Auf der Weltklimakonferenz - Team Deutschland zieht Halbzeit-Bilanz - ein Trend macht Hoffnung
Es ist Tag 6 der Weltklimakonferenz - Halbzeit in Baku. Bevor am Montag die großen Verhandlungen der Minister beginnen zieht die deutsche Delegation die erste Bilanz aus Baku. Die Verhandlungsführerin von „Team Deutschland“ ist Jennifer Morgan, die erste Staatssekretärin von Außenministerin Annalena Baerbock (AA). Gemeinsam mit Stefan Wenzel, parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und Jochen Flasbarth, Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), zieht sie ein Zwischenfazit über den bisherigen Verlauf und die ersten Erfolge der COP29.
Zähe Verhandlungen, überschaubare Ergebnisse bisher
„Wir arbeiten hier mit unseren engen Partnern zusammen, wir halten alle am Pariser Klimaabkommen fest“, erklärt Jennifer Morgan.
Ihr Kollege Jochen Flasbarth aus dem BMZ betont, dass die nächste Woche für die COP-Präsidentschaft entscheidend wird. „Er muss als ehrlicher Makler agieren. Er sollte sich am globalen Gemeinwohl ausrichten", fordert Flasbarth angesichts der wenig diplomatischen Auftritte von Aserbaidschans Präsident Aliyev. Als COP-Präsident müsste er eigentlich die Verhandlungsteilnehmer an einen Tisch und zu einer Einigung bringen - stattdessen, so zahlreiche Kritiker , befeuert er das Chaos zusätzlich.
Unabhängig von der COP-Präsidentschaft lobt Flasbarth die ersten Erfolge der Verhandlungen zur Klimafinanzierung. „Es braucht Verlässlichkeit für die Länder im globalen Süden. Dass die Zusammenarbeit gut läuft und es eine globale Gemeinwohl-Orientierung gibt, ist aus geopolitischen Gründen extrem wichtig“, so der Staatssekretär. Einige Länder würden nur noch national denken. Das sei kontraproduktiv, da die Klimakrise nur alleine gestoppt werden könne.
Kohle raus aus der Klimapolitik der Welt
Eine Tatsache macht Flasbarth sehr viel Hoffnung mitten in den Klima-Verhandlungen: Die Klima-Technologien sind mittlerweile viel weiter und günstiger. Deshalb sind Erneuerbare Energien, Batteriesysteme und Elektroautos derweil auch für den globalen Süden bezahlbarer geworden - und würden auch dort langsam die fossilen Energien aus dem Markt verdrängen.
„Klimaneutralität ist auf dem Weg zum neuen ökonomischen Normal zu werden“, erklärte Flasbarth und betonte, dass genau deswegen klare Finanzierungsrahmenbedingungen her müssten. Auch zum fossilen Ausstieg findet er deutliche Worte: „Das haben wir zwar in Dubai entschieden, aber in Wahrheit hat es die Realität entschieden. Die Einnahmenbasis der Fossilen bricht den Ländern weg.“ Das Thema, so der Staatssekretär, sei erledigt.
Das Ende des fossilen Zeitalters einzuläuten ist auch Ziel von Stefan Wenzel (BMWK). „Kohle muss raus aus der nationalen Klimapolitik“, erklärte er. Deutschland wolle dabei auf die Verhandlungen mit der „No New Coal Alliance“ einwirken, um global den Ausstieg aus der Kohle und den Stopp von neuen Kohlewerken in den Klimaplänen der Länder, den sogenannten NDCs (Nationally Detemined Contributions) zu verankern. Die NDCs der Länder, die alle spätestens im Februar fällig sind, legen fest, wie viel jedes Land zum Klimaschutz und zur -anpassung leisten muss. „Jedes neue Kohlekraftwerk würde das 1,5-Grad-Ziel verfehlen“, betonte Wenzel. „Deswegen soll der Kohleausstieg verankert werden.“
Methanemissionen: BMWK will „Produzenten direkt angehen“
Sorgen bereiten dem Staatssekretär allerdings die Methan-Emissionen. Schätzungsweise gehen 30 Prozent der globalen Erwärmung auf Methan zurück, als Hauptquelle gilt die Öl- und Gasindustrie. Das BMWK, das selbst an einem am Freitag veröffentlichten Bericht zu Methan beteiligt war, will das Problem auch in Deutschland angehen. Dafür, so Wenzel, sollen die vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) verwendeten Satelliten eingesetzt werden, die weltweit Methan-Leaks aufspüren können. Diese sind Teil des Methanemissions-Observatorium (IMEO).
IMEO kann quasi punktgenau Methanemissionen feststellen und eine Art Alarm an zuständige Behörden, Regierungen oder betroffene Unternehmen schicken. Auch das BMWK hat solche Emittenten angeschrieben - die Resonanz war allerdings überall sehr gering, weniger als ein Prozent der Kontaktierten haben etwas unternommen. „Jetzt wollen wir die fossilen Produzenten direkt angehen, um dort etwas zu erreichen“, erklärt der Staatssekretär. „Das sind schnell und einfach umsetzbare Projekte, um Treibhausgase einzusparen.“
Damit endete die Halbzeit-Bilanz der deutschen Verhandlerinnen und Verhandler. Die Verhandlungen über die neuen Klima-Finanzziele, das NCQG, laufen zwar zäh, dennoch sei es üblich, dass zu diesem Zeitpunkt einer Weltklimakonferenz der Ausgang noch offen ist - und laut Morgan sind auch alle für Deutschland wichtigen Optionen noch im Spiel. „Wir sind im Gespräch mit allen wichtigen Partnern, um Lösungen zu finden“, schließt Morgan. Dennoch gebe es noch viel zu tun.
Rückblick auf die erste COP-Woche
Ein kurzer Rückblick, was auf dieser Weltklimakonferenz bereits für Schlagzeilen gesorgt hat:
- Ministerpräsident Javier Milei beorderte seine ohne dezimierte Delegation nach Argentinien zurück
- Die französische Umweltministerin sagte ihre Reise nach Baku kurzfristig ab, nachdem der aserbaidschanische Staatschef Ilhalm Aliyev in einer Rede Frankreich „Menschenrechtsverbrechen“ vorgeworfen hatte
- Albaniens Ministerpräsident Edi Rama ließ seinem Frust freien Lauf und stellte die gesamte Konferenz in Frage
- Aliyev nannte fossile Energien außerdem „ein Geschenk Gottes“ und weigerte sich, die Rolle Aserbaidschans in der Kohle- und Gasförderung zu überdenken