Wirrwarr um Renten-Plan der Merz-Regierung – Rechnung zeigt Auswirkungen für Rentner
Die Aktivrente soll Rentner zum Arbeiten animieren und monatlich 2000 Euro steuerfrei bringen. Eine Rechnung zeigt, wie sie konkret profitieren können.
München – Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD wurde festgelegt, dass auch künftig ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren möglich sein soll. Zusätzlich sollen finanzielle Anreize für längeres Arbeiten geschaffen werden. „Dabei setzen wir auf Freiwilligkeit. Arbeiten im Alter machen wir mit einer Aktivrente attraktiv. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei“, heißt es.
Die Merz-Regierung hat sich jetzt bei der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses vergangenes Wochenende nochmal auf die Aktivrente verständigt. Im Rahmen eines „Sofortprogramms“ stellte die neue schwarz-rote Koalition 62 Punkte zur Stärkung der Wirtschaft vor, darunter auch Renten-Reformen. „Es geht nun Schlag auf Schlag“, versicherte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach dem Treffen. CSU-Chef Markus Söder sekundierte mit dem Slogan „Tempo, Tempo, Tempo“.
Merz-Regierung verwirrt mit Aussagen zur Aktivrente – „Kriege dann ja keine Rente“
Die konkrete Ausgestaltung der Aktivrente durch die Merz-Regierung ist bislang nicht vollständig geklärt. Für zusätzliche Verwirrung sorgten kürzlich Äußerungen des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion, Hendrik Hoppenstedt (CDU). In der Phoenix-Sendung „Unter den Linden“ sagte er, die Rentenkasse würde durch die Aktivrente entlastet, da die „Rentenzahlung erstmal nicht einsetzt“. Insofern gehe es bei der geplanten Reform nicht um einen Hinzuverdienst.
„Ich kriege dann ja keine Rente, wenn ich weiter verdiene“, erklärte Hoppenstedt demnach im Wortlaut. Kurze Zeit später ruderte er zurück und gestand, die Aktivrente in der Live-Sendung nicht korrekt dargestellt zu haben: „Ich habe mich in der Hitze des verbalen Gefechts schlicht vertan und bitte das zu entschuldigen“, schrieb der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion in einem Beitrag auf Instagram. Doch was bedeutet die Aktivrente dann für deutsche Rentner?
Aktivrente unter Merz-Regierung kommt: Das sind ihre Vorteile
Der Koalitionsvertrag könnte missverständlich interpretiert werden, dass Arbeitnehmer bis über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, ohne Rente zu beziehen. Doch das stimmt nicht, wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärt. Er pfeift seinen Partei-Kollegen Hoppenstedt zurück: „Bei der Aktivrente muss man nicht auf gesetzliche Rente verzichten. Im Gegenteil: Der Bezug der gesetzlichen Rente ist Voraussetzung für die Aktivrente“, stellt Linnemann gegenüber Welt klar.
Jeder, der in Rentenbezug sei und freiwillig weiterarbeiten wolle, könne zusätzlich bis zu 2000 Euro steuerfrei dazuverdienen. Und das, ohne Beiträge für die Rentenversicherung und die Arbeitslosenversicherung zahlen zu müssen, führt der CDU-Politiker aus. „Das schafft zusätzliche Kaufkraft und sichert Fachkräfte“, sagte Linnemann. Durch diese Regelung erhöht sich der jährliche Steuerfreibetrag von derzeit 12.096 Euro auf 24.000 Euro. Die finanziellen Vorteile gehen jedoch noch weiter.

2000 Euro steuerfrei: Rechnung zeigt, wie Rentner von der Aktivrente profitieren
Grundsätzlich gilt: Wer länger arbeitet, bekommt auch mehr Rente. Konkret sind es 0,5 Prozent pro Monat, in dem Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze noch keine Rente beziehen, obwohl die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. „Wünscht ein Versicherter beispielsweise, seine Rente erst ein Jahr nach dem Erreichen seiner regulären Altersgrenze zu erhalten, wird sein erworbener Rentenanspruch um 6 Prozent erhöht“, schreibt die Deutsche Rentenversicherung (DRV).
Die praktischen Konsequenzen für den Geldbeutel verdeutlicht ein einfaches Rechenbeispiel: Nehmen wir an, Brigitte Schneider erreicht das gesetzliche Rentenalter, entscheidet sich aber, weiterhin freiwillig in ihrem alten Job für 2000 Euro brutto im Monat zu arbeiten. Dank der geplanten Aktivrente bleibt dieses Einkommen komplett steuerfrei, zusätzlich zu der gesetzlichen Rente, die sie bereits bezieht. Da die Steuerlast wegfällt, bleibt Brigitte also am Ende des Monats mehr Geld.
Zum Vergleich: Ohne Aktivrente müsste Brigitte auf diese 2000 Euro brutto Steuern und Sozialabgaben leisten. Je nach persönlicher Situation wären das schnell mehrere Hundert Euro monatlich. Wie bereits erwähnt, steigt durch die Weiterarbeit außerdem der gesetzliche Rentenanspruch. Bei einer bestehenden Rente von beispielsweise 1500 Euro sind das 7,50 Euro zusätzlich pro Monat. Nach einem Jahr ergibt das 90 Euro mehr Rente – dauerhaft, jeden Monat, lebenslang.
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Renten-Experte äußert sich kritisch zu Aktivrente von Merz-Regierung
Trotz der vermeintlichen Vorteile bleibt die geplante Aktivrente von CDU/CSU und SPD nicht ohne Gegenwind. Bereits nach Veröffentlichung des Sondierungspapiers im März hatte sich der auf das Rentenrecht spezialisierte Rechtsanwalt Peter Knöppel auf rentenbescheid24.de kritisch damit auseinandergesetzt. Positiv hebt er neben der Steuerfreiheit hervor, dass Rentner in diesem Fall länger in die Rentenversicherung einzahlen und damit später von einer höheren Rente leben können.
Wer aber genau hinschaut, sieht, dass es die Aktivrente schon längst gibt – und zwar in Form der Flexirente, die 2017 von der vorherigen schwarz-roten Koalition eingeführt wurde. Der Experte stellt sich die Frage, warum das Modell genutzt werden soll, wenn sich auch die Möglichkeit anbiete, früher in Rente zu gehen und daneben noch zu arbeiten. In diesem Fall müsse ein Abschlag in Kauf genommen werden, aber dieser werde jedoch durch eine längere Laufzeit der Rente kompensiert.
Das Rentensystem ist komplex. Sich damit auseinanderzusetzen, lohnt sich aber häufig finanziell. Daher sollten Arbeitnehmer ausrechnen, was mehr bringt: Früher in Rente gehen und steuerfreien Anteil der Rente dafür erhöhen oder länger arbeiten und pro Monat mehr Rente kassieren. (cln)