Gelenke: Bewegung besser als Nahrungsergänzungsmittel

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Pillen fürs Gelenk: schmerzhaftes Testergebnis
Nahrungsergänzungsmittel sind laut der Stiftung Warentest keine wirksame Hilfe bei Gelenkbeschwerden. © Christin Klose/dpa-tmn/dpa

Nahrungsergänzungsmittel werden immer beliebter, vor allem bei Beschwerden in den Gelenken. Die Stiftung Warentest hat achtzehn verschiedene Mittel geprüft, mit dem Ergebnis: Bewegung bringt mehr.

München – Altersbedingte Arthrose wird ein immer präsenteres Krankheitsbild. Hier wird die glatte Knorpelschicht auf den Gelenken immer dünner und rauer. Beim Joggen, Treppensteigen oder Tragen von schweren Einkaufstüten werden viele deshalb von schmerzenden Knien oder Schmerzen im Rücken und Schultern geplagt. Diese Symptome können Anzeichen für eine altersbedingte Abnutzung der Gelenke sein, die oft zur Arthrose führt.

Doch auch junge Menschen sind von derartigen Schmerzen betroffen. Bei Berufen, die viel knien, hocken oder schwer heben müssen oder auch bei Leistungssportlern, treten die Symptome oft noch früher auf. Stiftung Warentest hat deshalb hilfeversprechende Mittel getestet, darunter bekannte Marken wie Abtei, Doppelherz, Orthomol und Tetesept. („test“-Heft 03/2024).

Prüfverfahren: Nahrungsergänzungsmittel für Gelenke

Geprüft wurde, ob Studien die Wirksamkeit der in den Mitteln enthaltenen Stoffe belegen und ob wichtige Warnhinweise auf den Packungen vorhanden sind. Außerdem ob die Werbeaussagen für die einzelnen Mittel überhaupt zulässig sind.

Fazit

Insgesamt kommen die Prüfer der Stiftung Warentest zu einem ernüchternden Ergebnis. Aus ernährungswissenschaftlicher und ernährungsmedizinischer Sicht sei der Nutzen aller 18 geprüften Mittel nicht belegt. Teilweise seien die Nahrungsergänzungsmittel nicht nur überflüssig, sondern auch noch sehr teuer.

Risiken: Mängel in den empfohlenen Dosierungsangaben

16 der 18 getesteten Mittel zeigen Mängel in den empfohlenen Dosierungsangaben vom Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR. Das Granulat Chondroplus von Orthomol überschreitet für acht Vitamine und Mineralstoffe die empfohlenen Höchstmengen, die für Vitamin E sogar um das Dreifache. Zwar entsteht keine akute Gefahr durch diese Überdosierung, allerdings steigt bei Männern ab dem Faktor fünf möglicherweise die Gefahr für Prostatakrebs. Der entsprechende Warnhinweis fehlt.

Bei einigen Präparaten wurde auch eine Unterdosierung festgestellt. Bei Laboranalysen im Auftrag der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) konnten in zwei Nahrungsergänzungsmitteln nur Spuren von Chondroitin nachgewiesen werden, anders als auf den Packungen angegeben. Die AMK gab keine Auskunft, um welche Produkte es sich konkret handelt.

Tipp

Die Stiftung empfiehlt, sich nicht von Aussagen wie „Gelenk(-)nahrung“ oder „Gelenkelixier“ und auch nicht von Bildern, die Gelenke zeigen, täuschen zu lassen. Nahrungsergänzungsmittel können Beschwerden in den Gelenken weder heilen noch vorbeugen, so die Tester. Bewegung und eine abwechslungsreiche Ernährung hielten den Körper gesund. Das BfR rät, bei Gelenkproblemen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und warnt davor, Nahrungsergänzungsmittel für Gelenke als Wunderheilmittel zu sehen. Eine abwechslungsreiche Ernährung, Sport und Bewegung sowie ein gesundes Körpergewicht beugen einer Arthrose und Gelenkschmerzen demnach am effektivsten vor.

Unerlaubte Werbung: Nahrungsergänzungsmittel sind keine Medikamente

Bei Nahrungsergänzungsmitteln handelt es sich nicht um Medikamente. Deswegen benötigen sie weder eine Zulassung, noch müssen Hersteller ihre Wirksamkeit und Sicherheit nachweisen. Gesundheitsbezogene Werbeaussagen, sogenannte Health Claims, müssen aber von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) zugelassen werden. Bisher wurden von der Efsa alle Health Claims bezogen auf den Erhalt von Gelenken abgelehnt. Dass ihre Mittel Gelenkbeschwerden lindern oder vorbeugen, behaupten die Anbieter allerdings auch gar nicht.

Das Werbeverbot wird stattdessen umgangen. Für Vitamine wie zum Beispiel C, D und K und für Kalzium, Mangan und Zink sind Health Claims zulässig. Zwei Hersteller verwenden allerdings unzulässige Aussagen. Die Firma Quiris Healthcare nutzt den Werbespruch „mit Vitamin C für leistungsstarke Gelenke“ für ihr Produkt CH-Alpha Plus. Der Anbieter Alsiroyal Gelenk-Elixier wirbt mit einer klinischen Studie. Diese soll zeigen, dass die enthaltenen Pflanzenkombinationen einen spürbar positiven Effekt auf die Beweglichkeit der Gelenke haben sollen. Eine Werbeaussage wie diese sei nicht erlaubt.

Autorin: Pernilla Rauh

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