Der Präsident und der Sexualstraftäter: So nahe standen sich Trump und Epstein wirklich

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US-Präsident Donald Trump versucht, seine Verbindung zu Jeffrey Epstein kleinzureden. Kein Wunder, denn die Faktenlage ist verheerend. Die Chronologie einer brisanten Männerfreundschaft.

Washington, D.C. – Donald Trumps PR-Alptraum begann am 5. Juni 2025. Sein Streit mit Elon Musk über das Steuergesetz namens „big beautiful bill“ eskalierte, als der Milliardär auf X schrieb: „Donald Trump ist in den ‚Epstein Files‘“. Den Post hat Musk zwei Tage später zwar wieder gelöscht, doch der Schaden war schon angerichtet. Dieser kleine Stein brachte eine so große Lawine ins Rollen, dass am Ende sogar Trumps Präsidentschaft in Gefahr sein könnte. Doch weshalb sind die „Epstein Akten“ für Trump überhaupt so ein brisantes Politikum? Wir blicken zurück auf die jahrzehntelange Beziehung des zweimaligen US-Präsidenten mit dem verurteilten Sexualstraftäter.

Achtziger und Neunziger - Die frühen Jahre der Freundschaft Trump/Epstein

Die Beziehung zwischen Trump und Epstein reicht bis in die 1980er Jahre zurück. Jack O‘Donnell, ehemaliger Geschäftsführer des Trump Plaza Hotel and Casino in Atlantic City, beschrieb Epstein als Trumps besten Freund: „Meiner Meinung nach war [Epstein] während der vier Jahre, die ich dort verbracht habe, sein bester Freund“, erklärte O‘Donnell in einem CNN-Interview.

Ein besonders brisanter Vorfall ereignete sich laut O‘Donnell Ende der 1980er Jahre, als Trump und Epstein das Trump Plaza mit drei Frauen besuchten und diese trotz ihres Alters unter 21 Jahren auf die Casinofläche brachten. In den USA ist dies streng verboten und kann zum Entzug der Glücksspiel-Lizenz führen.

„Meiner Meinung nach war Epstein sein bester Freund.“

O‘Donnell berichtete, dass Inspektoren der staatlichen Casino-Kommission am nächsten Tag in seinem Büro warteten. Ein Inspektor, der sich als Tennisfan entpuppte, hatte eine der Frauen als „die Nummer Drei der Weltrangliste“ identifiziert und festgestellt: „Jack, ich weiß, dass sie erst 19 Jahre alt ist.“ Die Kommission gab Trump damals eine Verwarnung, O‘Donnell warnte ihn: „Ich glaube nicht, dass du dich mit diesem Kerl [Epstein] abgeben solltest, nur damit du es weißt, und du solltest das sicher nicht in Atlantic City tun.“

Ein weiterer dokumentierter Vorfall stammt aus dem Jahr 1995. Maria Farmer, eine ehemalige Angestellte Epsteins, berichtete von einer verstörenden Begegnung mit Trump in Epsteins Büro. Laut ihrer Aussage trug sie nur kurze Shorts und Trump starrte unentwegt auf ihre Beine, bis Epstein sagte: „Nein, nein, die ist nicht für dich hier.“ Farmer gab an, dass sie später aus dem Nebenzimmer gehört habe, dass Trump sie für minderjährig hielt.

Mann hält in Sitzungssaal Foto von Jeffrey Epstein und Donald Trump in der Hand
Zweimal recht freundlich: Dieses gemeinsame Bild mit Jeffrey Epstein (l.) würde Donald Trump wohl gerne verbannen. © IMAGO / MediaPunch

1993 - Trumps und Epsteins Privatparty

George Houraney hatte 1978 in Las Vegas den Model-Wettbewerb „American Dream Calendar Girls” ins Leben gerufen und war darüber mit Trump in Kontakt gekommen. Im Januar 1993, so erzählte es Houraney dem Guardian, bat Trump ihn darum, in Mar-a-Lago eine Party mit den aktuellen Finalistinnen des Wettbewerbs zu organisieren. Laut Trump sollten Vertreter von Modelagenturen und attraktive Sponsoren zu den Gästen der Party zählen. „Er ließ mich all diese Mädchen einfliegen und gab mir ein Budget von 30.000 Dollar für die Flugtickets und für Limousinen, um sie am Flughafen abzuholen”, so Houraney. „Die Mädchen waren aufgestylt und gingen davon aus, all diese VIPs zu treffen.”

Allerdings entdeckte Houraney auch nach einer Stunde nur einen einzigen Promi auf der Party: Jeffrey Epstein. „Ich meinte, ‚Donald, wo sind all die Männer? Was ist hier los?’ Und er sagte ‚Nun, das sind alle.’” An diesem Punkt realisierte Houraney nach eigener Aussage, dass es sich um eine Privatparty handelte, die Donald Trump für seinen Freund Jeffrey Epstein organisiert hatte.

1998 - Mar-a-Lago und Virginia Giuffre

Mar-a-Lago, Trumps Privatclub in Florida, spielte außerdem eine Schlüsselrolle bei den Vorwürfen gegen Epstein und seine Komplizin Ghislaine Maxwell.

Virginia Giuffre ist eines von vielen Opfern von Epsteins Missbrauchs-Ring. In einem Interview mit der BBC sagte sie aus, dass sie als Teenager an reiche und mächtige Männer „wie ein Obstteller herumgereicht“ wurde. Der erste Schritt zu diesem Martyrium begann laut ihrer Aussage 1998, als sie in Trumps Mar-a-Lago im Wellness-Bereich arbeitete.

Giuffre, die damals erst 16 Jahre alt war, berichtete, dass sie gerade ein Massage-Handbuch las, als sie von Ghislaine Maxwell angesprochen und eingeladen wurde, Epsteins reisende Masseuse zu werden. Sie sagte aus, die beiden hätten sie anschließend dazu gebracht, sexuelle Dienstleistungen für wohlhabende Männer zu erbringen.

Giuffre beschuldigte Epstein und Maxwell unter anderem, sie zum Sex mit Prinz Andrew von Großbritannien gezwungen zu haben. Dieser bestritt die Vorwürfe stets, trat aber 2019 von seinen königlichen Pflichten zurück. Ein weithin veröffentlichtes Foto zeigt Prinz Andrew mit seiner Hand um ihre Taille. Andrew sagte dazu stets aus, er könne sich an den Vorfall nicht erinnern.

Virginia Giuffre nahm sich im April 2025 das Leben.

2000er Jahre - Beste Freunde und eine pikante Geburtstagskarte

Die Beziehung zwischen Trump und Epstein war in den frühen 2000er Jahren schließlich auch öffentlich allgemein bekannt. In einem berühmt gewordenen Interview mit dem New York Magazine aus dem Jahr 2002 äußerte sich Trump lobend über Epstein: „Ich kenne Jeff schon seit 15 Jahren. Ein toller Kerl. Es macht viel Spaß, mit ihm zusammen zu sein. Es heißt sogar, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele von ihnen sind eher jung. Kein Zweifel - Jeffrey genießt sein Sozialleben.”

Im Jahr 2003 soll Ghislaine Maxwell für Jeffrey Epsteins 50. Geburtstag ein Album zusammengestellt haben, zu dem auch Donald Trump eine handgeschriebene Karte beitrug. Das enthüllte das Wall Street Journal am 17. Juli 2025. Die Karte enthält die Skizze einer nackten Frau, deren Schamhaare die Unterschrift „Donald“ ergeben. Der Text dazu endet mit den Worten „Happy Birthday - und möge jeder Tag ein weiteres wundervolles Geheimnis sein“.

„Es heißt sogar, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele von ihnen sind eher jung.“

Trump bestreitet vehement, der Urheber der Karte zu sein: „Ich habe noch nie in meinem Leben ein Bild geschrieben [Original-Wortwahl von Donald Trump]. Ich zeichne keine Bilder von Frauen. Das ist nicht meine Sprache. Das sind nicht meine Worte.“ In der Zwischenzeit sind jedoch mehrere weitere Zeichnungen aufgetaucht, die nachweislich von Donald Trump stammen und diese Aussage somit widerlegen.

2005 bis 2009 - Der Epstein-Skandal beginnt

Im März 2005 nahm die Polizei in Palm Beach, Florida, Ermittlungen gegen Epstein auf, nachdem die Familie eines 14-jährigen Mädchens gemeldet hatte, dass es in dessen Anwesen missbraucht worden sei. Mehrere minderjährige Mädchen, viele von ihnen Schülerinnen, erzählten der Polizei später, dass Epstein sie für sexuelle Massagen angeheuert hätte.

Im Mai 2006 reichten die Beamten der Polizei von Palm Beach Unterlagen bei Gericht ein, um Epstein wegen mehrfachen rechtswidrigen Geschlechtsverkehrs mit Minderjährigen anzuklagen. Der oberste Staatsanwalt des Bezirks, Barry Krischer, unternahm jedoch den ungewöhnlichen Schritt, den Fall an eine Grand Jury zu verweisen, die den Fall dann auf eine einzige Anklage wegen Anwerbung zur Prostitution reduzierte.

Demonstrierende halten Fotos von Epstein und Trump in die Luft. (Archivbild)
Trump steht auch im eigenen Lager unter Druck: Viele MAGA-Anhänger fordern volle Transparenz im Epstein-Skandal. © JOHN ANGELILLO/Imago

Die relativ geringfügige Anklage zog sofort Aufmerksamkeit von Kritikern auf sich, einschließlich der Polizeiführung von Palm Beach, die Krischer öffentlich angriff und ihn beschuldigte, Epstein eine Sonderbehandlung zu gewähren. Das FBI begann daraufhin eine Untersuchung.

2007 schließlich bereiteten Bundesstaatsanwälte eine Anklage gegen Epstein vor. Doch ein Jahr lang führten Epsteins Anwälte im Hintergrund Verhandlungen mit dem US-Staatsanwalt in Miami, Alexander Acosta, über eine gerichtliche Absprache, die es Epstein ermöglichen würde, einer Bundesverfolgung zu entgehen.

Im Juni 2008 schließlich bekannte sich Epstein schuldig in einem Fall der Anwerbung zur Prostitution und einem weiteren Fall der Anwerbung zur Prostitution von Personen unter 18 Jahren. Er wurde zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Im Rahmen der geheimen Vereinbarung stimmte die US-Staatsanwaltschaft zu, Epstein nicht auf Bundesebene strafrechtlich zu verfolgen. Er verbüßte den größten Teil seiner Strafe im offenen Vollzug und wurde im Juli 2009 aus dem Gefängnis entlassen.

Als Donald Trump 2017 seine erste Amtszeit als US-Präsident antrat, machte er Alexander Acosta – den Staatsanwalt, der Epstein mit der ungewöhnlich niedrigen Strafe bedachte – zum Arbeitsminister der Vereinigten Staaten.

2019 - Epsteins zweite Verhaftung und Tod

Im November 2018 griff der Miami Herald die Behandlung von Epsteins Fall in einer Artikelserie wieder auf, die sich unter anderem auf die Rolle von Acosta bei der Aushandlung des ungewöhnlichen Abkommens zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung konzentrierte. Die Berichterstattung ließ das öffentliche Interesse an dem Fall neu aufflammen.

„Ich kannte ihn lediglich so, wie ihn jeder in Palm Beach kannte."

Am 6. Juli 2019 wurde Epstein aufgrund von Vorwürfen des Sexhandels verhaftet, nachdem Bundesstaatsanwälte in New York zu dem Schluss gekommen waren, dass sie nicht an die Bedingungen des früheren Nicht-Verfolgungsabkommens gebunden waren. Tage später trat Acosta als Arbeitsminister zurück, inmitten öffentlicher Empörung über seine Rolle in der ursprünglichen Untersuchung.

Nach Epsteins zweiter Verhaftung distanzierte sich Trump öffentlich von ihm: „Ich kannte ihn lediglich so, wie ihn jeder in Palm Beach kannte”, sagte er damals im Oval Office. „Ich war kein Fan von ihm, das kann ich Ihnen sagen.”

Am 10. August 2019 fanden Wärter Epstein tot in seiner Zelle in einem Bundesgefängnis in New York City. Die Ermittler kamen zu dem Schluss, dass er sich selbst getötet habe.

Epsteins Komplizin Ghislaine Maxwell wurde im Juli 2020 verhaftet und am 29. Dezember 2021 wegen Verführung von Minderjährigen und Handel mit Kindern sowie wegen Rekrutierung Minderjähriger für sexuelle Handlungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt.

Ein Protestler hält ein Schild mit der Aufschrift: Was versteckt Trump in den Epstein-Akten? (Archivbild)
„Was verschweigt Trump über Epstein?“, fragen inzwischen sogar seine eigenen Anhänger. © IMAGO/Allison Bailey

Anders als von Donald Trump und den Republikanern oft dargestellt, fielen der zweite Epstein-Prozess und der Tod von Jeffrey Epstein sowie die Verhaftung von Ghislaine Maxwell somit in die erste Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident. Lediglich die Verurteilung Maxwells fand unter Trumps Nachfolger Biden statt.

2025 - Die Trump-Präsidentschaft und die Epstein-Kontroverse

Nach Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt im Jahr 2025 wurde die Epstein-Affäre erneut zu einem brisanten Thema. Trump und seine Regierung hatten während des Wahlkampfs 2024 wiederholt die Deklassifizierung und Freigabe der sogenannten „Epstein-Akten“ versprochen.

Jedoch vollzog die Regierung nach Amtsantritt plötzlich eine Kehrtwende. Präsident Trump, Generalstaatsanwältin Pam Bondi und FBI-Direktor Kash Patel ruderten in den letzten Wochen zurück. Justizministerium und FBI veröffentlichten ein gemeinsames Memo, das besagte, dass die Untersuchung von Epsteins Verbrechen und seinem anschließenden Tod im Gefängnis abgeschlossen sei. Die Untersuchung ergab demnach, dass Epstein unzweifelhaft Selbstmord begangen habe und dass Epsteins lang gemutmaßte „Kundenliste“ nicht existiere.

Offenbar hatte Trump dabei unterschätzt, welchen Stellenwert das Thema bei seiner Wählerbasis hat. Die MAGA-Bewegung will diese Erklärung zunächst nicht akzeptieren und vermutet nun bei der Regierung Trump genau die Vertuschung, die sie zuvor jahrelang der Regierung Biden unterstellte. Die jahrzehntelange Freundschaft mit Jeffrey Epstein wird rund sechs Jahre nach dem Tod des Sextäters damit zur existenziellen Bedrohung für den US-Präsidenten.

Diese Chronologie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie basiert auf der Faktenlage bis zum 22.07.2025 und enthält die aus Sicht der Redaktion relevantesten Informationen zur Beziehung zwischen Donald Trump und Jeffrey Epstein. Darüber hinaus sind noch zahlreiche zusätzliche Interaktionen zwischen Trump und Epstein in Bild, Ton und Zeugenaussagen dokumentiert, die jedoch keinen weiteren Erkenntnisgewinn über die Verstrickungen zwischen den beiden Männern liefern. Sollte sich die Faktenlage signifikant ändern, wird diese Chronologie entsprechend aktualisiert.

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