Plötzlicher Herzstillstand trifft 370 Menschen pro Tag – so reagieren Sie richtig

136.000 Menschen in Deutschland haben 2024 außerhalb eines Krankenhauses einen Herzstillstand erlitten. Das entspricht im Schnitt 370 Menschen pro Tag, wie der neue außerklinische Jahresbericht des Deutschen Reanimationsregisters zeigt. Dieses hatte Datensätze von 198 Rettungsdiensten in Deutschland untersucht, die eine Bevölkerung von circa 42 Millionen Einwohnern repräsentieren. 

Demnach musste der Rettungsdienst bei etwa der Hälfte aller Herzstillstände Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten. Knapp zwei Drittel der Reanimationsversuche erfolgten an Männern, mehr als ein Drittel an Frauen. Durchschnittlich waren die Betroffenen 69,5 Jahre alt. 30 Prozent von ihnen hatten keine oder nur leichte Vorerkrankungen. 

Zahl der Ersthelfer, die Wiederbelebungsmaßnahmen ergreifen, steigt

Am häufigsten war ein kardiales Ereignis (55 Prozent) wie zum Beispiel ein Herzinfarkt der Auslöser, in 15 Prozent eine Störung der Atmung durch zum Beispiel Verschlucken oder Asthma. Ein Drittel der Patienten erreichte das Krankenhaus mit Rückkehr des Spontankreislaufs. Das bedeutet, dass der Herzrhythmus wieder hergestellt wurde.

Darüber hinaus stieg der Anteil der Ersthelfer, die Reanimationen durchführten von 50 Prozent im Vorjahr auf 52 Prozent. Zudem setzten sie häufiger einen Defibrillator ein, noch bevor der Rettungsdienst eintraf. Das war bei 529 Patienten der Fall.

"Diese Entwicklung ist ermutigend und zeigt, dass die langjährigen Anstrengungen in der Bevölkerung Wirkung zeigen", sagt Matthias Fischer, Mitglied im Organisationskomitee des Deutschen Reanimationsregisters in einer Pressemitteilung. "Dennoch ist hier noch deutlich Luft nach oben."

Doch woran erkennen Laien einen Herz-Kreislauf-Stillstand bei Betroffenen und wie gelingt die Wiederbelebung?

Über Christoph Nitsche

Dr. Christoph Nitsche ist Facharzt für Innere Medizin und Notfallmedizin. Seine Facharztausbildung absolvierte er am Marienhospital Euskirchen mit Schwerpunkt in der Kardiologie und Notfallmedizin. Nach mehreren Jahren klinischer Tätigkeit wechselte er in den hausärztlichen Bereich. Seit 2024 ist er in Meckenheim-Merl niedergelassen und führt dort gemeinsam mit einem Kollegen die "Praxis am Dorfplatz". Zudem ist Nitsche weiterhin als Notarzt im Rettungsdienst aktiv.

Wie sich ein Herz-Kreislauf-Stillstand äußert

Ein Herz-Kreislauf-Stillstand tritt ein, wenn das Herz plötzlich aufhört zu schlagen und der Blutkreislauf zusammenbricht. Dadurch wird das Gehirn sowie andere lebenswichtige Organe nicht mehr mit Sauerstoff versorgt, was eine unmittelbare Lebensgefahr darstellt. Ohne schnelle Hilfe können innerhalb weniger Minuten irreversible Schäden entstehen. Das sind die Erkennungszeichen eines Herz-Kreislauf-Stillstands: 

  1. Bewusstlosigkeit: Die betroffene Person reagiert weder auf Ansprechen noch auf Rütteln.
  2. Keine normale Atmung: Es sind keine Atemzüge erkennbar oder es tritt nur eine sogenannte Schnappatmung auf.
  3. Kein Puls spürbar: Für Laien ist es jedoch ausreichend, sich auf die Überprüfung von Atmung und Bewusstsein zu konzentrieren. In einer solchen Situation zählt jede Sekunde. Rufen Sie sofort den Notruf unter 112 an und beginnen Sie unverzüglich mit Herzdruckmassagen, um die Blutzirkulation manuell aufrechtzuerhalten, bis professionelle Hilfe eintrifft.

Was Sie tun sollten, wenn eine Person einen Herzstillstand erleidet

Bei Verdacht auf einen Herz-Kreislauf-Stillstand ist schnelles und entschlossenes Handeln entscheidend, um das Leben der betroffenen Person zu retten. Folgen Sie diesen drei Schritten:

  1. Prüfen: Überprüfen Sie zunächst, ob die Person ansprechbar ist. Rütteln Sie sie vorsichtig an den Schultern und sprechen Sie sie laut an. Kontrollieren Sie anschließend, ob sie normal atmet. Eine fehlende oder unregelmäßige Atmung kann ein Hinweis auf einen Herz-Kreislauf-Stillstand sein.
  2. Rufen: Alarmieren Sie sofort den Notruf unter der Nummer 112 und schildern Sie die Situation so präzise wie möglich. Bitten Sie um Hilfe von Umstehenden, falls verfügbar, um Unterstützung bei den weiteren Maßnahmen zu erhalten.
  3. Drücken: Beginnen Sie unverzüglich mit einer Herzdruckmassage, um die Durchblutung des Körpers aufrechtzuerhalten. Hierbei werden beide Hände übereinander auf die Mitte des Brustkorbs gelegt. Es ist entscheidend, kräftig und schnell zu drücken, wobei eine Drucktiefe von etwa fünf bis sechs Zentimeter erreicht werden sollte. Der richtige Rhythmus liegt bei 100 bis 120 Kompressionen pro Minute, was dem Takt des Liedes "Stayin’ Alive" entspricht und als hilfreiche Orientierung dienen kann.

Setzen Sie die Herzdruckmassage ohne Unterbrechung fort, bis professionelle Helfer eintreffen oder der Betroffene wieder normal zu atmen beginnt. Diese Schritte können entscheidend sein, um die Überlebenschancen der betroffenen Person zu erhöhen. Zögern Sie nicht, aktiv zu werden – jede Sekunde zählt!

Angst vor Fehlern bei der Wiederbelebung

Das Wichtigste vorweg: Der größte Fehler ist, gar nichts zu tun. Jede Form von Hilfe ist besser als keine, und selbst ein unperfekter Versuch kann Leben retten. Bei der Wiederbelebung gibt es einige Grundsätze, die Ihnen Orientierung geben: Drücken Sie lieber zu schwach oder zu langsam, als gar nicht zu drücken. Die Herzdruckmassage sorgt dafür, dass das Blut weiterhin durch den Körper gepumpt wird – auch wenn sie nicht perfekt ausgeführt wird, kann sie entscheidend sein. 

Sollten dabei Rippen brechen, ist das kein Grund zur Sorge. Ein gebrochener Knochen heilt; wichtiger ist, dass der Blutfluss zum Herzen und Gehirn aufrechterhalten wird. Falls Sie unsicher bei der Beatmung sind oder sich nicht trauen, diese durchzuführen, konzentrieren Sie sich ausschließlich auf die Herzdruckmassage. 

Studien zeigen, dass allein das Drücken bereits die Überlebenschancen deutlich erhöht. Zusammengefasst: Jeder Versuch zählt. Ihre Hilfe kann den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen – auch wenn sie nicht perfekt ist.

Erste-Hilfe-Kurse auffrischen, um auf den Notfall vorbereitet zu sein

Eine gute Vorbereitung auf Notfallsituationen basiert auf Wissen und Übung. Der erste Schritt ist, regelmäßig einen Erste-Hilfe-Kurs aufzufrischen – idealerweise alle zwei bis drei Jahre. Diese Kurse vermitteln nicht nur die grundlegenden Maßnahmen, sondern geben auch die Möglichkeit, lebensrettende Handgriffe praktisch zu üben. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Wissen über den Notruf 112. Im Ernstfall sollte man klar und präzise Angaben machen können: den genauen Ort des Geschehens, die Art des Notfalls und die Anzahl der betroffenen Personen. Diese Informationen sind entscheidend für eine schnelle und effektive Hilfe. 

Zusätzlich kann eine Erste-Hilfe-App auf dem Smartphone nützlich sein. Apps von Organisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) oder dem Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) bieten praktische Anleitungen für verschiedene Notfallsituationen. Eine gründliche Vorbereitung gibt nicht nur Sicherheit, sondern kann im Ernstfall Leben retten. Zögern Sie also nicht, sich mit diesen Maßnahmen vertraut zu machen – es könnte entscheidend sein.

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.