Ein Eigentümer möchte im Geltinger Gewerbegebiet eine Flüchtlingsunterkunft für 260 Menschen bauen. Dieser neue Bauantrag sorgt in Geretsried für Unmut.
Geretsried - Die Diskussion um eine etwaige Unterkunft für Flüchtlinge im Gewerbegebiet im Geretsrieder Ortsteil Gelting hat eine Wendung genommen. Laut einem neuen Bauantrag plant ein Grundstücksbesitzer Containergebäude mit 260 Plätzen, wie Stadtbaurat Rainer Goldstein am Dienstag im Bau- und Umweltausschuss des Stadtrats berichtete. Der Sachverhalt sorgte für Unmut.
Unterkunft im Gewerbegebiet: Stadt klagte gegen Baugenehmigung
„Wir sind die Gelackmeierten im Landkreis“, echauffierte sich Bürgermeister Michael Müller. Derzeit versuche das Landratsamt „alles auf uns abzuwälzen“, so der Rathauschef mit Verweis auf das Vorhaben an der Blumenstraße. Dort ist eine weitere größere Unterkunft geplant. Das Verfahren läuft noch. An die Behörde in Bad Tölz gerichtet reklamierte Müller: „So geht‘s nicht.“
Das Bauvorhaben hat eine Vorgeschichte. Bislang lag der Plan auf dem Tisch, eine Containerunterkunft für 160 Flüchtlinge an der Neutraublinger Straße zu schaffen. Der Stadtrat hatte sein gemeindliches Einvernehmen im Herbst 2023 verweigert und eine Veränderungssperre beschlossen. Das Gremium argumentierte, dass Integration an dem Standort schwierig sei. Zudem möchte die Stadt das dortige Gewerbegebiet weiterentwickeln.
Asylbewerberzahlen sinken: Stadt hält große Unterkunft für unnötig
Das Landratsamt ersetzte das gemeindliche Einvernehmen und erteilte die Baugenehmigung. „Dagegen haben wir Klage eingereicht“, berichtete Rainer Goldstein. Vor dem Verwaltungsgericht hat die Stadt gewonnen. Der betroffene Eigentümer ging in Berufung. „Aus unserer Sicht ist die Baugenehmigung rechtswidrig“, gab sich der Stadtbaurat siegessicher. Doch bevor der Verwaltungsgerichtshof entschieden hat, wurde die Baugenehmigung auf Antrag des Bauherrn zurückgezogen. Das Thema war nur kurz erledigt.
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„Am 18. August flatterte uns das Ersuchen des Landratsamts auf gemeindliches Einvernehmen ins Haus für eine Unterkunft mit 260 Plätzen“, so Goldstein. Dass der Bauwerber mit den Containern für 160 Menschen scheiterte und es nun mit einer Einrichtung für 100 mehr an der selben Stelle versucht, nannte Bürgermeister Müller „unfassbar“ und „dreist“.
Laut Goldstein habe die Verwaltung in der sitzungsfreien Zeit aufbauend auf den alten Stadtratsbeschluss auch hierzu Nein gesagt. „Aus unserer Sicht ist der Bauantrag unvollständig.“ Zudem würden sich die Asylbewerberzahlen nach unten bewegen. Die Mittelschul-Turnhalle an der Adalbert-Stifter-Straße wurde als Unterkunft aufgelöst. Auch hat das Innenministerium die Aufnahmequote für Asylbewerber neu berechnet, nachdem es die Einwohnerzahlen von Bad Tölz-Wolfratshausen mit denen von Dachau verwechselt hatte, auf denen die Zahl basiert. Seither muss der Landkreis nur noch 2,7 statt bislang 3,2 Prozent aufnehmen (wir berichteten). Daran sehe man, dass kein dringender Bedarf mehr besteht, so der Stadtbaurat. „Wir sehen keine Notwendigkeit für solch große Einrichtungen.“
Behörde erklärt: Landkreis benötigt weitere Unterkünfte
Das Landratsamt widerspricht. „Es kommen nach wie vor Flüchtlinge in unser Land, derzeit vor allem aus der Ukraine“, sagt Pressesprecherin Marlis Peischer auf Nachfrage unserer Zeitung. Gleichzeitig habe der Landkreis seit Anfang August keine Asylbewerber mehr zugewiesen gekommen. Das liege möglicherweise an der derzeitigen Quotenerfüllung oder an insgesamt sinkenden Asylbewerberzahlen. „Beides sorgt aktuell zwar für Entspannung in der unmittelbaren Unterbringung, doch werden weiterhin dringend neue Unterkünfte benötigt, denn bestehende Verträge beziehungsweise Genehmigungen laufen aus und können beziehungsweise dürfen nicht verlängert werden“, so die Sprecherin. Als Beispiel nennt sie die große Unterkunft neben dem Landratsamt, deren Genehmigung 2026 ausläuft. Zudem gibt es die Anweisung aus der Staatsregierung, „teure Hotelnutzungen, welche es auch in unserem Landkreis gibt, zu beenden“.
Was das Gefühl der Benachteiligung innerhalb des Landkreises angeht, so betont Peischer: „Die Quoten auf Gemeindeebene sind ein Richtwert zur einigermaßen gerechten Verteilung.“ Betrachte man diese Erfüllungsquote, so sei im Fall von Geretsried festzuhalten, „dass die Stadt nach der Auflösung der Unterkunft in der Turnhalle die Quote derzeit nicht erfüllt“, sagt Peischer. Neben der Quote komme es natürlich auch darauf an, wo im Landkreis Unterkünfte entstehen können und angeboten werden. Den vorliegenden privaten Bauantrag für die Fläche im Geltinger Gewerbegebiet prüfe das Kreisbauamt „wie jeden anderen Bauantrag auch“.
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