Was ist da los?
Lange galt die CDU als Hüter der Schuldenbremse. Plötzlich rumort es in der Partei. Erste Stimmen sprechen sich gegen Friedrich Merz und für eine Reform aus. Welche Lager gibt es?
Eigentlich gibt es in der CDU derzeit wenig Anlass zu streiten. Die Ampel bietet mehr als genug Raum für Kritik. Und die Umfragen sind seit Monaten stabil. SPD, Grüne und FDP kommen gemeinsam kaum noch auf den gleichen Wert wie die Union allein.
Zwar wabert die Führungsfrage – die nach einem möglichen Kanzlerkandidaten – weiterhin im Hintergrund. Allerdings hat niemand ein wirkliches Interesse daran, die Wunde derzeit neu aufzureißen. In den Reihen von CDU und CSU gilt: Beide Parteien sind am stärksten, wenn sie geschlossen stehen.
Und doch ist da ein Thema, das bei den Christdemokraten dieser Tage für Aufregung sorgt. Noch dazu eines, bei dem die Haltung lange klar schien: die Schuldenbremse.
Über diese diskutiert die Politik nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus Karlsruhe zur Haushaltsplanung der Ampel wieder ganz grundsätzlich. Wenig überraschend: Grüne und SPD sagen, die Idee sei überholt. Eine Reform könnte dafür sorgen, dass man künftig nicht auf wichtige Investitionen verzichten müsse, heißt es dort. Ebenfalls erwartbar: Die FDP sieht das anders. Dort hält man an der Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form fest. Wer Politik machen will, müsse priorisieren, heißt es im Lager der Liberalen.
Eine Haltung, von der man eigentlich denken könnte, dass sie auch die Union teilt. Doch nun zeichnen sich, zumindest in der CDU, zu dem Thema unterschiedliche Meinungen ab. Es gibt zwei Lager.
Die Schulden-Hardliner
Der Parteivorsitzende und Oppositionsführer Friedrich Merz vertritt hier eine sehr klare Haltung. Bei der Regierungsbefragung des Bundeskanzlers am Dienstag machte er sie noch einmal deutlich. "Damit Sie sich bitte keine Illusionen machen: Wir werden an der Schuldenbremse des Grundgesetzes festhalten", sagte Merz dort.
Auch andere aus der Parteispitze sehen es so wie der CDU-Chef. Generalsekretär Carsten Linnemann sagte vergangene Woche dem ZDF-Mittagsmagazin: "Die Schuldenbremse ist ein Segen für die nächste Generation." Es sei nun entscheidend, dass "wir endlich seriös haushalten und nicht zulasten der nächsten Generationen Politik machen", findet er.
Auch mächtige Ministerpräsidenten wie Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen oder Markus Söder aus Bayern wollen an der Schuldenbremse festhalten und sprechen sich gegen eine Reform aus. Zwar betont Söder, er verstehe die Sorgen von Bundesländern mit schwierigen Haushaltssituationen. In eine neue Schuldenspirale einzusteigen, würde später aber zu einem enormen Anstieg der Zinslast führen. Das klingt erstmal nach dem, was man aus der Union erwarten würde.
Die Reformisten
Allerdings gibt es da noch andere Meinungen. Allen voran widerspricht der Berliner Bürgermeister Kai Wegner dem CDU-Vorsitzenden Merz. Im sozialen Netzwerk X, vormals Twitter, schrieb Wegner vergangene Woche: "Die Schuldenbremse ist im Sinne solider Finanzen eine gute Idee. Ihre derzeitige Ausgestaltung halte ich allerdings für gefährlich. Denn, wie ich schon länger sage, ist zu befürchten, dass die Schuldenbremse mehr und mehr zur Zukunftsbremse wird."
Dass Merz ihn dafür während seiner jüngsten Rede im Bundestag öffentlich abstrafte, stört Wegner nicht weiter. Merz sagte am Dienstag im Plenum: Entscheidungen zur Schuldenbremse "werden hier im Deutschen Bundestag getroffen und nicht im Rathaus von Berlin". Der CDU-Bürgermeister sagte daraufhin dem "Stern", er bleibe bei seiner Haltung: "Die Reform der Schuldenbremse für Zukunftsinvestitionen ist dringend erforderlich." Außerdem freue er sich, dass Berlin eine solche Aufmerksamkeit im Bundestag erfahre. Eine klare Spitze in Richtung Parteichef Merz.
Und mit dieser Meinung ist Wegner nicht allein. Es gibt noch andere Stimmen in der CDU, die eine Reform der Schuldenbremse durchaus für sinnvoll halten.