Ökonomin Grimm nimmt Wirtschaftspolitik der Ampel auseinander: „Sehr schwache Transformationspolitik“
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat in der Sendung Markus Lanz die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung kritisiert. Aufgrund ihrer Uneinigkeiten könne sie der Wirtschaft kaum wirklich helfen.
Berlin – Die Ampel-Koalition schlägt nach Ansicht der Ökonomin und „Wirtschaftsweisen“ Veronika Grimm in der Wirtschaftspolitik den falschen Weg ein, indem sie fortwährend versucht, alle Parteiinteressen abzubilden. Die Kompromisse führten „letztlich dazu, dass der Markt nicht richtig funktioniert, aber die Interventionen auch nicht kraftvoll genug sind“, sagte Grimm in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ am Mittwoch (7. Februar).
Industriestrompreis als Beispiel für „schwache Transformationspolitik“
Als Beispiel nannte die Wirtschaftsweise den Industriestrompreis, auf den sich die Ampel lange nicht einigen konnte. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte für einen niedrigeren Strompreis für die Industrie plädiert, der für einige Jahre von der Regierung subventioniert werden würde. Dem hat sich der liberale Finanzminister Christian Lindner (FDP) lange entgegengestellt. Am Ende einigten sich die drei Ampel-Partner darauf, die Stromsteuer für energieintensive Unternehmen abzusenken. „Das ist am Ende eine sehr schwache Transformationspolitik“, so Grimm.
Die Politik müsse, so Grimm weiter, ehrlich mit der Tatsache umgehen, dass es aufgrund der Herausforderungen im Land kein „weiter so“ geben könne. „Das zentrale Problem ist, dass das Versprechen, dass keiner Einschnitte hinnehmen muss, alles bleibt mehr oder weniger wie gehabt, nicht einhaltbar ist“. Allein der demografische Wandel zeige genau dieses Problem auf: Es müsse mehr und länger gearbeitet werden, auch über das Rentenalter hinaus. „Ökonomen sagen schon seit Jahren, seit Jahrzehnten, dass man hier [in der Rentenpolitik, Anm. d. Red.] Anpassungen machen muss“, sagt Grimm. Doch es fehle an politischen Mut, denjenigen, die es sich leisten können, zu sagen, dass es Einschnitte geben muss.
Mit dem Haushaltsurteil in Karlsruhe fiel das Kartenhaus der Bundesregierung in sich zusammen: Investitionen konnten vorher nämlich getätigt werden, ohne „dass die FDP zu nervös wurde, wegen der Schuldenbremse“, erläutert die Ökonomin. Jetzt ist ein Großteil des Geldes weg. „Und die Frage ist, ob die Koalition die Kraft hat, voranzugehen“.
Lindner und Habeck streiten schon wieder
Auch das Versprechen eines „grünen Wirtschaftswunders“, wie es Wirtschaftsminister Habeck in der Vergangenheit versprochen hatte, nahm Veronika Grimm bei Lanz auseinander. „Wir haben Chancen, das ist richtig. Aber wir müssen auch sehr viel dafür tun, diese Chancen zu heben“. Dazu müsse aber erst viel in einen Strukturwandel investiert werden – womit sich die Koalition aktuell aber sehr schwertut, da sie sich nicht einig ist über das Wie.

Aktuell streiten sich vor allem Habeck und Finanzminister Lindner über Wege, die Unternehmen in Deutschland zu entlasten. Mit Blick auf die lahmende Konjunktur hatten beide unterschiedliche Vorstellungen geäußert. Lindner schlug etwa eine Abschaffung des Solidarzuschlages vor, was auch Firmen entlasten würde. In Regierungskreisen hieß es dazu jedoch, dass das Volumen von rund zwölf Milliarden Euro im Etat 2025 kaum zu finanzieren sei. Dort klaffe laut Schätzungen ohnehin schon eine Finanzierungslücke von 25 Milliarden Euro. Habeck hatte einen kreditfinanzierten Sonderfonds für Investitionen vorgeschlagen, war nach Kritik der FDP aber wieder zurückgerudert. Er regte auch bessere Abschreibungsbedingungen an, um schnell den Anstoß für Investitionen in neue Produktionsanlagen zu geben.
Meine news
Wirtschaftsverbände fordern, dass die Regierung etwas zur Ankurbelung der Konjunktur und wegen des internationalen Wettbewerbs etwas für den Standort Deutschland tun müsse. Dass sowohl Habeck als auch Lindner sich für eine Entlastung einsetzten, hatte zunächst Hoffnungen geweckt, dass die Ampel-Koalition ihre interne Blockade überwindet. Ob das am Ende auch eintritt, wird sich erst noch zeigen.
Mit Material von Reuters