Antikorruptionsgesetz: Selenskyj räumt ein – "Hätte Dialog geben müssen"
Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein umstrittenes Gesetz unterzeichnet, das die Unabhängigkeit der ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden beschränkt damit heftige Proteste in der Hauptstadt Kiew ausgelöst. Das Gesetz stärkt die Befugnisse des Generalstaatsanwalts und beschneidet somit jene der Anti-Korruptionsbehörden der Ukraine. Kritikern zufolge gefährdet es die geplante EU-Mitgliedschaft und öffnet politische Einflussnahme.
Selenskyj: Dialog hätte stattfinden müssen
Wie nun der „Kyiv Independent“ berichtet, räumte Präsident Selenskyj gestern in einer Pressekonferenz ein: "Wahrscheinlich hätte es einen Dialog geben müssen. Kommunikation ist immer notwendig." Nach internationalen Anrufen kündigte er eine neue Gesetzesinitiative an, um die Anti-Korruptionsbehörden abzusichern. Die neue Vorlage wird am 31. Juli im Parlament diskutiert, sodass die Prinzipien der Unabhängigkeit der Behörden gewahrt bleiben.
Die Novelle solle sofort in Eilform angenommen werden, schrieb Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk bei Facebook. Zudem befürworte er eine unverzügliche Unterzeichnung des Gesetzes.
Nach Protesten hatte Selenskyj am Donnerstag einen Entwurf im Parlament eingereicht, der die Unabhängigkeit der Antikorruptionsbehörden wieder herstellt. Erst am Dienstag hatte die Oberste Rada in ungewöhnlicher Eile ein Gesetz verabschiedet, welches das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Spezialisierte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) faktisch dem Generalstaatsanwalt unterstellt. Das Gesetz ist nach Selenskyjs Unterschrift bereits am Mittwoch in Kraft getreten.
In der Ukraine ist nach dem prowestlichen Umsturz von 2014 mit Hilfe von USA und EU ein System von Korruptionsbekämpfungsbehörden errichtet worden, das die Bestechung und Vetternwirtschaft vor allem bei hochrangigen Politikern und in der Verwaltung bekämpfen sollte. Trotz der Reformen ist das verarmte osteuropäische Land der Nichtregierungsorganisation Transparency International zufolge weiter einer der korruptesten Staaten Europas.