Georgiens Regierungschef droht mit „Auslöschen“ von „liberalem Faschismus“

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Im Südkaukasus gibt es seit Tagen proeuropäische Kundgebungen. Die Regierung will hart durchgreifen. Indes warnen die USA vor Sanktionen.

Tiflis – Die Lage in Georgien im Südkaukasus spitz sich zu: Der georgische Regierungschef Irakli Kobachidse hat angesichts der seit rund einer Woche anhaltenden Proteste der pro-europäischen Opposition mit einem „Auslöschen“ eines „liberalen Faschismus“ gedroht. „Wir werden alles Notwendige tun, um den liberalen Faschismus in Georgien vollständig auszulöschen“, sagte er am Donnerstag gegenüber von Reportern. Dieser Prozess habe bereits begonnen.

Moskau-Treu: Regierungschef Kobachidse will EU-Beitrittsverhandlungen von Georgien aufschieben

Kobachidse übernahm dabei eine Formulierung, die oft von Russland verwendet wird. Er rief Eltern außerdem dazu auf, ihre Kinder vor „liberalen faschistischen“ Einflüssen zu schützen. Seit Tagen gibt es massive pro-europäische Proteste in dem Kaukasusstaat, während die Regierung immer härter gegen die Opposition vorgeht. Kobachidse warf der Protestbewegung erneut vor, eine Revolution anzustreben und aus dem Ausland finanziert zu werden.

Der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse spricht zu Journalisten vor einem Wahllokal in Tiflis. (Archivfoto)
Der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse spricht zu Journalisten vor einem Wahllokal in Tiflis. (Archivfoto) © Shakh Aivazov/dpa/AP

Seit Tagen gibt es massive pro-europäische Proteste in dem Kaukasusstaat, sie richten sich insbesondere gegen den von Regierungschef Kobachidse angekündigten Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen des Landes bis 2028. Zuletzt ging die Regierung immer härter gegen die Opposition vor.

Trotz harter Polizeigewalt: Tausende Menschen demonstrieren vor georgischem Parlament

Trotz des wachsenden Drucks der Behörden gingen am Mittwochabend (4. Dezember) erneut tausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis aus Protest gegen die Regierung auf die Straße. Die Demonstranten versammelten sich den siebten Abend in Folge vor dem Parlament. Viele von ihnen hatten die Flaggen Georgiens und der EU dabei.

Unter den Augen eines großen Aufgebots von Sicherheitskräften sangen die Demonstranten vor dem Parlament die georgische Nationalhymne. Viele von ihnen trugen zum Schutz vor Tränengas Taucherbrillen oder Atemmasken.

Proteste in Georgien
Die gewaltsamen Proteste in Georgien gegen eine Entscheidung der Regierung halten an. © Pavel Bednyakov/AP/dpa

Am Mittwochnachmittag hatte die Polizei die Büros einer Oppositionspartei durchsucht. Bei der Razzia in den Räumen der Partei Droa wurde der Chef der mit ihr verbündeten Partei Achali, Nika Gwaramia, von vermummten Polizisten geschlagen und festgenommen, wie Live-Aufnahmen des unabhängigen Fernsehsenders Pirweli zeigten. Nach Angaben der Oppositionspartei UNM fand auch eine Razzia in den Büros ihrer Jugendorganisation statt. Die Partei warf der Regierung vor, mit „Terror und Repressionen“ gegen ihre Gegner vorzugehen.

USA kritisieren ungerechtfertigte Gewalt: US-Außenminister Blinken warnt Georgien vor Sanktionen

Scharfe Kritik am Vorgehen der georgischen Regierung gegen Demonstranten kam von den USA. „Die USA verurteilen die brutale und ungerechtfertigte Gewalt der Partei Georgischer Traum gegen georgische Bürger, Demonstranten, Medienvertreter und Oppositionelle aufs Schärfste“, erklärte US-Außenminister Antony Blinken am Mittwoch. Er warnte überdies vor möglichen Sanktionen gegen diejenigen, „die demokratische Prozesse oder Institutionen in Georgien untergraben“.

Bei einem Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Malta sagte Blinken zudem, die USA unterstützten das Recht auf friedlichen Protest. Washington verurteile zudem „die Unterdrückung derjenigen, die fordern, dass ihr Land auf dem Weg zu engen Beziehungen zu Europa bleibt“.

Kobachidse weist Vorwürfe Blinkens zurück: Georgien setzt auf Donald Trump

Kobachidse wies Blinkens Erklärungen am Donnerstag zurück. Der georgische Regierungschef sagte, Tiflis hoffe mit dem Wiedereinzug von Donald Trump ins Weiße Haus im Januar auf bessere Beziehungen zu Washington.

Die Lage in Georgien ist seit der Parlamentswahl vom 26. Oktober angespannt. Die Moskau-freundliche Regierungspartei Georgischer Traum hatte laut offiziellem Wahlergebnis eine deutliche Mehrheit errungen. Die Opposition wirft ihr jedoch Wahlbetrug vor. Sie beschuldigt die Regierung der Ex-Sowjetrepublik, Georgien wieder an Russland heranrücken zu wollen.

Georgien ist seit Dezember 2023 offiziell EU-Beitrittskandidat. Seitdem hat die Moskau-freundliche Regierung aber mehrere Gesetze verabschiedet, die in Brüssel große Sorge hervorrufen, darunter ein Gesetz nach russischem Vorbild gegen „ausländische Einflussnahme“. Die EU fror deshalb Ende Juni den Beitrittsprozess mit Georgien ein. (bg/dpa)

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