Der Rentenstreit zwischen Bundesregierung und Unionsabgeordneten wird zum offenen Machtkampf zwischen Jung und Alt. Auf der einen Seite stehen Kanzler Friedrich Merz und die Regierungsspitzen, die das Rentenpaket noch in diesem Jahr verabschieden wollen. Auf der anderen Seite formiert sich die junge Gruppe der CDU/CSU-Fraktion – Abgeordnete unter 35 Jahren, die meisten sitzen zum ersten Mal im Bundestag – die den Gesetzesentwurf für nicht zustimmungsfähig erklären.
Der Konflikt legt einen tiefgreifenden Generationenbruch offen: Es geht darum, wer die Lasten für ein Land mit einer stark alternden Bevölkerung tragen soll. Die Jungen sagen: Wir nicht. Jedenfalls nicht so.
Generationenkonflikt bei der Rente: Junge Abgeordnete fordern Fairness
Argumentationshilfe bekommen sie dabei durch den am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Rentenversicherungsbericht 2025. Er zeigt, wie teuer die angestrebte Stabilität wird: Die gesetzlichen Renten sollen bis 2039 um rund 47 Prozent steigen, im Schnitt um 2,8 Prozent pro Jahr. Es könnte sogar mehr werden: Für Juli 2026 ist bereits eine Anhebung um 3,7 Prozent prognostiziert.
Dadurch wächst der finanzielle Druck im System: Der Beitragssatz bleibt zwar bis 2027 stabil bei 18,6 Prozent, steigt aber laut Bericht anschließend auf 19,8 Prozent im Jahr 2028, auf 20,1 Prozent bis 2030 und weiter bis auf geschätzte 21,2 Prozent im Jahr 2039.
Belastung für Staatshaushalt und Rentenkasse steigt weiter
Das ist jedoch bei weitem nicht alles. Entscheidend ist der Blick auf den Staatshaushalt. Denn die gesetzliche Rente ist dort längst der größte einzelne Ausgabeposten. Bereits 2024 flossen 116,9 Milliarden Euro aus Steuermitteln in die Rentenkasse – bestehend aus dem allgemeinen Bundeszuschuss, dem zusätzlichen Bundeszuschuss sowie weiteren gesetzlich verankerten Ausgleichszahlungen.
In diesem Jahr steigt der Betrag auf rund 121,3 Milliarden Euro. Ein Viertel des gesamten Bundeshaushalts geht damit in die Alterssicherung. Und diese Summen schwellen weiter an, weil das Rentenpaket der Regierung festschreibt, dass das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 nicht unterschritten werden darf.
Junge Gruppe kritisiert einseitige Belastung der Generationen
Die dafür vorgesehenen Erstattungen des Bundes beginnen 2027 erst mit 100 Millionen Euro und klettern bis 2031 auf über zehn Milliarden jährlich. Weitere Milliarden würden hinzukommen, wenn nach 2031 das Rentenniveau vom neu festgeschriebenen statt vom alten Wert aus sinkt.
Genau diese Entwicklung kritisiert die junge Gruppe. Daniel Kölbl, CDU-Abgeordneter und einer der jungen Rentenrebellen, sagt auf Anfrage: „Der Entwurf ist so nicht zustimmungsfähig. Der Gesetzentwurf schlägt bei der Rente Pflöcke bis in die dreißiger Jahre ein. Das machen wir nicht mit, weil er die junge Generation einseitig belastet.“
Kompromissbereitschaft gegen Widerstand im Bundestag
Kölbl betont zwar, man wolle die Regierung nicht destabilisieren: „Wir haben alle das Interesse daran, dass die Koalition weiter besteht, sie ist zum Erfolg verdammt.“ Doch in seiner Argumentation wird klar, wie ernst der Konflikt inzwischen ist: Für die jungen Abgeordneten geht es nicht um Detailkorrekturen, sondern um die Frage, ob das Rentensystem fair zwischen den Generationen verteilt ist.
Die Regierungsspitzen verweisen dagegen auf Planbarkeit und soziale Sicherheit. Bundeskanzler Friedrich Merz zeigt sich überzeugt, dass „wir das gesamte Paket, so wie geplant, noch in diesem Jahr verabschieden werden“. Der Widerstand aus den eigenen Reihen macht die Abstimmung im Bundestag allerdings zum Hochrisikounternehmen.
Kompromiss möglich? "Wir werden eine Einigung finden.“
Kölbl fordert deshalb die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD auf, den Weg für eine „zustimmungsfähige“ Lösung freizumachen. Unterstützung durch die Jungen sei sicher – aber nur, wenn die Lasten des demografischen Wandels gerechter verteilt würden.
Kölbl bekräftigt die Kompromissbereitschaft seiner Gruppe und macht die Tür einen Spalt weit auf. „Das Leben geht weiter. Wir werden eine Einigung finden.“ Doch gleichzeitig macht er klar, dass die Zeit nicht das Problem sei: „Wenn wir die Einigung jetzt nicht finden, dann eben im nächsten Jahr. Auf ein paar Wochen kommt es jetzt nicht an.“ Dahinter steht ein Signal: Nicht Geschwindigkeit zählt, sondern Inhalte.
Rente als zentraler politischer Hebel
Der Streit zeigt, wie stark die Rente die politische Statik der Koalition prägt. Sie ist kein technisches Verwaltungsthema, sondern der größte Hebel im deutschen Sozialstaat – finanziell wie politisch.
Deshalb ist die Frage, wie viel Sicherheit für heutige Rentner erkauft wird und wer die Rechnung dafür bezahlt, längst nicht mehr nur ein Finanzierungsthema. Es ist der zentrale Konflikt einer Regierung, die Stabilität verspricht, aber im wichtigsten Haushaltsposten eine Belastungsspirale fortschreibt, die junge Abgeordnete nicht mehr mittragen wollen.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit "Business Punk".