„Habe alles reingesteckt, was ich hatte“ - Lars machte einzigartigen Lebenstraum in Hamburg wahr - über Nacht ist „alles zerstört“

„Wir können uns nicht erklären, was passiert ist. Uns geht es furchtbar.“ Lars Henriks wirkt sehr mitgenommen, als er den Hörer abnimmt. „Wir wohnen über dem Theater – meine Familie und ich sind die vier Personen, die ins Krankenhaus gebracht wurden. Am Morgen waren wir noch unten, haben gefrühstückt, es war alles ruhig. Als wir später in unserer Wohnung waren, muss es sehr schnell gegangen sein“, sagt er mit aufgewühlter Stimme. 

Erst letzte Woche sind sie über dem Theater an der Buxtehude Straße eingezogen – ein riesiger Schritt für ihn.

Lars Henriks baute eine Kneipe zu einem Theater um

Das Theater ist sein Lebenselixier. Sein ganzes Leben lang arbeitet er bereits in der Branche, erst als Schauspieler, dann als Regisseur. 2021 habe er mit seinen Freunden angefangen, selbst Theater zu machen – zuerst auf der Freilichtbühne, dann in einem kleinen Theater. 

Überraschend habe die Gruppe dann die insolvente Kneipe angeboten bekommen. „Wir haben uns riesig gefreut, doch die Räumlichkeiten waren in einem grausamen Zustand.“

„Haben alles reingesteckt, was man hatte“

Über Monate hinweg hat die Gruppe die alte Kneipe ausgemistet und renoviert. Von Bauschutt bis „Scheiße“ war alles dabei. Laut Henriks habe man „alles reingesteckt, was man hatte“, über unzählige Nachtschichten hinweg habe man aus der einer Messi-Wohnung gleichenden Kneipe ein eigenes Theater geschaffen. 

Die ganze Arbeit und Liebe, die hineingesteckt wurde, habe sich „gerade erst ausgezahlt“, jetzt sei „alles zerstört“.

„Es ist alles kaputt, bis zur Fassade“

„Unten ist alles ausgebrannt. Der gesamte Bühnenbereich ist zerstört, die Requisiten – viele davon unersetzlich, weil sie speziell angefertigt wurden – sind verloren. Es ist alles kaputt, bis zur Fassade. Man kann durch die Wand auf die andere Seite sehen.“ 

Ein Weiterbetrieb ist nicht möglich – es ist kaum abzusehen, ob an diesem Ort jemals wieder Theater gespielt werden kann.

„Wir wissen noch nicht, wie es weitergeht – aber wir wissen, dass wir weitermachen wollen.“

Das Konzept war ungewöhnlich. Die Gruppe hat sich auf „Horror-, Nerd- und Fantasy-Theater“ spezialisiert. Henriks nennt es ein Publikum, „das sonst oft übersehen wird, aber sehr treu und leidenschaftlich ist.“ 

Er erzählt von Fans, die aus ganz Deutschland zum Theater gereist sind, von einem eigenen Fan-Forum. Mit 4,9 Sternen war es das am besten bewertete Theater in Hamburg. Man hatte eine Nische gefunden, die funktionierte. Und jetzt?

„Es gibt noch so viele große Fragezeichen. Welche Versicherungen greifen? Wie lange wird es dauern? Wir werden weiterhin laufende Kosten haben. Wir hoffen, dass es irgendeine Unterstützung gibt, aber momentan wissen wir nichts“, sagt Lars Henriks. 

Die Gruppe sucht eine Möglichkeit, in einer Exil-Spielstätte weiterzumachen. Fraglich ist, welche Stücke überhaupt fortgeführt werden können – schließlich sind auch alle Requisiten zerstört.

Lars Henriks gibt sich trotz der Umstände kämpferisch: „Wir wissen noch nicht, wie es weitergeht – aber wir wissen, dass wir weitermachen wollen.“ Die Gruppe hat eine gestartet und bittet um Spenden.

Beim Telefonat entsteht das Gefühl, dass nach der Pause der nächste Akt im Stück beginnt. Man hofft nur, dass es keine Tragödie wird.

Von Nils Ahrensmeier

Das Original zu diesem Beitrag "Hamburger eröffnet Weltneuheit – dann brennt sein Lebenstraum in Minuten nieder" stammt von Hamburger Morgenpost.