Integrationsbeauftragter von Haldenwang über die Situation der Geflüchteten in der Gemeinde

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Ulrich Graf ermuntert die Bevölkerung, Kontakt mit den Geflüchteten aufzunehmen: „Hier wird jeder freundlich aufgenommen. Die Gastfreundschaft in den Unterkünften ist riesig.“ Die Ehrenamtlichen würden sich zudem sehr über weitere Helferinnen und Helfer freuen. © Stodal

Der ehrenamtliche Integrationsbeauftragte von Haldenwang, Ulrich Graf, über die Schwerpunkte seiner Arbeit und die unlösbaren Probleme der Geflüchteten.

Haldenwang – „Haldenwang ist erstaunlich bunt und vielfältig“, begann Ulrich Graf seine Umschau in der jüngsten Gemeinderatssitzung. „Derzeit haben Menschen 40 verschiedener Nationalitäten hier ihren Wohnsitz.“ Unter anderem leben im Ort 17 Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind (darunter acht Schulkinder). Sie sind alle privat untergebracht und werden durch ihre Gastgeberfamilien betreut.

Ulrich Graf und eine Handvoll Mitstreiterinnen und Mitstreiter kümmern sich ehrenamtlich um die 22 Männer, acht Frauen und 13 Kinder und Jugendlichen in den beiden Flüchtlingsunterkünften. 26 Personen sind im ehemaligen Gasthof „Höhenblick“ untergebracht, drei Familien mit insgesamt 17 Personen in einem Wohnhaus in Börwang. Die Herkunftsländer sind Afghanistan (17), Irak (15), Türkei (6), Iran (3) und Syrien (2). „Früher waren auch viele aus Afrika hier. Die Nationalitäten, die einer Region zugewiesen werden, wechseln regelmäßig. Das hat sich bewährt und sorgt für mehr Homogenität“, erklärt er.

Integrationsbeauftragter und seine Mitstreiter helfen den Geflüchteten in Haldenwang, wo sie können

Die Ehrenamtlichen unterstützen die Flüchtlinge mit großem Engagement und viel zeitlichem Aufwand bei Behördenangelegenheiten, Alltagsproblemen, bei Jobbewerbungen und beim Deutschlernen. „Ich halte es für enorm wichtig, zunächst einen vernünftigen Grundstock an Deutschkenntnissen zu erwerben. Nur so besteht eine echte Perspektive auf Integration“, betont Ulrich Graf. Er selbst steht mit allen Geflüchteten auch über WhatsApp in Kontakt. „Da lässt sich vieles schnell klären.“

Manches dauere auch länger. „Einen Facharzttermin zu bekommen, etwa beim Augenarzt, ist ein Graus. Da sind wir oft drei, vier Tage am Rumtelefonieren und bekommen viele Absagen.“ Derartige Dinge selbst zu klären, sei den meisten Flüchtlingen (noch) unmöglich. „Gespräche vis-à-vis gehen ganz gut, aber telefonische Angelegenheiten sind eine zu große Hürde.“

Die unlösbaren Probleme der Geflüchteten

Leider gebe es auch Probleme ohne greifbare Lösung. So bräuchten einige der dauerhaft geduldeten oder voll anerkannten Flüchtlinge für die Verlängerung ihres Aufenthalts in Deutschland einen gültigen Pass aus ihrem jeweiligen Heimatland. „Den zu bekommen, ist aber schier unmöglich. Zudem kostet zum Beispiel ein syrischer Pass bis zu 850 Euro. Das ist für die meisten unerschwinglich.“

Ein zweites unlösbares Problem stelle die geplante Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete dar. „Da die Busfahrt nach Kempten und zurück knapp zehn Euro kostet, haben die meisten hier ein 49-Euro-Ticket. Das gibt es ausschließlich online zu kaufen. Mit der Bezahlkarte können aber nach unserem derzeitigen Wissen keine Internetkäufe getätigt werden. Also auch kein Deutschlandticket!“ Immerhin: In den Haldenwanger Dorfläden soll die Bezahlkarte funktionieren.

Weggang wegen Wohnungsnot

Unlösbares Problem Nummer drei: Wohnraum. „Seit ich Integrationsbeauftragter bin, sind 33 Personen mit Bleiberecht und teils einer festen Arbeitsstelle aus der Gemeinde weggegangen, die eigentlich gerne hiergeblieben wären. Sie haben einfach keine Wohnung gefunden“, bedauert Graf.

Was die Unterbringung potenzieller weiterer Flüchtlinge bei steigenden Zahlen anbelangt, ist seine Meinung klar: „Lieber mehrere Häuser für je ein Dutzend Menschen als eine große Unterkunft für 40 Personen. 90 bis 95 Prozent der Bevölkerung nehmen die Flüchtlinge im Ort überhaupt nicht wahr. Das wird auch so bleiben, wenn wir eine Unterbringung in Wohnungen hinbekommen. Konflikthafter würde es, wenn irgendwann Zelte oder Container kämen, denn das ist eine enorm belastende Form der Unterbringung.“

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