Schafroth überrascht mit Herangehensweise: Kritik zur Nockherberg-Predigt

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12.03.2025, Bayern, München: Maximilian Schafroth, Schauspieler und Kabarettist, hält beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg die Fastenpredigt. Mit dem traditionellen Verspotten, dem „Derblecken“ von Politikern am Münchner Nockherberg, wird traditionell die Starkbier-Saison in Bayern eröffnet. Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Fastenpredigt in der Mönchskutte: Maxi Schafroth teilt gegen die Politik-Promis aus. © Sven Hoppe/dpa

Maxi Schafroth überrascht auf dem Nockherberg mit Härte: Der Fastenprediger beginnt seine Rede als Mönch. Doch auch als er die Kutte abgelegt hat, schwingt er die verbale Geißel gegen Markus Söder.

München – Mancher Politiker mag zu Beginn dieser Salvatorprobe ein stummes Stoßgebet zum Himmel schicken: Um Gottes willen, bitte nicht Bruder Barnabas! Zu lebhaft ist Michael Lerchenberg in Erinnerung, der 2010 in seiner Rolle als messerscharf moralisierender Mönch für einen Skandal sorgte (er ließ in seiner Rede den damaligen FDP-Chef Guido Westerwelle durch die Lande ziehen und Hartz-IV-Empfänger in Lager sperren). Und nun das: Auch Maxi Schafroth entert die Bühne in Kutte. Ein kalkulierter Schockeffekt des Fastenredners: Die Zeiten verlangen nach einer Predigt, die trifft wie die Geißel Gottes.

So legt der 40-Jährige auch los: „Sehnt Ihr Euch nach einem strengen Fastenprediger?“ So müsse es doch sein, schließlich predigten Friedrich Merz und Markus Söder selbst Pech und Schwefel und deaktivierten ihren Hate-Speech-Filter gegen den politischen Mitbewerber. Er selbst habe sich ja von der Paulaner-Bühne zurückziehen wollen, in einen Allgäuer Schweigeorden. Aber: „Wir haben uns durch Eure Wahlkampfreden im klösterlichen Fernsehraum radikalisiert.“ Darum nun: „Erlösung durch Schmerz!“ Der Chor lässt die Ratschen knattern – und singt „Aug um Aug“ zur Melodie „Hell‘s Bells“ von AC/DC.

Kritik zu Schafroths Nockherberg-Fastenpredigt: Am Ende wird's nicht ganz so ernst

Kann das gut gehen? Schafroths Auftritte sind ja vor allem deshalb so wirksam, weil er als Bauernbub vermeintlich CSU-Stallgeruch verströmt. Ein lockig-grinsender Frischling mit Theologie-Studenten-Charme. Aber als Inquisitor? Am Ende wird’s nicht so ganz so ernst, Schafroth bekommt bald kalte Füße und schlüpft aus der Kutte. „Ich krieg Angst vorm Angstmachen.“

Darum geht es heuer nämlich: Um die Angst, die wir alle in diesen unsicheren Zeiten haben, und um die Angst, die – so unterstellt es Schafroth – Politiker im Turbo-Wahlkampf nach dem Ampel-Aus ganz gezielt schüren, um zu polarisieren. „Wie schafft Ihr das, diesen harten Ton durchzuziehen? Diese eindimensionale, banale Boshaftigkeit? Das muss man spielen können, Respekt.“ Nicht nur in diesem Moment hat man das Gefühl, er habe die Kutte doch nicht ausgezogen.

Markus Söder im Fokus des Predigers

Zu spüren bekommt es natürlich am meisten der Ministerpräsident: Politik ohne Umweg übers Hirn, direkt ins Bauchgefühl, attestiert ihm der Prediger: „Baue Deine eigenen Feinde und präsentiere Dich als Erlöser eines selbst geschaffenen Problems. Und der Markus hat selbst geschaffene Probleme en masse. Atomausstieg. Wehrpflicht abgeschafft. Netzausbau versemmelt.“ Stattdessen sei er „mit der populistischen Piccoloflöte“ losgezogen und habe die Grünen als Leibhaftigen hingestellt. Dabei treibe er Keile in die Gesellschaft. Schafroth ruft dem Landesvater ins zunehmend genervte Gesicht: „Markus, Angst wird nicht kleiner, wenn man sie teilt. Ich träum schlecht nach deinen Reden!“

Gelassen sitzt Markus Söder in der ersten Reihe. Gegenüber: Landtagspräsidentin Ilse Aigner.
Lässig steckt Markus Söder die Watschn weg. Gegenüber: Landtagspräsidentin Ilse Aigner. © ABR-Pictures/W.Breiteneicher

Die Grünen trifft vergleichsweise nur eine Stecknadel in den Hintern. Stichwort Energiewende: „Mit dem E-Auto muss man sachte anfahren. Sonst wird’s de Leut schlecht. Der ländliche Raum saß ja schon auf dem grünen Maiwagen, hat glutenfreies Bier getrunken, gedacht, er geht ja eigentlich mit den Grünen – und dann kuppelt der Habeck vorn seinen Cybertruck hin und drückt aufs Gas, dass den Leuten das Kotzen kommt.“

Hubert Aiwanger als Nockherberg-Verlierer?

Das bayerische Kabinett rückt in der Watschn-Ordnung merklich nach hinten: Michaela Kanibers biederen Podcast, den Skandal um gedemütigte Insassen im Gefängnis von Gablingen (Georg Eisenreichs Verantwortungsbereich), Anna Stolz’ fruchtloses Buhlen um Lehrkräfte – all das streift Schafroth nur. Schuld an der blassen Ministerriege sei eh die sogenannte „Södersche Strahlkraft-Deckelung“.

Wenn man den Maßstab des Nockherberg – viel Schelte, viel Ehr – anlegt, dann ist der Verlierer heute Abend Hubert Aiwanger. Dem serviert der Prediger nur ein paar kurze Gerade: „Ich will auch die guten Dinge ansprechen. Der Hubert hat sein rechtspopulistisches Geschwätz unter Kontrolle gebracht, einigermaßen.“ Bayern-SPD-Chef Holger Grießhammer spendiert er als Randgruppe einen knappen Absatz seiner Rede. Und der AfD spricht er gleich die Nockherberg-Fähigkeit ab: „Wir sagen: Wer nicht hier drin ist, hat auch keine Gelegenheit, medienwirksam rauszugehen.“ Hier erntet er den lautesten Applaus.

Team Tatort: Die TV-Kommissare Ferdinand Hofer (li.) und Udo Wachtveitl.
Team Tatort: Die TV-Kommissare Ferdinand Hofer (li.) und Udo Wachtveitl. © ABR-Pictures/W.Breiteneicher

Für Söder gibt es nicht viele Verschnaufpausen. Selbst eine vermeintliche Ohrfeige für die Grünen landet wieder auf seiner Backe: „Ich möchte Euch im Namen von Markus Söder danken, dass Ihr so gute Arbeit geleistet habt, als Feindbild. Da ist er über sich hinausgewachsen, wie früher im Freibad: Und er dachte, genau so kann man Politik machen. Sich oben halten, indem man andere untertaucht.“ Wenn Landtagspräsidentin Ilse Aigner Ordnungsgelder für Stillosigkeit im Wahlkampf verhängen könnte, „dann bräuchte der Markus noch ein Sondervermögen“. Und allen, die sich jetzt womöglich die gute alte Zeit zurückwünschen, reibt Schafroth genüsslich Zitate aus Predigten der 80er-Jahre hin: „Sehr geehrte Verbrecher, Verleumder, Lügnerinnen und Lügner, Stümper und Dilettanten, Brunnenvergifter, Brandstifter. Ach, wenn man das doch heut noch sagen dürft.“

Schafroths Fastenpredigt auf dem Nockherberg: Themenwust und manche Längen

Es war wenig Zeit für den Prediger, seine Rede sorgfältig zu komponieren, das merkt man nicht nur ihrer zwischenzeitlichen Härte an, auch dem Themenwust und so manche Längen. Und doch trifft er bei vielen entscheidenden Stellen den richtigen Ton. Und er schließt versöhnlich: „Gebt einander ein Zeichen des Miteinanders und sagt ,Der Friede sei mit Dir‘.“ Schon ganz am Anfang lässt Maxi Schafroth sogar Selbstironie durchblicken: „Haben wir das Rad der Zeit zu schnell gedreht? Das beginnt mit der Frage, wer hier an diesem Pult steht. Die Leut wollen hier seit jeher einen fiesen, gwamperten Mönch, gesegnet mit dem altbairischen Dialekt – und was haben wir ihnen geboten? Einen laktoseintoleranten Allgäuer, der keine 60 Kilo auf die Waage bringt.“ Doch auch wenn er am Ende ergreifend zu Leonard Cohens „Hallelujah“ singt „Ich brauch Liebe“ – viele CSUler im Saal dürften sich nicht sicher sein, ob ihre Stoßgebete erhört wurden.

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