UNEP-Bericht - Methan-Pledge, Kohle-Ausstieg: Jetzt will Deutschland den Fossilen an den Kragen
„Eye on Methane“: Was ist der Methan-Bericht?
Der Methan-Bericht von UNEP erscheint seit vier Jahren parallel zur Weltklimakonferenz. Beteiligt ist auch das Internationale Methanemission-Observatorium (IMEO), das auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mitgetragen wird. IMEO sammelt Daten über Methanemissionen und will so ermöglichen, diese zu reduzieren.
Methan ist deswegen so wichtig, weil das Gas auch als „leiser Klima-Killer“ bekannt ist: Es trägt 80-mal stärker zum Treibhauseffekt bei als CO2 und hat eine höhere Konzentration in der Atmosphäre. Es entsteht in der Landwirtschaft, aber auch bei der Öl- und Gasförderung. Auch die Abfallwirtschaft ist bekannt für einen hohen Methanausstoß. Schon heute liegt die Methankonzentration zweieinhalbmal über dem vorindustriellen Durchschnitt.
Aus diesem Grund haben sich auf der Klimakonferenz in Dubai im vergangenen Jahr insgesamt 150 von 197 Staaten dem Global Methan Pledge (GMP) angeschlossen - ein Versprechen, die Methanemissionen bis 2030 um mindestens 30 Prozent zu reduzieren. Auch der diesjährige Gastgeber Aserbaidschan hat den GMP unterzeichnet.
Welche Erkenntnisse liefert der Methan-Bericht?
Der auf einer Pressekonferenz in Baku vorgestellte Bericht kommt zu einer besorgniserregenden Erkenntnis: Nicht nur sind die globalen Methanemissionen trotz ehrgeiziger Zusagen mit 150 Millionen Tonnen auf einem neuen Rekordwert. Im Bericht listen sie folgende Erkenntnisse auf:
- Vom Menschen verursachte Methanemissionen sind verantwortlich für knapp ein Drittel der globalen Erwärmung.
- Die Rolle der Öl- und Gasindustrie bei Methan ist bekannt - jetzt wird aber auch das Einsparungspotenzial in der Stahlproduktion betont.
- Es gibt aber auch Anlass zur Hoffnung: Über 140 Firmen beteiligen sich daran, ihre Emissionen zu melden und zu reduzieren
- Der Fortschritt bei Satelliten und KI-Systemen ermöglicht noch genauere Überwachung von Emissionen
- Der größte Kritikpunkt ist die unzureichende Rücklaufquote: Weniger als ein Prozent der von IMEO versandten Methanalarme führt zu Maßnahmen - obwohl insgesamt 1200 Ereignisse dokumentiert wurden.
Öl und Gas verantwortlich für 83 Prozent der Methan-Emissionen
Die IEA hat bereits im Frühling berichtet, dass die größten Methanemissionen aus Ländern stammen, die mit fossilen Brennstoffen handeln. Das sind vor allem die USA, Russland, der Iran, Turkmenistan und Venezuela. Der UNEP-Bericht zeigt nun, dass vor allem die Industrie zu den Hauptverursachern gehört:
- Die Öl- und Gasindustrie ist Hauptquelle für Methanemissionen. 83 Prozent des Methans geht auf die Förderung und Produktion zurück, hauptsächlich wegen Lecks oder ineffizienter Methanfackeln. Aber auch bei der Verflüssigung von Erdgas und durch Pipelines gelangt Methan in die Atmosphäre.
- In der Stahlproduktion ist es ein bislang unterschätztes Problem: Dort wird sogenannte Metallurgiekohle verwendet, bei deren Produktion Methan als Nebenprodukt entsteht. Das fällt jedoch oft unter den Tisch, weil die Stahlproduktion vor allem dafür bekannt ist, sehr CO2-intensiv zu sein.
Der Bericht hebt aber auch einige Positivbeispiele aus der Industrie hervor: Unternehmen wie TotalEnergies hätten vorbildliche Messkampagnen durchgeführt und so ein genaues Bild über ihre Emissionen abgeliefert. In Kombination mit neuesten Satelliten und KI können Lecks so noch schneller aufgespürt und beseitigt werden, schreiben die Autoren.
Leider sind nicht alle so kooperativ: Die meisten Unternehmen melden nur einen geringen Teil ihrer Emissionen, manche gar nichts. Viele davon sitzen in Russland, manche im Irak. Und Emissionen durch Subunternehmer werden gar nicht erfasst. Dass die Produktionsanlagen komplex sind, erschwert die Erhebungen zusätzlich.
Der Methanjäger-Satellit und andere Lösungen
UNEP nennt eine Reihe an technologischen Lösungen, die eine bessere Überwachung der Lecks ermöglichen sollen. Dazu gehören zum Beispiel Satelliten wie MethaneSAT, der seit März mit hochauflösenden Aufnahmen die Erdoberfläche abgrasen und so Emissionen ausfindig machen kann.
Auch neue politische Maßnahmen können einen großen Beitrag leisten, heißt es in dem Bericht: So wird besonders die neue EU-Regelung als wirksames Mittel hervorgehoben: Unter dieser Regel müssen Unternehmen ihre Methan-Emissionen erfassen und melden - das gilt auch für fossile Brennstoffe, die nach Europa importiert werden.
Laut Bericht gibt es für die Verringerung von Methanemissionen mehrere Ansätze. Die wichtigsten sind:
- Das Methane Alert and Response System (MARS): Dabei handelt es sich um eine Art Alarmanlage, die durch Satellitendaten und KI können Emissionen präzise erkennt und meldet MARS benachrichtigt dann Unternehmen oder Regierungen, damit diese darauf reagieren. So konnte die algerische Regierung ein jahrelang unentdecktes Methanleck auf einer Gasanlage schließen.
- Leck Detection and Repair (LDAR): Mit Sensoren, Drohnen oder menschlichen Inspektoren können LDAR-Programme Methanlecks bei Öl- und Gasanlagen erkennen und beheben. Das ist vor allem für Pipelines oder Ventile von Vorteil. TotalEnergies hat zum Beispiel ein erfolgreiches LDAR-Programm mit Drohnen eingesetzt.
Methan ist „kein Freifahrtschein“
Bericht gut, alles gut? Wohl eher nicht. Die UNEP-Direktorin Inger Andersen warnte bei der Präsentation des Berichts in Baku davor, Methan als „Freifahrtschein“ zu sehen. Denn zeitgleich müsse die Weltgemeinschaft die Wirtschaft dekarbonisieren, um umfassend Emissionen einsparen zu können. Aber Methan sei eine der schnellsten und günstigsten Möglichkeiten, um die globale Erwärmung zu stoppen.
„Vor allem jetzt, wo das 1,5 Grad-Ziel an einem seidenen Faden hängt“, fügte Andersen hinzu. Und gerade jetzt, so die UNEP-Direktorin, ist das umso wichtiger: Das Einhalten der Methan-Ziele könnte dabei helfen, die globale Erwärmung um bis 0,3 Grad zu reduzieren.
BMWK-Staatssekretär fordert Kohleausstieg
Auch Stefan Wenzel, Staatssekretär unter Wirtschaftsminister Robert Habeck, fand deutliche Worte: „Wir wissen, dass Methan ein extrem hohes Erwärmungspotenzial hat. 30 Prozent der Globalen Erwärmung kommt bereits von Methan“, so Wenzel. Im Energiesektor könne man Methanemissionen um 90 Prozent reduzieren. Die Industrie, so Wenzel, müsse rigorose Monitoringstandards anwenden, um die Emissionen bei Methanfackeln und -lecks innerhalb der nächsten fünf Jahre zu reduzieren.
„Wir überlassen unseren Kindern eine Methanbombe, die sie beseitigen müssen“
Der Staatssekretär kritisierte außerdem, dass es eine so geringe Rücklaufquote auf die Warnungen von MARS gegeben hätte - und das, obwohl 150 Staaten vergangenes Jahr in Dubai dem GMP beigetreten waren und gelobt hatten, ihre Methanemissionen zu verringern. Auch Inger Andersen hatte dies moniert und davor gewarnt, dies unter den Teppich zu kehren.
„Unser Ziel ist es auch, den Kohleausstieg in den nächsten Nationalen Klimabeiträgen festzulegen“, erklärte Wenzel und kündigte für nächste Woche an, dass Deutschland den No New Coal Pledge präsentieren würde.