Zwischen Machtverlust und Neuorientierung: Das machen die Ampel-Spitzen jetzt

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Robert Habeck hat nun mehr Zeit für sich. Doch der Verlust an Macht schmerzt. Seine Zukunftspläne sind ungewiss, während er sich neu orientiert.

Berlin – Sie waren die führenden Köpfe der Ampel-Koalition: Olaf Scholz, Robert Habeck, Christian Lindner. Doch seit den Neuwahlen ist es leise um sie geworden. Sehr leise. Während die einen am liebsten weit weg von Berlin aktiv sind, sitzt der einstige Kanzler als einfacher Abgeordneter im Bundestag.

„Alles super“: Habeck spricht über das Ampel-Aus

Gerade hat Robert Habeck vor allem eines: Zeit. Zum Nachdenken, zum Lesen, keine 18-Stunden-Tage mehr. Jetzt kann der ehemalige Wirtschaftsminister mehr Wohlfühl-, weniger Pflichttermine wahrnehmen.

Vergangene Woche hat sich Habeck genau für so eine locker leichte Veranstaltung entschieden, um sein Bühnen-Debüt nach dem Ampel-Aus zu geben. Und in alter Habeck‘scher Manier stellte er sich auf dem Internationalen Philosophiefest in Köln Fragen über die ganz großen Themen. Demokratie, Klimakrise, globale Konflikte.

Als es aber gleich zu Beginn um die kleineren Dinge, um ihn als Person geht, reagiert der Grünenpolitiker schmallippig. Bei ihm sei gerade „alles super“ und überhaupt sei das Ampel-Ende nicht ganz so furios gewesen, wie vom Moderator behauptet. Immerhin „durfte ein Teil weitermachen“ – die SPD.

Habeck nach Ampel-Aus: Zeit für Philosophie und Wehmut

Was bei Habeck nicht nur unterschwellig mitschwingt, sondern ganz offensichtlich durchkommt, ist Wehmut. Dass er mit der neuen schwarz-roten Bundesregierung nicht mehr so viele und schon gar keine weitreichenden Entscheidungen trifft, ist für ihn „ein bisschen gewöhnungsbedürftig“, sagt der ehemalige Vizekanzler.

Und Politik sei nicht nur Last, oder nur Beruf, sondern „verbindet sich oder hat sich für mich eng mit der Person verbunden“, sagt Habeck. „Das war ich oder bin ich im gewissen Sinne.“ Im Klartext heißt das: Habeck kämpft mit seinem Machtverlust, gibt sich nicht zufrieden mit seiner Position als einfacher Abgeordneter – in der Opposition.

Das macht er schon nach der Neuwahl deutlich, bei der die Grünen mit 11,6 Prozent nur auf Platz vier landeten. Erst durch eine Petition mit über 400 000 Unterschriften lässt er sich überreden, sein gewonnenes Bundestagsmandat auch anzunehmen. Groß politisch aktiv war er seither trotzdem nicht. Keine Rede im Bundestag, keine Termine in seinem Wahlkreis Flensburg-Schleswig auf seiner Webseite. Stattdessen plant er als Gastprofessor im Ausland zu lehren, in Dänemark, vielleicht an einer Elite-Uni in den USA. Was mit seinem Mandat passiert: unklar.

Baerbocks UN-Aufstieg: Kritik an Nominierung

Habecks einstige grüne Ministerkollegin hat sich bereits ins Ausland, nach New York verabschiedet. Annalena Baerbock ist zur neuen Präsidentin der UN-Vollversammlung gewählt worden.

Die Nominierung sorgte für Kritik, weil eigentlich die Münchner Spitzendiplomatin Helga Schmid als gesetzt für diesen Posten galt. Zum 1. Juli schied die ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock aus dem Bundestag aus. „Bis bald von den Vereinten Nationen!“, sagt sie in einem Abschiedsvideo nach zwölf Jahren als Bundestagsabgeordnete.

Scholz und die neue Realität – ein Abgeordneter

Olaf Scholz hat sich wohl noch nicht ganz an seinen neuen Job gewöhnt. Auf seinem Profil auf dem Sozialen Netzwerk X steht zwar als erste Beschreibung „Bundestagsabgeordneter“, allerdings ist dort auch noch das extra Bundeskanzler-Profil angegeben. Nur leider bespielt das mittlerweile sein Nachfolger Friedrich Merz (CDU). Statt auf Weltpolitik fokussiert sich Scholz auf seinen Wahlkreis in Potsdam.

In der neuen Bundesregierung spielt der einstige Kanzler keine Rolle mehr. Das hatte er im Wahlkampf ausdrücklich ausgeschlossen. Und auch in seiner SPD hat sich Scholz praktisch auf das Abstellgleis manövriert. Immerhin will er nicht mit Provokationen auffallen, versprach er kürzlich beim SPD-Parteitag. Er gelobte dort sogar bei der Aufarbeitung des historisch schlechten Wahlergebnisses (16,4 Prozent) mitzuhelfen. Fast schon symbolisch bekommt Scholz zum Abschied seiner kurzen Kanzler-Ära ein Bild der Berliner Künstlerin Inge Schmidt. Der Titel: Berlin.

Die einstigen Shootingstars der Ampel-Koalition (hier 2021) kehren der Politik den Rücken: Christian Lindner (v. l.), Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck.
Die einstigen Shootingstars der Ampel-Koalition (hier 2021) kehren der Politik den Rücken: Christian Lindner (v. l.), Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck. © TOBIAS SCHWARZ

Lindners neuer Lebensabschnitt: Vater und Autor

Vollkommen verabschiedet aus dem politischen Berlin hat sich hingegen Christian Lindner. Der einstige Finanzminister und FDP-Chef kündigte noch am Wahlabend seinen Rückzug an.

Seine FDP befindet sich seither in der Selbstfindungsphase. Der neue Chef Christian Dürr versucht die Liberalen gerade auf Kurs zu bringen. Lindner aber hat schon neue Tätigkeiten – als frisch gebackener Vater und angemeldeter Autor und Redner.

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