Bahnausbau statt Fernpass-Tunnel: Bund Naturschutz unterstützt Pläne der IG Verkehrswende
Seit Jahren kämpft eine Initiative für eine Bahnverbindung von Füssen ins Außerfern. Jetzt unterstützt auch der BN die Vision vom klimafreundlichen Alpentransit.
Füssen/Reutte – Die Idee an sich ist nicht neu: Bereits vor 160 Jahren gab es erste Überlegungen für eine Bahnverbindung von Füssen nach Innsbruck. In den folgenden Jahrzehnten griffen verschiedene Akteure die Vision zwar immer wieder auf, verwirklicht werden sollte sie aber nie. Vor dem Hintergrund des sogenannten Fernpass-Pakets könnte sich das nun ändern: Die grenzübergreifende Interessengemeinschaft (IG) Verkehrswende Bayern-Tirol-Südtirol will das Projekt jetzt endlich angehen. Unterstützt wird die IG dabei vom Landesvorstand des Bund Naturschutz (BN), wie dieser bei einem Ortsbesuch klar machte. „Denn nur mit einer Verlagerung von Verkehr auf die Schiene kann der Verkehr klima- und umweltfreundlicher werden“, sagte BN-Landesvorsitzender Richard Mergner.
Seit die Tiroler Landesregierung zu Beginn des Jahres ihre Pläne für den Ausbau des Fernpasses vorstellte, ebbt diesseits und jenseits der Grenze die Debatte um das „Fernpass-Paket“ nicht ab. Dieses sieht unter anderem den Bau eines Scheiteltunnels vor, um den vor allem in Ferienzeiten dichten Verkehr auf dem vielbefahrenen Pass zu entzerren. Finanziert werden soll dieser durch die Einführung einer Maut.
Ein ausgebauter Fernpass bedeute jedoch automatisch noch mehr umweltschädlichen Autoverkehr durch das Außerfern, so die Überzeugung der IG. Zudem wird vor allem auf Tiroler Seite durch den geplanten Bau des Scheiteltunnels und die damit einhergehende Entschärfung der Haarnadelkurve eine Aufhebung der Tonnage-Beschränkung für Lkw befürchtet, erläuterte IG-Vertreterin Margit Dablander aus Reutte bei dem Ortstermin. „Dann haben wir alle ein Problem!“
Die Reuttener Gemeinderätin betonte, dass man auf beiden Seiten der Grenzen im selben Boot sitze. Ein gut ausgebauter Fernpass führe auch auf deutscher Seite zu mehr Verkehr.
Kritik im Außerfern
Dablander machte zudem deutlich, dass die Fernpass-Pläne in der Bevölkerung äußert kritisch gesehen würden, da sich diese vom Inntal abgekapselt fühle. „Wer in die Klinik nach Innsbruck will, muss zahlen“, sagte sie. Das führe zu Verdruss. „Wir kommen uns ausgeschlossen vor.“
Konkret fordert die IG einen Ausbau der Bahnverbindung von Füssen nach Reutte an die Außerfernbahn. Dafür müsste parallel zum A7-Autobahntunnel ein Bahntunnel gebaut werden. Um die Fahrt mit der Bahn attraktiver zu machen, sollte gleichzeitig die Strecke Augsburg-Buchloe-Füssen ertüchtigt werden. „Ein Bahnanschluss von Füssen an die Außerfernbahn nach Reutte wäre ein wichtiger Lückenschluss, um mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern“, so Hubert Endhardt von der IG Verkehrswende.
In einem zweiten und dritten Schritt könnte dann langfristig eine Anbindung von Ehrwald ins Inntal und schließlich von Landeck nach Mals in Südtirol gebaut werden. „Wir denken größer, nicht nur im Kleinklein“, sagte dazu der stellvertretende Ostallgäuer Landrat und Vorsitzende der Füssener Grünen.
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Endhardt verwies darauf, dass die Pläne für einen Ausbau der Bahnverbindung vom Allgäu ins Inntal nicht neu seien. Im Gegenteil: Neben verschiedenen Ansätzen in den beiden vergangenen Jahrhunderten habe sich selbst die Tiroler Landesregierung schon 2018 mit einer Machbarkeitsstudie für die Fernpassbahn beschäftigt. Doch jetzt sei es an der Zeit, die Ideen umzusetzen. Immerhin veranschlage er für die Umsetzung locker 20 bis 40 Jahre.
Suche nach Partnern
Um die Pläne zu verwirklichen, ist die IG jedoch auf Partner angewiesen. Laut Endhardt ist zunächst etwa eine gemeinsame Euregio-Machbarkeitsstudie durch den Landkreis Ostallgäu und die Marktgemeinde Reutte mit weiteren Partnern wie der IHK oder der Stadt Füssen im Boot denkbar. Gespräche dazu liefen bereits. Die Kosten dafür bezifferte er auf rund 100.000 Euro. Darüber hinaus müsse eine strategische Partnerschaft mit der Initiativgruppe „Pro Reschenbahn“ angestrebt werden.
Zumindest auf die Unterstützung des BN kann die Interessengemeinschaft bauen, wie Landesvorsitzender Richard Mergner und der schwäbische BN-Regionalreferent Thomas Frey betonten. Mergner bezeichnete die Pläne der IG als „tolle Vorschläge, die es Wert sind, diskutiert zu werden“. Er rief den bayerischen Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) dazu auf, zusammen mit seinem Tiroler Kollegen Konzepte für den Ausbau der Schienenwege vom Allgäu und dem Werdenfelser Land ins Inntal auszuarbeiten anstatt die Mautpläne der Tiroler zu kritisieren.
Jugend fordert besseren ÖPNV
Dass überhaupt noch Geld für Straßenbauprojekte ausgegeben werde, sei schlicht absurd. Durch den starken Autoverkehr auf dem Pass werde nicht nur das Klima geschädigt, sondern auch ein „riesiger Schadstoffcocktail“ ausgestoßen. „Wir leben auf Kosten unserer eigenen Gesundheit!“ Das Allgäu bezeichnete Mergner als „ÖPNV-Entwicklungsland erster Stufe“.
Mit dem vierspurigen Ausbau der A7 bis zur Grenze habe Deutschland maßgeblich zur Verkehrszunahme auf dem Fernpass in den vergangenen Jahren beigetragen, erklärte Frey. „Wenn dann über die Maut debattiert wird, gibt es große Aufregung“, so der Regionalreferent weiter. Für ihn sei die Debatte über die Maut daher scheinheilig.
Wie wichtig ein gut ausgebauter ÖPNV vor allem für die Jugend im südlichen Allgäu und angrenzenden Außerfern sei, machte abschließend Julian Führholzer für die Jugendorganisation des BN deutlich. Ohne einen eigenen Auto-Führerschein seien Jugendliche in der Region derzeit schlicht nicht mobil. Vor allem sie würden von einem breiten Bus- und Bahnangebot profitieren. „Die Bahn ist ein unfassbar inklusives Projekt“, betonte er. Sein Appell: „Die Bahninfrastrukturprojekte müssen jetzt angegangen werden!“
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Die Forderungen der IG Verkehrsende und des BN
- Attraktivierung der Außerfernbahn, vor allem, was Umstiege und Langsamfahrstrecken betrifft
- Grenzüberschreitenden ÖPNV stärken und Barrieren weitere abbauen
- Sofortige Entlastungsmaßnahmen mittels Dosiersystemen auf der A7, B179, Kramertunnel/Garmisch Richtung Ehrwald und Fernpass
- Weiterentwicklung der Vision Fernpassbahn bis zur Via Claudia Augusta Bahn (über Reschenpass) mit neuem Bahntunnel bei Füssen
- Neuorientierung und Gestaltung des touristischen Individualverkehrs
- Ablehnung des Fernpass-Scheitelunnels. Ein Scheiteltunnel wird die Verkehrssituation auf der Route mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter zuspitzen