Nationalgarde in Chicago: Trump-Unternehmen vermietet Hotelzimmer für mehr als 700 Euro

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Weil die Lage in Chicago eskaliert sei, hat US-Präsident Trump die Nationalgarde in die Stadt beordert. Sein Unternehmen vermarktet die Stadt derweil für Städtereisen.

Chicago – Seit Wochen hat US-Präsident Donald Trump die US-Metropole Chicago mehrfach als „Höllenloch“ bezeichnet und argumentiert, dass die zunehmende Kriminalität in der Stadt eine Entsendung der Nationalgarde unumgänglich mache. Inzwischen sind Kräfte der Nationalgarde aus Texas im US-Staat Illinois eingetroffen, wo sie wohl auch im Stadtzentrum der zweitgrößten Stadt der USA eingesetzt werden sollen, was Stadtregierung sowie führende Politiker im Staat Illinois gerichtlich verhindern wollen.

Neben Kräften der Grenzschutzbehörde ICE will Trump nun auch Mitglieder der Nationalgarde nach Chicago schicken.
Neben Kräften der Grenzschutzbehörde ICE will Trump nun auch Mitglieder der Nationalgarde nach Chicago schicken. Sein zentral gelegenes Luxushotel ruft derweil Höchstpreise von über 850 Dollar auf. (Symbolfoto) © Ashlee Rezin/dpa

Was die Anordnung darüber hinaus einigermaßen kurios macht, ist, dass die Preise im Luxushotel von Trumps eigener Marke seit Wochen auf rekordverdächtigem Niveau und deutlich höher als etwa in der bevorstehenden Vorweihnachtszeit liegen. Der knapp 100 Stockwerke hohe Trump-Tower, in dem das Hotel betrieben wird, liegt unweit des ikonischem Wrigley-Buildings – einem historischen Wolkenkratzer aus den 1920ern – direkt an Chicago River und der Magnificent Mile. Die zwei Attraktionen machen Chicago zu einer der beliebtesten Metropolen im US-Tourismus.

Luxus-Hotel in Chicago: Trump-Firma ruft im Oktober Zimmerpreise bis 735 Euro auf

Der hohen Nachfrage verdanken es Luxushotels, wie das Haus der Trump-Marke, dass die Hotelpreise immer weiter in die Höhe schießen. Auf der offiziellen Website des Hotels kostet eine Übernachtung in der teuersten Nacht im Oktober 858,75 US-Dollar, die günstigsten Nächte des Monats lagen Mittwochvormittag (Ortszeit) bei 461,25 Dollar. Wer derzeit für die Woche vor Weihnachten bucht, in der Chicago traditionell in einem weihnachtlichen Lichtermeer glänzt und viele Shopping-Touristen anzieht, kommt ab 393,75 US-Dollar in dem Fünf-Sterne-Haus im Stadtzentrum von Chicago unter.

Dass die Preise für ein Zimmer in dem Trump-Hotel mit Preisen zwischen umgerechnet 395 und 735 Euro derzeit ungewöhnlich hoch liegen, machte eine Recherche der US-Zeitung Newsweek öffentlich. Dazu zitiert die Zeitung auch die Hotel-Website, die Chicago als Top-Ziel für eine Städtereise bewirbt „Mit landesweit bekannten Restaurants an jeder Ecke, Shoppingmöglichkeiten von Weltklasse an der Magnificent Mile, preisgekrönten Shows und bekannten Geschichts- und Kulturmuseen hat Chicago für jeden etwas zu bieten.“ Das Hotel selbst bewirbt sich mit seiner zentralen Lage und dem Umstand, dass das Hotel in Chicago „die meistbeneidete Adresse der Stadt“ sei. Vom „Höllenloch“ Chicago ist hier zumindest vorerst nichts zu lesen.

Angebliche Eskalation in Chicago: Stadt spricht von Rückgang der Straftaten

Zur Begründung des US-Präsidenten bei dessen Ankündigung, die Nationalgarde nach Chicago zu entsenden, hieß es dagegen, dass in knapp zweieinhalb Wochen 20 Menschen gewaltsam ihr Leben verloren hätten und weitere 75 „mit Patronen angeschossen“ worden wären. Damit wäre Chicago – so Trump wörtlich in einem Mitschnitt der Pressekonferenz, die die Nachrichtenagentur AP auf YouTube online gestellt hat – gefährlicher als jeder andere Ort der Welt, „inklusive Afghanistan“.

Die Stadt selbst widerspricht den Ausführungen des US-Präsidenten entschieden. Sie verwies laut einem aktuellen Bericht des US-Senders ABC auf eine Polizeistatistik, nach der in Chicago die Zahl der Mordfälle im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent zurückgegangen sei, die Zahl der Schusswaffenvorfälle sogar um 35 Prozent.

Klage gegen US-Regierung: Trump droht mit „Insurrection Act“

Der Gouverneur des Bundesstaats Illinois, JB Pritzker, wirft der Trump-Regierung auf dieser Basis vor, bewusst „Chaos, Angst und Verwirrung“ stiften zu wollen. Sie wolle es so aussehen lassen, als würden „friedliche Proteste“ gegen die vielfach kritisierten Vorgehensweisen der Grenzschutzbehörde ICE von einem gewalttätigen Mob gesteuert, dem man mit Luftgewehren und Tränengas gegenübertreten müsse. Inzwischen sind der Staat Illinois sowie die Stadt Chicago auch gemeinsam gerichtlich gegen den Einsatz der Nationalgarde vorgegangen.

Wie ABC berichtet, unterstellt Pritzker der Trump-Regierung auf dieser Basis sogar öffentlich, bewusst eine Situation herbeirufen zu wollen, um den „Insurrection Act“ anzuwenden. Der Passus aus dem frühen 19. Jahrhundert ist eine Art Aufstandsgesetz, das etwa im Rahmen des Bürgerkriegs angewendet worden war. Auf das Gesetz angesprochen, sagte Trump am Montag im Oval Office gegenüber Pressevertretern, dass er bislang keinen Grund sehe, sich auf den „Insurrection Act“ zu berufen. Er könne seine Meinung jedoch auch ändern, zum Beispiel „wenn Gerichte uns aufhalten, oder Gouverneure oder Bürgermeister uns aufhalten“. (Quellen: Newsweek, ABC, Trumphotels.com, AP)