Ukraine-Krieg treibt die Inflation auf neuen Rekord – Russlands Wirtschaft in der Zwickmühle

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Die Inflation in Russland steigt auf einen Rekordwert. Dafür ist auch die Kriegswirtschaft verantwortlich. Putin ist alarmiert.

Moskau – West-Sanktionen wirken nicht, Russlands Wirtschaft geht es gut: Das war lange die Linie des Kremls gewesen, was die Kommunikation rund um Strafmaßnahmen der Ukraine-Verbündeten anging. Jetzt wandelt sich das zunehmend. Seien es chinesische Banken, die sich von Russland abwenden, oder deutlich gestiegene Einkaufspreise innerhalb Russlands – die Auswirkungen der Sanktionen treten immer deutlicher zutage. Wie das im Detail aussieht, zeigen neue Zahlen der russischen Statistikbehörde.

Russlands Wirtschaft leidet unter Inflation – Rekord im Dezember

Die Inflation in Russland hat gegen Ende Dezember einen neuen Höchststand erreicht. Vorrangig sind dafür die Ausgaben für die Kriegswirtschaft und die hohen Lebensmittelpreise verantwortlich. Das berichtete das Nachrichtenportal Kyiv Independent unter Berufung auf Zahlen des russischen Statistikamts Rosstat. Um der Inflation entgegenzuwirken, hatte Russlands Zentralbank bereits die Leitzinsen von 7,5 Prozent (im Juli 2023) auf 21 Prozent angehoben. So hoch war die Inflation seit den frühen Zweitausenderjahren nicht mehr gewesen.

Wladimir Putin in Moskau.
Wladimir Putin in Moskau (Symbolfoto). Die Inflation in Russland steigt auf einen Rekordwert. Dafür ist auch die Kriegswirtschaft verantwortlich. Putin ist alarmiert. © IMAGO / ITAR-TASS/Sergei Ilyin

Die jährliche Inflation stand Ende Dezember (26. Dezember) bei 9,7 Prozent, die Nahrungsmittelpreise hatten ein Plus von 11,41 Prozent erfahren. Einen so steilen Anstieg habe es seit Oktober 2022 nicht mehr gegeben, teilte Rosstat mit. Vor allem die sogenannten essenziellen Güter hatten kräftig im Preis zugelegt. Bei den Kartoffeln stand ein Plus von über 90 Prozent auf dem Papier, bei Zwiefeln 46,6 Prozent, bei Kohlköpfen ebenfalls 46,6 Prozent und bei Butter 35 Prozent.

Die Geldpolitik der Zentralbank hatte wiederholt Kritik angezogen, darunter aus dem militärisch-industriellen Sektor. Weitere Zinserhöhungen könnten für ein erhöhtes Aufkommen von Insolvenzen sorgen, hatte etwa Sergei Chemezov gewarnt, der Chef des staatlichen Rüstungskonzerns Rostec. Russland steckt in einer Zwickmühle: Hohe Zinsen sorgen tendenziell für Insolvenzen, aber wenn die Zentralbank die Zinsen nicht anzieht, würde es zu einer höheren Inflation kommen.

„Alarmierendes Signal“ – Kreml-Chef Putin zeigt Sorge über Zustand von Russlands Wirtschaft

Die Inflation ist auch für Kreml-Chef Wladimir Putin kein Problem mehr, das er unter den Tisch kehren könnte. Bei seiner wichtigen Jahrespressekonferenz in Moskau hatte Putin angemerkt, dass die hohe Geldentwertung ein „alarmierendes Signal“ sei. „Es gibt hier einige Probleme, nämlich die Inflation, eine gewisse Überhitzung der Wirtschaft und die Regierung sowie die Zentralbank sind bereits damit beauftragt, das Tempo zu drosseln“, hatte Putin dazu gesagt.

Genau das hatten westliche Experten bereits vor Monaten prognostiziert. Russland steckt Unsummen in die Kriegsmühen. Die Produktion des Verteidigungssektors läuft auf Hochtouren, was letztendlich dafür sorgen soll, dass Russland den Ukraine-Krieg gewinnt. Allerdings zeigt sich das angegriffene Land immer noch widerstandsfähig – wenn die neuen Erzeugnisse sofort auf den Schlachtfeldern zwischen Kharkiv und der Krim zerstört werden, bleibt ein nachhaltiges Wachstum von Russlands Wirtschaft schlichtweg aus.

Damit nicht genug: Laut Putin sind die westlichen Sanktionen ein weiterer Treiber für diese Flaute. Vorher hatten russische Offizielle die Wirkung der West-Sanktionen lange heruntergespielt und auf die Resilienz der russischen Wirtschaft verwiesen, doch bei seiner Pressekonferenz teilte Putin mit: „Die Sanktionen zeigen eine Wirkung“. Die Zentralbank habe die ihr zur Verfügung stehenden Werkzeuge nicht schnell und entschieden genug genutzt, ihre wiederholten Zinserhöhungen seien nicht früh genug erfolgt.

Sanktionen schaden Russlands Wirtschaft – „Einnahmen reichen nicht aus“

Diese Entwicklung geht so weit, dass die Ukraine bessere Chancen auf ein Kriegsende sieht. „Die russische Wirtschaft leidet, die Einnahmen reichen nicht aus“, sagte etwa Wladyslaw Wlasjuk dazu, ein Wirtschaftsberater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Er fühle sich „an die letzten Jahre der Sowjetunion“ erinnert. Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center, blies ins selbe Horn: „Die Situation in Russland wird immer schlimmer – schneller, als viele geglaubt haben.“

Und auch Putin könnte bereits ein Signal dafür gesendet haben, dass sich seine Ambitionen in der Ukraine langsam wandeln. Im Sommer hatte er auf einem Treffen noch die Abtretung vierer ukrainischer Bezirke (Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja) als Bedingung für Friedensverhandlungen genannt, bei seiner Pressekonferenz im Dezember hieß es dagegen nur: „Wir haben keine Bedingungen für Verhandlungen mit der Ukraine.“

Viele westliche Nationen, die mit der Ukraine verbündet sind, hatten in Reaktion auf die großflächige Invasion Russlands mit Sanktionen reagiert. Mittlerweile gibt es mehr als ein Dutzend Sanktionspakete, die unter anderem den Import von russischen Diamanten in den Westen oder den Export nach Russland verbieten. Auch hatten sich viele EU-Länder vom Gasimport losgesagt. Der Energiesektor ist für Russland eine der wichtigsten Einnahmequellen.

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