Druck auf Putin wird größer: Russlands Wirtschaft bereitet sich offenbar auf „Schock-Therapie“ vor
Russland versucht die hartnäckige Inflation einzudämmen. Prognosen über die Entwicklung der russischen Wirtschaft fallen weiterhin ernüchternd aus.
Moskau – Sie steigt und steigt: Die russische Zentralbank hat auf die hartnäckige Inflation bislang mit einer Anhebung des Leitzinses reagiert. Doch wird das langfristig Russlands Wirtschaft stabilisieren? Denn der Ukraine-Krieg wirkt sich auch massiv auf den Finanzsektor aus. Immer häufiger kursieren Prognosen über den Zustand der russischen Wirtschaft, die für Unruhe sorgen könnten.
Russlands Wirtschaft unter Druck: Zentralbank muss wegen hoher Inflation wohl Leitzins anheben
Bislang hat die russische Zentralbank den Leitzins von 16 Prozent nicht angetastet. Am Freitag, 26. Juli 2024, soll die russische Zentralbank laut Medienberichten auf einer Sitzung über den Leitzins beraten. „Der Markt ist jetzt schon bereit, den Leitzins von derzeit 16 Prozent auf 18 Prozent pro Jahr zu erhöhen“, wird Alexej Antonow von der Firma Alor Broker von russischen Medien, unter anderem von The Moscow Times, zitiert. Er selbst schließt laut The Moscow Times nicht aus, dass die Zentralbank zur Verlangsamung des Preiswachstums und der überhitzten Wirtschaft im Juli 2024 eine „Schock-Therapie“ erwägt.

Mit der Schätzung ist Antonow nicht alleine. Einer Reuters-Umfrage zufolge gaben drei Viertel von 28 befragten Analysten an, dass man mit einer Anhebung um 200 Basispunkte, also einer Anhebung auf 18 Prozent rechne. Alle 28 Analysten waren sich einig, dass die Zinserhöhung unvermeidlich ist. Nur vier Analysten sahen die Möglichkeit einer Anhebung um 100 Basispunkte.
Folgen des Ukraine-Kriegs machen sich bemerkbar: Hohe Inflation und Fachkräftemangel
Experten haben in der Vergangenheit häufiger eine strengere Geldpolitik gefordert. Grund dafür ist die hohe Inflation, die aktuell über dem Ziel der Regulierungsbehörden von vier Prozent liegt. Es gibt bislang keine offiziellen Angaben der Inflationsrate in Russland – Reuters zufolge liegt sie derzeit (Stand Juli 2024) bei 9,2 Prozent.
Die Inflation in Russland ist hauptsächlich durch die hohen Staatsausgaben für den Ukraine-Krieg gestiegen. Im Zuge der Umstellung auf eine Kriegswirtschaft kurbelte der russische Präsident Wladimir Putin die Militärausgaben auf ein Rekordniveau an. Ein Drittel des Etats will Russland im Jahr 2024 in sein Militär stecken. Weil die Staatsausgaben stiegen, konnte die russische Wirtschaft auch offiziell ein Wachstum verzeichnen. Wenn der Ukraine-Krieg jedoch zu einem permanenten Faktor wird, besteht das Risiko, dass Russlands Wirtschaft zum ewigen Krieg verdammt ist.
Experten sind sich einig, dass die Folgen der Kriegswirtschaft sich bemerkbar machen und Maßnahmen erforderlich sind, die Inflation zu zügeln. „Die russische Zentralbank muss eine härtere Gangart einlegen als bisher angenommen, um den Preisdruck in einer Wirtschaft zu zügeln, die durch einen boomenden Konsum und einen Mangel an Arbeitskräften gekennzeichnet ist“, so Bartosz Sawicki, Marktanalyst bei Conotoxia, gegenüber Newsweek.
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Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft bereiten Putin Sorge
Zudem erschweren die Sanktionen Putin vor allem mit chinesischen Finanzinstituten die Geschäfte fortzuführen. Unter Androhung von Sekundärsanktionen haben chinesische Banken den Zahlungsverkehr mit Russland eingeschränkt und die Annahme von Yuan-Zahlungen aus Russland gestoppt.
Experten hatten bereits erste Anzeichen eines wirtschaftlichen Niedergangs in Russland festgestellt. Auch im Umfeld des Kremls wächst die Sorge. Besonders dramatische Töne kamen von Wladimir Tschistjuchin, stellvertretender Vorsitz der russischen Zentralbank. Er warnte vor einem „Ruin“ der russischen Wirtschaft. Schon länger warnen Experten vor einer negativen Entwicklung von Russlands Wirtschaft. Bereits im Jahr 2023 schrieb er in Russland ausgebildete Ökonom Vladislav Inosemzew in der französischen Zeitschrift Politique Etrangère, die russische Wirtschaft habe keine Chance, sich in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln. (bohy)