aktuell den Preis für ihre Zustimmung.
„Der Weg ist noch weit“, erklärt Banaszak und lächelt. Er spricht von Verschiebebahnhof und Etikettenschwindel und argumentiert, dass ein „Sondervermögen Infrastruktur“ geschaffen wird, um eigentlich andere Dinge zu finanzieren. „Wenn man die Stimmen der Grünen will, muss man sie schon anhören, was die Grünen wollen.“
Auch Linke wollen mitreden
Jan van Aken sitzt auch in der Runde. Auch die Linken haben eine parteipolitische Strategie. Sie haben Verfassungsklage eingereicht.
Der Linke-Parteivorsitzende erklärt: „Es geht nicht, dass man sagt, die Wahl passt uns nicht, wir nehmen noch mal den alten Bundestag.“ Jan van Aken wirft SPD und Union vor, dass man den Wählerwillen nicht berücksichtigen würde. Würde der am 23. Februar gewählte Bundestag über die Schuldenbremse entscheiden, wären auch die Linke notwendig, um eine Zwei-Drittel-Mehrheit zu erzielen.
Die Linke hätte also mehr Einfluss. Die Verfassungsklage ist allerdings wohl substanzlos. Verfassungsrechtler sind der Ansicht, dass der alte Bundestag bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags vollumfänglich beschlussfähig ist. Von einer Nichtbeachtung des Wählerwillens kann nicht die Rede sein.
Alles nur Schall und Rauch - und parteipolitische Gehabe. Offenbar haben es die Parteien immer noch nicht begriffen: Es geht um das große Ganze, nicht um die eine oder andere Partei.
„Alle müssen sich zusammenreißen“
Man mag mit Herbert Reul selten auf einer Linie sein, aber mit seinem Appell bei „Hart aber fair“ trifft er den Nagel auf den Kopf. „Alle müssen sich jetzt zusammenreißen. Wir haben doch genug gewartet und gesehen, wie die AfD immer stärker wird“, erklärt der NRW-Innenminister mit Blick auf die Verweigerungshaltung der Grünen.
Das „in der Politik übliche Pokerspiel“ müsse jetzt beendet werden. In NRW könne man schließlich mit den Grünen „hervorragend zusammenarbeiten“. Er könne zwar verstehen, dass die Grünen nach dem von der Union hart gegen sie geführten Wahlkampf „stinksauer“ sind, aber „wenn das jetzt nicht gut geht“, bekomme die AfD noch viel mehr Prozente.
Am Ende verlieren alle
Die bürgerlichen Parteien müssen schleunigst grundsätzlich umdenken. Bei all den parteipolitischen - und zugleich leicht durchschaubaren - Ränkespielen triumphieren nur die Rechtsextremen. Am Ende verlieren dann alle.
Die AfD muss dabei noch nicht mal so tun, als habe sie ein besseres Konzept, das bloße Abwarten und genüssliche Zerpflücken der Politik der Altparteien reicht völlig, um Wählerzuwächse zu generieren.