„Fast das Doppelte“: Preisexplosion am Gardasee – Italien immer teurer

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Familienessen für 120 Euro, teure Stellplätze: Immer weniger Deutsche können sich den Urlaub am Gardasee leisten, die lokale Wirtschaft leidet.

Lazise – Für viele deutsche Familien war der Gardasee jahrelang das Sehnsuchtsziel für Sonne, Pizza und Dolce Vita. Doch das Bild hat sich geändert: Immer mehr Urlauber klagen über massiv gestiegene Preise, Hoteliers und Händler über ausbleibende Gäste. Im Sommer 2025 ist die Stimmung am größten italienischen See so gedämpft wie lange nicht mehr.

Touristen liegen am Strand des Gardasees
Für einen Urlaub am Gardasee muss man tief in die Tasche greifen. © Michael Bihlmayer/IMAGO

Pizza, Pommes, Stellplatz: Eine Familie legt ihre Gardasee-Ausgaben offen

Eine deutsche Familie, die seit Jahren auf einem Campingplatz in Lazise Urlaub mache, rechnet bei focus.de vor: Schon ein ganz normales Abendessen mit Pizza, Pommes, Cola für die Kinder sowie alkoholischen Getränken für die Erwachsenen könne schnell bei 120 Euro landen. Ein stolzer Preis im Vergleich zur Heimat Augsburg, wo die Familie für 80 Euro speise. Diese Erfahrung deckt sich mit den Beobachtungen von Virginia Torre, Präsidentin des Hotelverbands von Lazise. Als vierköpfige Familie zahle man für die Verpflegung heute „fast doppelt so viel“ wie noch vor ein paar Jahren, erklärt sie im Corriere del Veneto.

Auch die Kosten für Stellplätze seien deutlich gestiegen. Nach Angaben von focus.de hätten sie sich innerhalb von zehn Jahren von 500 auf 1.600 Euro verteuert – eine Entwicklung, die für viele Camper kaum noch zu stemmen se.i Die Folge: Familien passten ihr Verhalten an, gingen seltener essen und kochten häufiger selbst. Oft bleibe es bei einem Restaurantbesuch pro Woche, um das Urlaubsbudget nicht zu überziehen.

Die Preisexplosion wirke sich inzwischen auch spürbar auf die Nachfrage aus. Giovanni Bernini, Präsident von Asso Camping, dem Verband der Campingplätze an der venetischen Küste des Gardasees, erklärte dem Corriere del Veneto: Bis zur ersten Julihälfte habe es bereits „einen leichten Rückgang der Buchungen“ gegeben. Zwar sei im Anschluss eine kurze Erholung eingetreten, doch in den letzten Augusttagen rechne man wieder mit weniger Gästen.

Immer mehr Hotelzimmer bleiben frei – besonders Deutsche fehlen am Gardasee

Selbst in der Hochsaison berichten Hoteliers von ungewöhnlich vielen freien Betten. Auslastungen von nur 70 bis 80 Prozent seien laut Virginia Torre heute keine Seltenheit mehr. Zwar komme weiterhin ein fester Stamm an treuen Urlaubern, doch spontane Last-Minute-Buchungen seien spürbar zurückgegangen.

Auch Fabio Pasqualini, Präsident des Handelsverbands Confcommercio Bardolino und selbst Inhaber mehrerer Betriebe am Gardasee, bestätigt die Entwicklung. Vor allem deutsche und italienische Gäste blieben aus. Stattdessen reisten zunehmend Touristen aus Nordeuropa an den See.

Doch dieser Wandel habe Schattenseiten – denn die nordeuropäischen Besucher verhielten sich anders als das langjährige Hauptpublikum. Sie seien nicht „an den Lebensstil von uns Italienern oder Deutschen gewöhnt“, so Pasqualini. Anstatt durch die Geschäfte zu bummeln oder in Bars und Restaurants einen Aperitif zu genießen, zögen sie es vor, „vor allem auf Campingplätzen“ zu bleiben.

Inflation und Anreiseprobleme schrecken Italien-Urlauber ab

Der Ferienwohnungen- und Eisdielenbetreiber Pasqualini macht für den Besucher-Rückgang auch lange Anfahrtswege verantwortlich. „Früher dauerte die Fahrt aus Bayern fünf Stunden, jetzt brauchen sie sieben“, erklärt er im Corriere del Veneto mit Blick auf die Bauarbeiten und Staus auf der Brennerautobahn. Selbst Besitzer von Zweitwohnsitzen am See würden deshalb nicht mehr regelmäßig anreisen.

Laut focus.de seien Benzin, Diesel und Mautgebühren sowie öffentliche Verkehrsmittel wie Bus, Fähre oder Bahn um rund zehn Prozent teurer geworden. Auf der beliebten Gardesana-Straße seien Kolonnen von Autos mit deutschen Kennzeichen daher kaum noch zu sehen, so Pasqualini.

Der Unternehmer beklagt, dass der Gardasee für viele, insbesondere jüngere und Menschen im mittleren Alter, an Reiz verliere. „Man spricht weiterhin von ,Overtourism‘ und suggeriert, dass es überall zu viele Menschen gibt, aber in Wirklichkeit gibt es keinen Andrang“, betont er. Insgesamt rechne er mit einem Umsatzrückgang von 10 bis 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (jaka)

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